Gesundheit

Ein Vakzin gegen alle Typen – neue Daten geben Hoffnung

Die Medizin träumt von einem Universalvakzin, der gegen alle Varianten hilft. Das muss aber kein Traum bleiben. Forscher sind auf einer heißen Spur.

Sabine Primes
Wissenschaftler aus den USA könnten einem solchen Vakzin nun einen Schritt nähergekommen sein.
Wissenschaftler aus den USA könnten einem solchen Vakzin nun einen Schritt nähergekommen sein.
Getty Images

BA.4 und BA.5 sind die aktuell dominanten Subtypen der Omikron-Variante des Coronavirus - und die Forschung an angepassten Impfstoffen läuft auf Hochtouren. Ein solcher soll offenbar schon im Herbst zugelassen werden. Die dafür zuständige Europäische Arzneimittelbehörde EMA rechnet in den kommenden Wochen mit einem Antrag auf Zulassung von BioNTech/ Pfizer.

Universalimpfstoff – Einer gegen alle

Bleibt zu hoffen, dass so schnell nicht wieder eine neue Variante auftaucht. Denn selbst in Pandemiezeiten dauert es, ein neues, angepasstes Vakzin zu entwickeln, herzustellen und zu verimpfen. Im schlechtesten Fall so lange, bis die Variante, an die er angepasst wurde, gar nicht mehr verbreitet ist. Aus diesem Grund hoffen Fachleute auf einen Universalimpfstoff. Einer, der gegen alle bisherigen und künftigen CoV-Varianten wirkt. Er müsste im Körper eine Antikörperantwort hervorrufen, die so breit ist, dass sie vor allen Mutationen schützt. Wissenschaftler aus den USA könnten einem solchen Vakzin nun einen Schritt nähergekommen sein.

Das Team des Scripps Research Institute der Universität San Diego identifizierte einen Antikörper, der gegen

- diverse Sars-CoV-2-Varianten
- Sars-CoV-1
- und andere Sars-Viren wirksam ist.

Wie andere Covid-Impfstoffe und Antikörper-Präparate setzt dieser Antikörper am Spike-Protein des Coronavirus an. Dieses Protein ermöglicht dem Virus den Zutritt zu den menschlichen Zellen, weshalb es ein häufiger Ansatzpunkt von Medikamenten und Impfungen ist. Allerdings verändert sich diese Andock-Stelle auch durch die Mutationen, wodurch eigens darauf zugeschnittene Antikörper ihre Wirksamkeit verlieren, sobald der Virus mutiert. Der neu entdeckte Antikörper bindet laut Forschern an eine bestimmte Stelle im Spike-Protein, die in vielen Sars-Viren vorkommt und daher weniger wahrscheinlich mutiert.

In einem Experiment verabreichten die Forscher einem Rhesusaffen das Spike-Protein. Diese gelten in der Regel als sehr geeignet, um Impfstoffe und deren Wirksamkeit zu überprüfen, da ihr Immunsystem dem des Menschen sehr ähnlich ist. Allerdings wurde festgestellt, dass ihr Immunsystem anders reagierte als das von Menschen. Es entwickelte eine deutlich bessere Bandbreite an Antikörpern – auch solche, die die benannte Stelle am Spike-Protein angreifen. Die Ergebnisse wurden im Fachblatt Science Translational Medicine veröffentlicht.

Antikörper in Infizierten

Schon Ende Juli hatten Forscher der Universität von Alabama in Birmingham  das Blut von ehemaligen Coronapatienten untersucht und fanden unter anderem 17 verschiedene Antikörper, von denen vier in der Lage waren, das Coronavirus einschließlich der Beta- und Omikron-Varianten zu neutralisieren.

Besonders gut gelang das dem Antikörper "1249A8", der ebenfalls an einer unveränderlichen Stelle des Spike-Proteins bindet  und somit in der Lage ist, verschiedene Varianten zu neutralisieren. In ersten Versuchen an Mäusen erzielte "1249A8" eine neutralisierende Wirkung gegen alle Varianten von Sars-CoV-2, andere Beta-Coronaviren sowie einige Erkältungsviren. Die Ergebnisse finden sich im Fachblatt "Plos Pathogens".

Aber nicht nur für Impfstoffe könnten die neu entdeckten Antikörper eine Rolle spielen, sondern auch für Antikörper-Medikamente sind die neuen Erkenntnisse relevant.

Kritik

Kritik gibt es von dem deutschen Virologen Klaus Stöhr. "Leider werden die 'universellen Antikörper' keine Lösung für die Impfstoffe der näheren Zukunft sein“, schrieb er Ende Juli auf Twitter. Zwar könnten diese an den unveränderlichen Teil des Spike-Proteins binden - das sei aber aufgrund der Nähe zur Virushülle schlecht. "Es ist einfach nicht genügend Platz zum Andocken vorhanden", gibt er zu Bedenken. Und: Falls die Antikörper hier binden würden, "würde auch ein Selektionsdruck für diesen Teil des Spikeproteins entstehen und damit dann auch Varianten, die wieder eine Anpassung des Impfstoffen notwendig machen."

Er resümiert: "Diese 'universellen' Antikörper werden in den nächsten Jahren nicht zur Praxisreife gelangen." Selbst, wenn das gelingen sollte, müssten die Impfstoffkandidaten noch getestet werden. Bis zu deren Einsatz könnten noch Jahre vergehen.

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