Neue Studie schockt

Atlantik-Kollaps! Fehler in Klima-Modellen aufgedeckt

Im Atlantik droht der Kollaps der wichtigsten Meeresströmungen. Dieser könnte nun noch früher eintreten, als bisher gedacht – mit verheerenden Folgen.

Roman Palman
Atlantik-Kollaps! Fehler in Klima-Modellen aufgedeckt
Der Klimawandel lässt den Grönland-Eisschild in rasantem Tempo schmelzen. Das zusätzliche Süßwasser dürfte bald zum Kollaps des für Europa wichtigen Strömungssystems AMOC im Nordatlantik führen.
imago images/NurPhoto

Die sogenannte Atlantische Umwälzzirkulation (AMOC) ist verantwortlich dafür, dass weite Teile Europas derzeit ein gemäßigtes Klima genießen kann. Doch das gigantische Strömungssystem ist bereits heute schwächer als zu jedem anderen Zeitpunkt in den letzten 1.000 Jahren, und es verlangsamt sich weiter. Forscher konnten bereits Anfang des Jahres nachweisen, dass sich die AMOC "auf Kippkurs" befindet und auf einen neuerlichen Kollaps zusteuert.

Die Folgen wären "schlechte Nachrichten für das Klimasystem und für die Menschheit", zogen die niederländischen Forscher damals ein düsteres Fazit. Teilen Europas drohen im Falle eines solchen Strömungsabrisses bis zu 30 Grad eisigere Winter, während an der US-Ostküste der Meeresspiegel um bis zu einem Meter ansteigen könnte. Eine große Frage blieb bislang offen: Wann kommt es zum Kollaps?

Über AMOC

Wie unser Herz Blut durch den menschlichen Körper pumpt das Strömungssystem gigantischen Wassermengen in einem Kreislauf durch den Atlantik. Die Dichte des Wassers wird von Temperatur und Salzgehalt bestimmt. Im Süden aufgewärmt, strömt es oberflächennah über die Karibik Richtung Norden (Stichwort Golfstrom) und gibt auf dem Weg seine Energie an die Atmosphäre ab. Das mildert in Europa die Temperaturen. Nach der Abkühlung sinkt das Wasser in die Tiefe ab und fließt zurück in den Südatlantik. Ein großer Einfluss von Süßwasser, es ist leichter als salziges Meerwasser, kann dieses Strömungssystem empfindlich stören und sogar kollabieren lassen.

20 Jahre früher als prognostiziert

Bisher waren Forscher von einer 30-prozentigen Abschwächung der AMOC bis zum Jahr 2060 ausgegangen. Genau dazu gibt es nun neue Berechnungen – und die verheißen nichts Gutes. Die bisherige Einschätzungen hatten nämlich Schmelzwasser-Einfluss in den subarktischen Ozean kaum berücksichtigt. Dabei könnte alleine das betroffene Grönland-Eisschild den Meeresspiegel weltweit um etwa 10 Zentimeter anheben.

Diesen Umstand hat eine neue Studie, die am 18. November 2024 in "Nature Geoscience" publiziert wurde, nun korrigiert. Denn: Seit 2002 hat Grönland bereits 5.900 Milliarden Tonnen an Eis verloren. Das wäre genug Eis, um Österreich 76 Meter tief darunter zu begraben, ziehen die Studien-Autoren und Klimatologen und Ozeanforscher Laurie Menviel und Gabriel Pontes auf dem Portal "The Conversation" einen Vergleich. Vom Stephansdom würde also nur noch der höchste Turm daraus herausragen.

Kipppunkt nahe – Atlantik-Strömung steht vor Kollaps

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    Seit Jahren häufen sich die Belege für eine Abschwächung der <strong>Atlantischen Meridionalen Umwälzbewegung (AMOC)</strong>. Diese Meeresströmung sorgt in ganz Europa für mildere Temperaturen.
    Seit Jahren häufen sich die Belege für eine Abschwächung der Atlantischen Meridionalen Umwälzbewegung (AMOC). Diese Meeresströmung sorgt in ganz Europa für mildere Temperaturen.
    Caesar / Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK)

    Sie haben diese zusätzlichen Massen an Süßwasser nun in den Klimaprojektionen berücksichtigt. Dabei zeigen diese eine deutlich schnellere Abschwächung der so wichtigen Umwälzzirkulation. Die 30-Prozent-Marke könnte dann schon 2040 – also 20 Jahre früher als ursprünglich prognostiziert – erreicht werden.

    "Eine derart rasche Abnahme der Umwälzzirkulation in den kommenden Jahrzehnten wird das Klima und die Ökosysteme stören. In Europa ist mit härteren Wintern und in den nördlichen Tropen mit trockeneren Bedingungen zu rechnen. Die südliche Hemisphäre, darunter Australien und das südliche Südamerika, könnte mit wärmeren und feuchteren Sommern konfrontiert werden", schreiben die beiden australischen Autoren von der University of New South Wales in Sydney.

    "Menschheit muss unbedingt handeln"

    "Unsere neuen Forschungsergebnisse zeigen, dass das Schmelzwasser des grönländischen Eisschilds und der arktischen Gletscher in Kanada das fehlende Teil im Klimapuzzle ist." Mit diesem erweiterten Modell lassen sich nun auch die bisherigen Beobachtungen erklären. Damit könne man auch im Modell bestätigen, dass sich die atlantische Umwälzzirkulation seit Mitte des 20. Jahrhunderts verlangsamt habe.

    Das Fazit von Laurie Menviel und Gabriel Pontes hat es in sich: "Unser Klima hat sich in den letzten 20 Jahren dramatisch verändert. Ein schnelleres Abschmelzen der Eisschilde wird die Störung des Klimasystems weiter beschleunigen. Das bedeutet, dass wir noch weniger Zeit haben, das Klima zu stabilisieren. Daher muss die Menschheit unbedingt handeln, um die Emissionen so schnell wie möglich zu reduzieren."

    "Schlechte Nachrichten"

    Der deutsche Klimatologe Stefan Rahmstorf forscht nach eigenen Angaben bereits seit 1991 an der AMOC-Verlangsamung. Die neuen Modellberechnungen lassen auch ihn aufhorchen. "Die Klimamodelle haben es unterschätzt: Die lebenswichtige Atlantikströmung wird durch das schmelzende Eis bereits schwächer", schreibt er dazu auf X.

    Dass sich diese nun noch schneller abschwächen könnte, seien "schlechte Nachrichten". Das erhöhe das Risiko, dass der AMOC-Kipppunkt noch zu unseren Lebzeiten überschritten werde, beträchtlich – wenn das passiert, werden unsere Kinder massive Veränderungen erleben.

    Auch "Heute" berichtete bereits in der Vergangenheit über die drohenden Folgen eines solchen Atlantik-Kollaps:

    Die "Heute"-Highlights des Tages

    Derzeit im Fokus der Userinnen und User von Heute.at im Ressort "Nachrichten" ist die aktuell meistgelesene Story "". Für eine kontroverse Debatte sorgt auch die Geschichte "". Ist dir etwas aufgefallen oder hast du einen Input für uns, dann schreib uns ein Mail.

    Auf den Punkt gebracht

    • Eine neue Studie zeigt, dass die Atlantische Umwälzzirkulation (AMOC) schneller kollabieren könnte als bisher angenommen.
    • Die bisherigen Klimamodelle den Einfluss des Schmelzwassers aus Grönland und der Arktis unterschätzt haben.
    • Forscher warnen, dass die Menschheit dringend handeln muss, um die Emissionen zu reduzieren.
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