Gesundheit
Arzt sagt, wie Schwangerschaften mit Covid enden können
Eine Covid-19-Erkrankung während der Schwangerschaft verdoppelt das Risiko für eine Totgeburt. Warum und zu welchen Komplikationen es kommen kann.
Eine Infektion mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 stellt insbesondere für Schwangere ein hohes Risiko dar. "Wir wissen aus großen Beobachtungsstudien mittlerweile, dass Schwangere ein generell höheres Risiko für einen schweren Verlauf der Infektion mit höheren Raten an Spitalseinweisungen und Intensivstationsaufenthalten haben", so Herbert Kiss, Leiter der Klinischen Abteilung für Geburtshilfe und feto-maternale Medizin an der Med-Uni Wien, im "Heute"-Gespräch. Doch nicht nur das, auch die ungeborenen Kinder sind durch eine Erkrankung gefährdet. Dies zeigte zuletzt eine Studie aus Schottland mit 144.546 Schwangerschaften.
Demnach besteht bei einer Corona-Infektion vier Wochen vor der Geburt eine viermal höhere Wahrscheinlichkeit für eine Totgeburt bei ungeimpften Müttern.
Herr Dr. Kiss, zu welchem Zeitpunkt kann es im Zuge einer Corona-Infektion zu einer Fehlgeburt kommen?
Herbert Kiss: Die derzeitige Datenlage zeigt kein eindeutig erhöhtes Risiko für eine Fehlgeburt in den ersten 20 Schwangerschaftswochen. Die anfänglichen Untersuchungen haben jedoch vermehrt Schwangere im 2ten und 3ten Schwangerschaftsdrittel mit Infektion umfasst. Dort zeigt sich eine deutlich erhöhte Rate an Frühgeburten.
Kann dies auch bei einem leichten Verlauf der Fall sein?
Komplikationen durch eine Corona-Infektion in der Schwangerschaft scheinen hauptsächlich bei schweren Verläufen und symptomatischen Schwangeren aufzutreten.
„"Im Rahmen einer Corona-Infektion kann es zu einer Entzündung in der Plazenta kommen, welche ... im schlimmsten Fall zu einer Totgeburt führen kann."“
Warum kommt es zu Fehl- oder Totgeburten während einer Covid-Erkrankung der Mutter?
Es mehren sich die Hinweise, dass es im Rahmen einer Corona-Infektion zu einer Entzündung in der Plazenta, des Mutterkuchen, kommen kann, welche dann zu Komplikationen, wie einer Mangelversorgung des Feten bis im schlimmsten Fall zu einer Totgeburt führen kann.
Kann sich ein ungeborenes Kind im Mutterleib mit dem Virus infizieren?
Eine Infektion des Ungeborenen im Mutterleib ist sehr selten beschrieben, die meisten Fälle von infizierten Neugeborenen dürften sich rund um die Geburt infiziert haben.
Zu welchen Komplikationen kann es im Zuge einer Infektion außerdem kommen?
Grundsätzlich stellt jede Krankheit in der Schwangerschaft eine Belastung für den Kreislauf, eine Belastung für die Mutter dar. Ein Ende der Schwangerschaft bewirkt, dass diese Kreislaufbelastung sich verbessert. Im Zuge einer Coronainfektion in der Schwangerschaft kann es zu einem schweren Verlauf der Infektion bei der Mutter kommen bis hin zur Notwendigkeit einer intensivmedizinischen Behandlung. Hier ist es dann meistens nötig das Baby frühzeitig zu entbinden, um den Zustand der Mutter zu verbessern bzw. diese optimal behandeln zu können. Es kann dadurch zu einer extremen Frühgeburtlichkeit kommen und dadurch zu Risiken für das frühgeborene Baby. Weiters dürfte das Risiko für das Auftreten einer Schwangerschaftserkrankung erhöht sein, ebenso das Risiko für einen Kaiserschnitt.
Gab es in der Wiener Universitätsklinik einen besonderen Frühgeburtsfall aufgrund von Covid?
