Politik

"Blinder" kann sehen, kassiert 900.000 Euro Sozialhilfe

Sechs Jahre lang täuschte ein Mann eine massive Sehbehinderung vor – doch er konnte sehen und erschlich sich dadurch fast eine Million € Sozialhilfe.

Ein falscher "Blinder" erschlich sich 900.000 Euro vom Staat.
Ein falscher "Blinder" erschlich sich 900.000 Euro vom Staat.
Getty Images/iStockphoto (Symbolbild)

Der unberechtigte Bezug von Sozialtransferleistungen ist kein Kavaliersdelikt – im Gegenteil: Es handelt sich um ein strafrechtlich verfolgbares Betrugsdelikt. Die Taskforce Sozialleistungsbetrug (Solbe) im BMI arbeitet seit 2018 eng mit der Finanzverwaltung zusammen, um solche Vergehen aufzudecken. Die nun vorgelegte Bilanz seit Beginn der Kooperation zeigt die erfolgreiche Zusammenarbeit der Behörden. Insgesamt konnten seit Bestehen der Taskforce 89 Millionen Euro an Schadenssumme durch unrechtmäßigen Bezug von Sozialleistungen identifiziert werden.

"Die behördenübergreifende Zusammenarbeit zwischen BMI und BMF ist wichtig, weil sie sicherstellt, dass diejenigen, die illegal Sozialleistungen beziehen, erwischt und bestraft werden. Der Sozialstaat ist dazu da, Menschen in Not zu unterstützen, und wir werden entschieden gegen diejenigen vorgehen, die versuchen, ihn auszunutzen und sich auf Kosten der Allgemeinheit zu bereichern", so Finanzminister Magnus Brunner.

"System muss gerecht sein"

Innenminister Gerhard Karner: "Wenn unser Sozialsystem funktionieren soll, dann muss es gerecht sein. Gerecht ist es dann, wenn Missbrauch verhindert wird. So können jene unterstützt werden, die es tatsächlich brauchen."

Die Arbeit der Task Force "Solbe" kann sich sehen lassen. Aus kriminalpolizeilicher Sicht handelt es sich beim Sozialleistungsbetrug um ein Kontrolldelikt. Das heißt: Je mehr und je intensiver kontrolliert wird, desto mehr Fälle kommen ans Tageslicht. Und je mehr Fälle aufgeklärt werden, desto abschreckender ist das für mögliche Nachahmer. Task-Force, Finanz- und Kriminalpolizei haben im ersten Halbjahr 2023 Fälle mit einem Schaden von 14 Millionen Euro aufgeklärt, das ist so viel, wie im ganzen Jahr 2022.

Dabei wurden 2.218 Fälle von Sozialleistungsbetrug mit insgesamt 2.288 Tatverdächtigen angezeigt, das ist ein Plus von 28 Prozent. 72 Prozent der Tatverdächtigen sind ausländische Staatsbürger, 28 Prozent Österreicher. Mehr als die Hälfte der Anzeigen gibt es in der Bundeshauptstadt Wien. Besonders erfreulich: die Aufklärungsquote bei diesen Delikten beträgt 99,5 Prozent. Diese Zahlen zeigen: Finanz- und Kriminalpolizei sehen genau hin.

Spektakuläre Fälle

Ein gebürtiger Ägypter bezog mehr als 23 Jahre Witwenpension, obwohl er im Ausland wieder geheiratet hatte. Schaden: 300.000 Euro. Oder: Eine Bulgarin kassierte Notstandshilfe und hinterzog Abgaben, obwohl sie einen florierenden Parfümhandel betrieb. Der Schaden: eine Million Euro.

"Es gibt Fälle, die hält man nicht für möglich", erklärt Gerald Tatzgern, Leiter der Taskforce Sozialleistungsbetrug im Bundeskriminalamt. So habe ein Mann etwa mehr als sechs Jahre lang eine "massive Sehbehinderung vorgetäuscht und hat das so gut gemacht, dass es immer wieder bei diversen Untersuchungen durchgegangen ist." Der Mann habe dadurch insgesamt "einen Schaden von über 900.000 Euro angerichtet."

Gratis-Autobahnvignette

Der Mann habe sogar einen Behindertenpass mit sämtlichen Vorteilen und Vergünstigungen bekommen, darunter einen Parkausweis, die Befreiung von der motorbezogenen Versicherungssteuer, ein Mobilitätszuschuss sowie eine Gratis-Autobahnvignette.

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