Gesundheit
Erster Impfstoff gegen Zecken-Borreliose vor Zulassung
Valneva und Pfizer haben die Zulassungsstudie ihres Vakzins gegen Borreliose gestartet. Bislang gibt es keine Impfung gegen Borreliose.
Laut Meteorologen war der diesjährige Mai einer der zehn wärmsten Mai-Monate der Messgeschichte. Dementsprechend waren viele Menschen im Freien unterwegs und sind in Kontakt mit Zecken gekommen, die ja ebenfalls bei Wärme aktiv werden. Weil manche nicht gegen Zecken geimpft sind oder deren Impfschutz nicht mehr ausreichend vorhanden war, mussten Personen wegen FSME (Frühsommer-Meningoenzephalitis, Gehirnhautentzündung) hospitalisiert werden. Die beste Präventionsmaßnahme ist nach wie vor die FSME-Impfung und deren regelmäßige Auffrischung. Nach der Grundimmunisierung und einer einmaligen Auffrischung nach drei Jahren gilt ein Impfintervall von fünf Jahren für Menschen unter 60 und von drei Jahren über 60.
Finale Studienphase gestartet
Neben FSME können die Spinnentiere auch Borreliose übertragen, wogegen es bis dato noch keine Impfung gibt. Doch das könnte sich bald ändern, denn der europäische Impfstoffhersteller Valneva und sein Partner Pfizer haben jetzt die finale dritte Phase der klinischen Erprobung einer Impfung gegen die bakterielle Infektion gestartet.
Die Borreliose (Lyme-Borreliose oder Lyme-Krankheit) ist eine Erkrankung, die durch eine Infektion mit Bakterien (Borrelien) verursacht wird. Diese werden durch Zeckenstiche auf den Menschen übertragen, es ist keine direkte Ansteckung von Mensch zu Mensch möglich. Die Krankheit kann verschiedene Organsysteme betreffen, insbesondere die Haut, das Nervensystem und die Gelenke. Bisher gibt es keine Schutzimpfung.
Die Borrelien befinden sich im Darm der Zecke. Die Zecke muss längere Zeit saugen, bevor der Erreger übertragen wird. Das Infektionsrisiko steigt nach einer Saugzeit von mehr als 12 Stunden. Entfernt man die Zecke frühzeitig, ist das Übertragungsrisiko daher nur sehr gering. Die schnellstmögliche Entfernung der Zecke durch den Gestochenen ohne Manipulation der Zecke ist von großer Bedeutung bei der Prävention.
Die mit Abstand häufigste Erkrankungsform ist die sogenannte Wanderröte. Sie tritt nach einigen Tagen (bis Wochen) nach dem Zeckenstich auf. Diese deutliche ringförmige Hautrötung ist oft im Zentrum blasser als am Rand. Der rote Ring wandert dann allmählich nach außen. Weitere allgemeine Krankheitssymptome wie Fieber, Muskel- und Kopfschmerzen, Müdigkeit können hinzukommen.
Bei dem Vakzin handelt es sich um VLA15, ein Borreliose-Impfstoff, der von dem Wiener Biotech-Unternehmen Valneva entwickelt worden ist und gute Ergebnisse aus einer Phase-2-Studie erzielen konnte. Darauf baut jetzt die neue Wirksamkeitsstudie auf. Sie soll in Finnland, Deutschland, den Niederlanden, Polen, Schweden und den USA ablaufen. Dort werden insgesamt 6.000 Teilnehmende ab einem Alter von fünf Jahren rekrutiert. Sie erhalten je drei Dosen des Impfstoffkandidaten VLA15 oder eines Placebos als Erstimpfung. Später folgt noch eine weitere Booster-Dosis.
Klinische Prüfungen für Zecken-Borreliose-Impfstoffe sind kompliziert, weil sie jeweils vor der eigentlichen "Saison" in den am meisten belasteten Regionen ablaufen müssen, aber der Markt ist groß: In den USA erkranken jährlich rund 476.000 Personen daran. In Europa geht man von jährlich 130.000 Patientinnen aus – wesentlich mehr Fälle als bei FSME. In den USA gab es bereits ein Borreliose-Vakzin (LYMERix). Es wurde allerdings 2002 wieder vom Markt genommen.
Weltweit einziges Borreliose-Vakzin in Entwicklung
VLA15 von Valneva in Kooperation von Pfizer ist derzeit der weltweit einzige Borreliose-Impfstoff in klinischer Entwicklung. Es handelt sich um einen Protein-Impfstoff, der sich gegen mehrere Typen des Oberflächeneiweißes OspA der Bakterien richtet. Die Impfung soll eine Immunreaktion trainieren, die bei einem Zeckenstich verhindert, dass die Borrelien die Zecke überhaupt verlassen und die Menschen anstecken können.
Beim neuen Vakzin werden eigentlich die Zecken geimpft. Die durch die Impfung hervorgerufene Antikörperantwort gegen OspA ist im Grunde eine Impfung der Zecken via Antikörper. Wird nämlich OspA blockiert, könnten die Borrelien die Zecken während des Stiches nicht verlassen und somit die Betroffenen nicht infizieren.
Zecken beißen nicht - sie stechen
Entgegen der verbreiteten Annahme, dass Zecken beißen, stimmt das nicht – sie stechen. Mit ihren scherenartigen Mundwerkzeugen reißen Zecken die Haut des Wirts (Mensch, Tier) auf und graben mit ihrem "Stechrüssel" eine Grube in das Gewebe, die mit Blut vollläuft. Das Blut saugen sie immer wieder ab. Bereits während des Stechens sondern Zecken mit ihrem Speichel ein spezielles Mittel ab, das die Einstichstelle betäubt. Deshalb spürt man Zeckenstiche nicht. Nach nur einer Mahlzeit kann eine Zecke bis zu zwei Jahre ohne weitere Nahrung überleben.
Wird die Krankheit nicht erkannt, drohen Schäden
Zwar kann eine Borreliose-Infektion jederzeit mit Antibiotika bekämpft werden, richtig gefährlich kann die Krankheit trotzdem werden – wenn sie nicht entdeckt wird. In dem Fall können die Bakterien das Nervenwasser erreichen und dort lange anhaltende Schäden verursachen, die mitunter zu Lähmungen führen und heftigen Gelenkschmerzen. Eine Impfung könnte, wenn sie sich als wirksam erweist, einen Schutz vor diesen gefürchteten Spätwirkungen bieten.