Ja, eine Frühgeburt in der 29. Woche, weil die Mutter mit der Lunge so schlecht und so krank geworden ist, dass sie nicht mehr beatembar war. Trotz Beatmung konnte die Lunge das Blut nicht ausreichend mit Sauerstoff versorgen und die Patientin konnte auch nicht auf dem Bauch liegen, so wie Covid-Patienten meistens gelagert wurden. Deshalb musste unter Intensivbedingungen ein Kaiserschnitt mit der Folge einer Frühgeburt durchgeführt werden, danach hat sich die junge Mutter recht schnell wieder erholt.
Gab es noch mehr davon?
Ja, aber bei uns nicht früher als in der 28. bis 30. Woche. Das war in anderen Ländern anders.
Sollen sich Schwangere deshalb impfen lassen?
Die Impfung ist in der Schwangerschaft auf jeden Fall zu empfehlen und von sämtlichen internationalen Fachgesellschaften empfohlen. Wir wissen aus großen Beobachtungsstudien mittlerweile, dass Schwangere ein generell höheres Risiko für einen schweren Verlauf der Infektion mit höheren Raten an Spitalseinweisungen und Intensivstationsaufenthalten haben.
Kann der Impfstoff das Erbgut des Ungeborenen schädigen?
Es gibt keinerlei Hinweis, weder aus präklinischen Studien noch von den bis dato durchgeführten klinischen Beobachtungsstudien an geimpften Schwangeren, dass der Impfstoff das Erbgut des Ungeborenen schädigt. Der Impfstoff verbleibt nur kurze Zeit im Körper und wird dann im Verlauf weniger Tage abgebaut. Die Fehlbildungsrate bei Kindern von Frauen, die in der Schwangerschaft geimpft wurden, ist nicht erhöht im Vergleich zu historischen, nicht geimpften Kollektiven.
Warum wurden Schwangere dann von der Impfpflicht ausgenommen?
Rechtlich gesehen besteht nach wie vor ein Off-Label-Use in der Schwangerschaft, da in den Zulassungsstudien keine Schwangeren vorgesehen waren bzw. eingeschlossen wurden. Dies gilt für die allermeisten Studien zur Erstzulassung. Also der Impfstoff ist für Schwangere nicht zugelassen. Somit basiert die derzeitige Praxis, Schwangeren die Impfung trotzdem zu empfehlen, auf dem besten wissenschaftlich-medizinischen Wissen, auch, da es keinen wissenschaftlich-plausiblen Grund gibt, weswegen die Impfung in der Schwangerschaft nicht gegeben werden sollte. Außerdem auf der Nutzen-Risiko Abwägung einer Infektion in der Schwangerschaft versus der potentiellen Risiken einer Impfung.
Können sich geimpfte Schwangere trotzdem anstecken?
Genauso wie alle anderen geimpften Personen, können sich auch geimpfte Schwangere anstecken. Jedoch ist davon auszugehen – und diesbezüglich haben wir bereits die Erfahrung – , dass dann die Infektion ebenso milder verläuft und gefürchtete Folgen wie die Notwendigkeit, das Baby früher zu entbinden, damit sich der Zustand der Mutter bessert, vermieden werden können.
Was sollen Schwangere bei einem Corona-Verdacht tun?
Bei Verdacht einer Corona-Erkrankung in der Schwangerschaft ist es empfehlenswert, mittels PCR-Testung abzuklären, ob wirklich eine Infektion vorliegt. Falls dies bestätigt wird, dann gilt es sich zu schonen und – wie generell empfohlen – bei starker Verschlechterung des Allgemeinzustandes mit Atemnot, hohem und lang anhaltendem Fieber, etc. Kontakt mit dem betreuenden Arzt oder einer Spitalsambulanz aufzunehmen. Weiters ist bei Risikofaktoren für eine Thrombose und schlechtem Allgemeinzustand mit Bewegungseinschränkung eventuell eine Thromboseprophylaxe anzudenken. Falls es während der Corona-Infektion zu geburtshilflichen Auffälligkeiten kommt, dann sollte die Patientin telefonisch ihren Gynäkologen oder das zuständige Spital kontaktieren und klären, wie sie zur Untersuchung kommen kann – beispielsweise mit einem Infektionstransport der Rettung. Nach der Infektion ist einerseits eine fetale Wachstumskontrolle empfohlen sowie, falls vorgegebene MutterKindPass-Untersuchungen nicht durchgeführt werden konnten, diese so bald als möglich nachzuholen.