Politik

"Elend der Kinder beenden" – harte Kritik an Kurz-Kurs

Bundeskanzler Kurz hat in einer Videoansprache klargemacht, dass Österreich keine Flüchtlinge aus Moria aufnehmen werde. Das sorgt für harsche Kritik.

Roman Palman
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    Auch Tage nach der Brandkatastrophe im Flüchtlingslager Moria haben viele der Menschen dort weder Nahrung noch ein Dach über dem Kopf. (12. September 2020)
    Auch Tage nach der Brandkatastrophe im Flüchtlingslager Moria haben viele der Menschen dort weder Nahrung noch ein Dach über dem Kopf. (12. September 2020)
    picturedesk.com/AFP/Louisa Gouliamaki

    Die herzzerreißenden Bilder aus dem abgebrannten Flüchtlingscamp Moria auf der griechischen Insel Lesbos haben auch in Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) "unglaubliche Betroffenheit ausgelöst. Trotzdem, will er hart bleiben und keine weiteren Flüchtlinge ins Land lassen. "Es wird einem bewusst, dass man nicht alle in Österreich aufnehmen kann, so der Regierungschef in seiner Videobotschaft Samstagfrüh: Wenn wir diesem Druck jetzt nachgeben, dann riskieren wir, die selben Fehler zu machen wie im Jahr 2015." Jetzt ein paar wenige Flüchtlinge nach Österreich zu holen, sei reine Symbolpolitik, so Kurz. 

    Mit seinen Aussagen hat der Bundeskanzler einen Sturm der Entrüstung ausgelöst: 

    "Das ist Schwachsinn!"

    "Kurz schürt Ängste und warnt vor einem zweiten 2015. Er vergleicht Dinge, die nicht vergleichbar sind", so NEOS-Klubobfrau Beate Meinl-Reisinger: "13.000 Flüchtlinge sind nicht 1.000.000 – aber er stellt es so dar, als könnte das wieder daraus resultieren." Während viele europäische Länder bereit seien, Menschen aufzunehmen, bleibe Kurz starr auf seinem Kurs: "Helfe ich 100, muss ich danach gleich wieder die ganze Welt aufnehmen. Das ist Schwachsinn. Und das will niemand."

    "Leben zu retten, ist niemals Symbolpolitik", wettert SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner und zitiert aus dem Talmud: "Wer ein Menschenleben rettet, dem wird es angerechnet, als würde er die ganze Welt retten..." Wer nicht helfe, mache sich mitschuldig. "An dieser Wahrheit ändern auch Ihre Belehrungen nichts", so die Sozialdemokratin in Richtung Kurz.

    "Nagelprobe" für die Grünen?

    Parteigenosse und Klubchef Jörg Leichtfried gibt sich "bestürzt über die kaltherzige Ablehnung" des Bundeskanzlers. Er fordert die Regierung auf "endlich Haltung zu zeigen und das Elend der Kinder zu beenden". Jetzt seien die Grünen gefordert: "Unser Antrag zur Aufnahme von Kindern aus Moria wird die Nagelprobe für Vizekanzler Kogler und die grüne Regierungspartei sein. Mit ihrem Stimmverhalten werden die Grünen Abgeordneten zeigen, wie es um ihre Werte tatsächlich steht, wenn es darum geht, Kinder vor Not und Elend zu schützen."

    Die Wiener Vizebürgermeisterin Birgit Hebein (Grüne) stellt klar: "Es darf jetzt nicht um wahltaktische Spielchen gehen, es geht um die Sache: Um humanitäre Hilfe für die Menschen in Moria."

    Auch Grünen-Politikerin Alev Korun erklärt von außerhalb des Nationalrats: "Den zynischen, menschenverachtenden Kurs der Bundes-ÖVP dürfen die Grünen nicht mittragen." Sie unterstützt aktiv eine weitere Demo am heutigen Samstag in Wien zur Flüchtlingskrise: "Wir können nicht Kinder, Frauen, Männer im Dreck liegen lassen. Die Flüchtlingslager, wo geflüchtete Menschen im Elend gehalten werden, müssen evakuiert werden."

    Kogler will mit ÖVP gegen Flüchtlingsaufnahme stimmen

    Auch Grünen-Chef und Vizekanzler Werner Kogler sprach im Ö1-Mittagsjournal über die aktuelle Situation der Flüchtlinge in Moria. Er beharrt darauf, weiter mit der ÖVP über die Aufnahme von Flüchtlingen zu verhandeln: "Wenn das sogar der Herr Söder schafft und jetzt auch der niederländische Premier, der Herr Rutte, ja dann kann das Österreich auch schaffen." Selbst innerhalb der Volkspartei gebe es Stimmen gegen Kurz. 

    Gleichzeitig macht er dem Bundeskanzler auch Platz: Er wolle eine "Vervielfachung" des Auslandskatastrophenfonds aushandeln, um "vor Ort zu helfen". 2020 ist der Fonds mit 25 Millionen Euro dotiert. Die Nagelprobe werden die Grünen in Leichtfrieds Augen wohl nicht bestehen: Sie wollen bei der nächsten Nationalratssitzung mit der ÖVP gegen eine Aufnahme von Flüchtlingen stimmen. 

    Auf die Frage hin, ob er denn "Bauchweh" dabei habe, gegen diesen Antrag zu stimmen, antwortete Kogler: "Wenn ich mir vorstellen würde, was blau-türkis im Flüchtlingsbereich beschließen könnte, ist mir dieser Zugang noch lieber."