Volkskrankheit
Drittel der Neunjährigen übergewichtig oder fettleibig
Die Auswirkungen zeigen sich im Privat- und Arbeitsleben, aber auch auf psychischer und gesamtgesellschaftlicher Ebene.
Österreichs Mediziner schlagen Alarm: Übergewicht und Adipositas seien in Österreich mitten in der Gesellschaft angekommen. "Aktuell sind bereits mehr als die Hälfte der Erwachsenen und rund ein Viertel der Kinder und Jugendlichen übergewichtig oder adipös", heißt es.
Die Anzahl an Betroffenen steige mit dem Alter stark an. Männer seien in allen Altersgruppen öfter betroffen.
Auch Kinder betroffen
Offenbar dürfte das Problem schon bei einigen im jungen Alter zutreffen. Laut der Österreichischen Gesundheitskasse (ÖGK) und der Österreichischen Adipositas-Allianz sind bei den Neunjährigen mehr als 31 Prozent der Buben und 29 Prozent der Mädchen übergewichtig oder adipös.
Unterschied zwischen Übergewicht und Adipositas/Fettleibigkeit
Übergewicht besteht, wenn die betroffene Person über seinem Normalgewicht liegt. Adipositas liegt vor, wenn jemand starkes Übergewicht hat und somit einen krankhaft erhöhten Körperfettanteil. Zur Bestimmung wird meist die Berechnung des Body-Mass-Index (BMI) herangezogen.
"Wir können es uns als Gesellschaft einfach nicht leisten, dass eine chronische Erkrankung immer weitere Teile der Bevölkerung erfasst", warnt Andreas Huss, ÖGK-Obmann-Stellvertreter. Adipositas sei eine für die Betroffenen und für die Gesellschaft sehr belastende Erkrankung, die früh im Leben zu vielen Folgeerkrankungen und eingeschränkter Lebensqualität führt.
Ursachen und Prävention
Es überhaupt nicht soweit kommen zu lassen, aber auch die Gesundheitskompetenz bei Ernährung, Bewegung und Psyche zu verbessern, sei enorm wichtig. Auch Politik und Lebensmittelindustrie seien gefordert. "Hoch verarbeitete und krankmachende Lebensmittel müssen verständlich gekennzeichnet werden. Denn den gesunden Schokoriegel gibt es nicht!", heißt es.
Laut Florian Kiefer, Präsident der Österreichischen Adipositas Allianz, wirken bei der Entstehung sowie dem Verlauf von Adipositas verschiedene Faktoren zusammen: "Dazu gehören Lebensstil-Aspekte wie Ernährung und Bewegung, aber bei rund 70 % der Betroffenen auch genetische Faktoren."
Schlechter Umgang ist problemfördernd
Wie man mit Betroffenen umgeht, dürfte einigen nicht klar sein. Vielen Betroffenen wird gesagt, dass sie beispielsweise selbst schuld seien oder keine Disziplin haben - oft in der eigenen Familie oder im Freundeskreis. Dies treibe sie laut den Experten in die "Abwärtsspirale von Rückzug, sozialer Isolation und psychischen Erkrankungen wie etwa Depression".
Hinzu kommen Folgeerkrankungen wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen wie Diabetes mellitus, erhöhter Blutdruck, erhöhte Blutfettwerte, Herzinfarkt, Schlaganfall oder Demenz. "Die persönlichen Auswirkungen für die Betroffenen in ihrem Privat- und Arbeitsleben sind gravierend", so die Mediziner.
Auch die Staatskasse und Unternehmen dürften darunter leiden. Prognosen der OECD für Europa zeigen, dass Adipositas zwischen 2020 und 2050 das österreichische Bruttoinlandsprodukt im Schnitt um 2,5 Prozent pro Jahr reduziert. Krankenstände, vorzeitige Pensionierungen sowie öfter benötigte Gesundheitsdienstleistungen, Operationen oder Medikamente müssen in Anspruch genommen werden.