Gesundheit

Deshalb hört jeder siebte Jugendliche schlecht

Die Hörminderung ist bis heute ein Tabuthema, umso wichtiger ist es sie anlässlich des Welttages des Hörens wieder in den Mittelpunkt zu rücken.

Christine Scharfetter
Immer mehr junge Menschen von Hörminderungen betroffen.
Immer mehr junge Menschen von Hörminderungen betroffen.
Getty Images/iStockphoto

Etwa jeder Fünfte in Österreich ist laut Schätzungen von einer Hörminderung betroffen – darunter auch viele Jüngere. "Bei Kindern geht man von bis zu drei Kindern von 1000 aus, die hierzulande mit einer Hörminderung geboren werden. Und laut Schätzungen sind in Österreich bereits rund 15 Prozent der 15- bis 19-Jährigen von einer Art der Hörminderung betroffen", erklärt Hörakustikexperte David Wanderer von Neuroth auf "Heute"-Nachfrage.

Generell ist die Dunkelziffer jedoch sehr hoch. Der Grund: die Scham. Wie die Österreicherinnen und Österreicher zum Thema Hörminderung stehen, hat das Hörakustikunternehmen Neuroth anlässlich des "Welttages des Hörens" am 3. März abgefragt: Mehr als jeder Dritte (37 Prozent) von rund 1000 Befragten sehen es nach wie vor als "peinliches Handicap" an, wenn man schlecht hört. Und rund zwei Drittel (67 Prozent) sind der Meinung, dass eine verminderte Hörstärke einfach "Teil des Alterns" sei.

Altersgrenze wird weiter sinken

"Gut hören zu können ist keine Frage des Alters. Umso wichtiger ist es, offen mit dem Thema Hörminderung umzugehen. Die Gründe für eine Hörminderung können vielschichtig sein", so Wanderer, "Neben der Altersschwerhörigkeit, die bereits ab 40 Jahren langsam einsetzen kann, nimmt die Lärmschwerhörigkeit zu. So gibt es auch viele jüngere Hörgeräteträger, die zum Beispiel noch mitten im Berufsleben stehen, oder Kinder, die zum Beispiel einen angeboren Hörverlust haben", erklärt der Hörakustik-Meister.

Unsere Welt wird immer lauter, wodurch die typische Altersgrenze für einen auftretenden Hörverlust weiter sinken wird. Laut Weltgesundheitsorganisation (WHO) riskieren rund 1,1 Milliarden junge Menschen eine Hörminderung durch zu lautes Musikhören. Eine vor kurzem im Fachblatt "BMJ Global Health" vorgestellte Metaanalyse zeigt: 23 Prozent aller Personen im Alter von 12 bis 34 Jahren hören mit ihren Kopfhörern regelmäßig zu laut Musik. 48 Prozent sind zudem zu hohen Lärmpegeln in Bars oder Clubs ausgesetzt.

"Wir sind ständig mit lauten Geräuschen, Musik oder Lärm umgeben. Umso wichtiger ist es, sich das öfter bewusst zu machen und vorzusorgen", rät der Experte, "Wenn das Musikhören im Ohr unangenehm wird oder danach ein Tinnitus – ein kurzzeitiges Ohrenpfeifen – besteht, ist es zum Beispiel ein Anzeichen." Die durchschnittliche Schmerzgrenze des menschlichen Ohrs liegt bei 120 Dezibel. Ab einer Lärmbelastung von rund 55 Dezibel fällt die Konzentration im Alltag bereits immer schwerer. "Nicht nur die Ohren leiden unter Lärm, sondern der gesamte Körper. Mögliche Folgen sind unter anderem ein erhöhter Stresspegel, Bluthochdruck oder Schlafstörungen. Deshalb sollte man seinen Ohren im Alltag auch Pausen gönnen, in lauter Umgebung am besten einen Gehörschutz tragen und mit einem unverbindlichen Hörtest regelmäßig seine Hörstärke checken.

"Nicht nur die Ohren leiden unter Lärm, sondern der gesamte Körper."

Auf die Anzeichen achten

Ein gesundes Gehör ist bei Kindern eine wichtige Voraussetzung für die Sprachentwicklung und Denkfähigkeit. "Typische Anzeichen für eine Hörminderung können zum Beispiel sein, dass das Kind nicht gleich oder weniger reagiert, wenn es angesprochen wird – vor allem, wenn dies von hinten oder von der Seite oder in lauterer Umgebung der Fall ist. Auch die schlechte Aussprache des Kindes kann ein Indiz sein." Bemerkt man eine Veränderung beim Gehör, rät der Experte zu einem Arzt oder einem speziell ausgebildeten Pädakustiker, die auf die Hörgeräteversorgung von Kindern spezialisiert sind, zu gehen.

Ein typisches Anzeichen für eine Hörminderung kann Müdigkeit nach längeren Gesprächen oder Meetings sein, da das Zuhören mehr Konzentration als sonst erfordert. Auch wenn man das Gefühl hat, sein Gegenüber schwerer zu verstehen oder man den Fernseher immer lauter schaltet, kann das an einer Hörminderung liegen. "Je früher man etwas dagegen unternimmt und einen HNO-Arzt aufsucht, desto besser ist es", empfiehlt Wanderer.

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    Die erste Barbie-Puppe, die mit einem Hinter-dem-Ohr-Hörgerät ausgestattet ist, erweitert nun die Fashionistas-Linie, um Menschen mit Behinderung, wie z. B. Hörverlust, zu berücksichtigen.
    Die erste Barbie-Puppe, die mit einem Hinter-dem-Ohr-Hörgerät ausgestattet ist, erweitert nun die Fashionistas-Linie, um Menschen mit Behinderung, wie z. B. Hörverlust, zu berücksichtigen.
    Photographer Jason Tidwell Stylist Sheryl Fetrick

    Verlust des Gehörs kann gestoppt werden

    Unser Gehör hängt eng mit dem Gehirn zusammen. "Bleibt eine Hörminderung länger unversorgt, lässt das Sprachverstehen weiter nach – man gewöhnt sich sozusagen auf Dauer an die Ruhe beziehungsweise das leisere Umfeld." Das führe oft auch dazu, dass man sich aus dem sozialen Umfeld zurückzieht – "auch, weil man unangenehmen Situationen aus dem Weg gehen möchte." Außerdem nimmt das Gehirn  manche Geräusche und Frequenzen nicht mehr wahr.

    "Ein Hörgerät hilft dabei, das Sprachverstehen wieder zu verbessern. Es ermöglicht, dass man Geräusche, die man nicht mehr gehört hat, wie Vogelgezwitscher, wieder wahrnehmen kann. Das Gehirn muss sich mithilfe eines Hörgerätes aber erst Schritt für Schritt wieder daran gewöhnen, daher ist die Begleitung durch einen Hörakustiker so wichtig. Das bedeutet: Wer gut hört, bleibt im Alter länger geistig fit und aktiv", erklärt der Experte. Hörgeräte können deshalb auch dabei helfen, Demenz vorzubeugen – das zeigen mehrere internationale Studien. "Je früher eine Hörgeräteversorgung stattfindet, desto einfacher ist die Gewöhnung und die Hörminderung schreitet nicht weiter voran."

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