Politik

So hoch wird neue ORF-Gebühr – Ringen um neue Regeln

Laut "Heute"-Infos geht der Poker um die ORF-Novelle ins Verhandlungsfinish. Vor "einer Katastrophe für private Medien" warnt nun der Verleger-Chef.

Heute Redaktion
Eva Blimlinger bringt mit ihren ORF-Plänen private Medien existenziell in Gefahr. Die grüne Mandatarin verhandelt mit Susanne Raab (VP) die Novelle. 
Eva Blimlinger bringt mit ihren ORF-Plänen private Medien existenziell in Gefahr. Die grüne Mandatarin verhandelt mit Susanne Raab (VP) die Novelle. 
Gilbert Novy / KURIER / picturedesk.com, Helmut Graf, Montage "Heute"

Das Gezerre um die lange angekündigte ORF-Digitalnovelle spitzt sich hinter den Kulissen zu. Ab 2024 müssen – wie von "Heute" ausführlich berichtet – alle Haushalte für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk bezahlen, auch, wenn sie gar keinen Fernsehapparat besitzen. Was sich über den Stand der türkis-grünen Verhandlungen – federführend dabei Medienministerin Raab, Mediensprecherin Blimlinger und ORF-Intendant Weißmann – in Erfahrung bringen ließ: "Heute" hat die Details.

1
Haushaltsabgabe

Der ORF-Beitrag soll bei rund 15,25 € pro Haushalt monatlich liegen. In sechs Bundesländern (außer in NÖ, OÖ und Vorarlberg) kommt für die Bürger noch eine Länderabgabe (zwischen 3,26 € in Tirol und 4,85 € im Burgenland) obendrauf, von der der ORF jedoch nichts sieht.

2
Geldregen für ORF

Mit welchen Einnahmen aus Programmentgelten darf der öffentlich-rechtliche Sender also ab 2024 rechnen? Zwischen 3,85 und 3,9 Millionen Haushalte und Firmen (bisher zahlten 3,3 Millionen Menschen in Österreich die GIS-Gebühr) berappen künftig 183 € jährlich – macht zwischen 704 und 714 Millionen Euro aus der neuen Haushaltsabgabe.

Kein fairer Wettbewerb möglich

Mit den Einnahmen aus dem Werbeverkauf kommt der ORF deutlich über ein Budget von einer Milliarde Euro jährlich – eine Summe, die kein privates Medienhaus auch nur annährend erreichen kann. "Gedopt" durch diese Doppelfinanzierung kann der ORF auch die größte Redaktionsleistung des Landes erbringen. Ein fairer Wettbewerb ist nicht möglich.

3
Werbedeckel

Aus Werbeeinnahmen online und im Radio soll der ORF künftig 25 Millionen Euro weniger als bisher erlösen dürfen.

4
Mehr Videos auf blauer Seite

Nichts dürfte hingegen aus der von Generaldirektor Roland Weißmann letzten Herbst angekündigten Begrenzung der Meldungen auf der "blauen Seite" (orf.at) werden. Medienministerin Susanne Raab kämpft aber um eine Modernisierung Richtung Video: Zumindest 70 Prozent der Beiträge sollen in Zukunft Bewegtbildinhalte (Clips samt Teasern), 30 Prozent reine Texte sein. Eine Begrenzung der Artikel scheint aktuell nicht vorgesehen zu sein, lediglich das Verhältnis muss gewahrt sein. Ein finaler Gesetzestext steht jedoch noch aus.

Medienministerin Susanne Raab verhandelt die Novelle.
Medienministerin Susanne Raab verhandelt die Novelle.
Helmut Graf

De facto kein Online-Limit

Der Video-Content kann etwa durch Zukäufe einfach nach oben geschraubt werden, warnen Medien-Experten, was die Einschränkung beim Textinhalt de facto ad absurdum führt. Wie "Heute" erfuhr, drängen vor allem die Grünen mit ihrer Chef-Verhandlerin Eva Blimlinger auf eine breite digitale Spielwiese, die dem ORF auch auf Social Media alle Möglichkeiten bieten soll. Bereits 2022 publizierte der ORF mit seiner Riesen-Redaktion täglich im Schnitt 475 Online-Beiträge, 123 davon erschienen auf der "blauen Seite", der Rest auf Bundesländer-Subpages, sport.orf.at oder den Radio-Sites.

Beinahe wie zum Hohn nennt der ORF das in seinem Jahresbericht "Überblicksberichterstattung". Schon jetzt freilich erreicht er mit dieser Flut an Content laut Österreichischer Webanalyse 73 Prozent der heimischen Internetnutzer (Jahresschnitt 2022) und kassiert somit auch das meiste Werbegeld, obwohl er durch die GIS eigentlich schon öffentlich finanziert ist. In der Schweiz sind derartige private Einnahmen für den SRF tabu.

5
Gefahr für Medienvielfalt

Der ORF darf – auch dies erfuhr "Heute" aus Verhandlerkreisen – künftig Sendungen exklusiv für das Internet ("online only") produzieren. Im Infobereich sind die Videos auf 20 Minuten und 80 Stück pro Woche begrenzt, absurderweise entfällt diese Reglementierung bei Unterhaltungsformaten gänzlich. Außerdem: Vorbereitete Beiträge, etwa aus nachfolgenden ZiB- oder Reportagesendungen, können schon vorab "online first" zur Ausstrahlung gelangen. "Aus Sicht der privaten Medienwirtschaft eine Katastrophe", warnt Gerald Grünberger, Geschäftsführer des Zeitungsverbands VÖZ. Er kritisiert die derzeit in der Branche kursierenden Eckpunkte "als überaus problematisch", hat jedoch noch keinen finalen Entwurf vorliegen. 

6
Lachhafte Transparenzregeln

Das Finanzministerium pocht indes auch auf neue Transparenzregeln. Die Gehaltsstruktur der Küniglberg-Mitarbeiter soll nun – abgesehen von den Salären der Direktoren – anonymisiert offengelegt werden.

Darüber hinaus soll den Beitragszahlern ein jährlicher Transparenzbericht samt Offenlegung ohnedies bekannter Reichweitendaten zugänglich gemacht werden. Das Finanzministerium drängt zudem laut Verhandlern auf nicht näher ausgeführte Einsparungen und ein "Aus der ORF-Sonderprivilegien" (gemeint könnten etwa Firmenpensionen und Wohnzuschüsse sein).

7
ORF Sport+

Der Spartenkanal bleibt bis zum Ende der laufenden Finanzierungsperiode (2026) ein lineares TV-Angebot. Auch das Symphonie-Orchester darf weitermachen. Zudem kommt ein Online-Kinderprogramm und die Teilnahme am Radio-Player.

8
Was jetzt?

Insider rechnen damit, dass die ORF-Novelle demnächst im Ministerrat beschlossen und dann in Begutachtung geschickt wird. Seitens der privaten Medienhäuser, deren Zukunft akut bedroht ist, werden massive Proteste erwartet.

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