Politik
Amtsgeheimnis fällt – das ändert sich jetzt für dich
Die Bundesregierung stellte am Donnerstag die Eckpunkte des Informationfreiheitsgesetzes vor. Wichtigster Punkt: Das Amtsgeheimnis fällt.
Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) und Verfassungsministerin Karoline Edtstadler (ÖVP) haben am Donnerstag den überarbeiteten Entwurf zur Abschaffung des Amtsgeheimnisses und der Einführung eines verfassungsgesetzlich gewährleisteten Grundrechts auf Zugang zu Information vorgestellt. Für die Bundesregierung "wird damit ein historischer Paradigmenwechsel eingeleitet, indem Transparenz zur Regel und Geheimhaltung zur Ausnahme gemacht wird", heißt es in einer Pressemitteilung.
Mehr lesen: Regierung stellt Informationsfreiheitsgesetz vor
In Gesprächsrunden mit von der Informationsfreiheit umfassten Stellen und zahlreichen Stakeholdern wurde das Gesetz wie auch der ihm zugrundeliegende Systemwandel tiefgehend diskutiert. Jede und jeder hat ein Grundrecht auf Information und das muss von Ministerien, Behörden und Gerichten über die Bundesländer bis hin zu jeder Gemeinde erfüllt werden. Die Überlegungen aus diesem Prozess sind nun in den überarbeiteten Entwurf der Bundesregierung eingeflossen.
Bürger haben Grundrecht auf Information
Die Regierungsvorlage sieht vor, dass das bald 100 Jahre alte Amtsgeheimnis abgeschafft wird. An seine Stelle tritt künftig ein Grundrecht auf Information für jede und jeden, das erforderlichenfalls auch eingeklagt werden kann. Zudem müssen zukünftig Informationen von allgemeinem Interesse von staatlichen Organen proaktiv veröffentlicht werden.
Diese werden auf einer Website –dem zentralen Informationsregister –zugänglich gemacht und mit Schlagworten zur besseren Suche versehen. Die Bundesregierung setzt es sich zum Ziel, dass die Abschaffung des Amtsgeheimnisses und das Grundrecht auf Information–nach geplanter Beschlussfassung im Parlament und folgender Legisvakanz von 18 Monaten –2025 endgültig in Kraft tritt.
Zu einem genauen parlamentarischen Fahrplan wurden am Donnerstag bereits Gespräche geführt, bei dem dieses Transparenzpaket den Parlamentsfraktionen vorgestellt wurde. Für die Beschlussfassung ist eine Zweidrittelmehrheit des Nationalrates sowie eine qualifizierte Zustimmung des Bundesrats notwendig. Ziel der Koalitionsparteien ist es, den parlamentarischen Prozess rasch abzuschließen.
In der entsprechenden Medienmitteilung geht die Bundesregierung auch auf die Eckpunkte des Gesetzespakets ein.
Abschaffung des Amtsgeheimnisses
► Das Amtsgeheimnis (eingeführt mit der B-VG-Novelle 1925) wird in seiner bisherigen Form nach rund 100 Jahren abgeschafft.
Allgemeines Informationsbegehren – Grundrecht auf Zugang zu Information
► Jede und jederverfügt künftig über ein verfassungsgesetzlich gewährleistetes Recht aufZugang zuInformation.
► Von einer informationspflichtigen Stelle kann binnen einerFrist von 4 Wochen(Aufschub um weitere 4 Wochen möglich)bereits vorhandene Informationverlangt werden.
► Bei Nicht-Auskunft kann das Recht auf Information vor Verwaltungsgerichten und dem Verfassungsgerichtshof eingeklagt werden.
► Hiervon sind alle Organeder Verwaltung samt den mit der Besorgung von Geschäften der Bundesverwaltung und der Landesverwaltung betrauten Organenerfasst.
► Die Verpflichtung betrifft Verwaltungsorgane von Bund und Ländern sowie allen Gemeinden.
► Informationen müssen nicht erteilt werden, wenn der Antrag missbräuchlich erfolgt. Darüber hinaus gelten Geheimhaltungsgründe und es ist auf Persönlichkeitsrechte, wie das Recht auf Datenschutz, Rücksicht zu nehmen.
► Informationen sind auch von nicht hoheitlich tätigen Stiftungen, Fonds, Anstalten und Unternehmungen, die der Kontrolle des Rechnungshofes oder eines Landesrechnungshofes unterliegen, zu erteilen–wobei die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen nicht beeinträchtigt werden darf.
Proaktive Veröffentlichungspflicht
► "Information von allgemeinem Interesse"(nunmehr zusätzliche Beispiele im Gesetz aufgezählt, zB. Geschäftseinteilung, Tätigkeitsberichte, Amtsblätter etc., neben bereits angeführten Studien, Gutachten, Verträge,...)müssen proaktiv in einem Informationsregister auf www.data.gv.atehestmöglich veröffentlicht werden.
► Von der proaktiven Veröffentlichungspflicht sind in erster Linie dieOrganeder Verwaltung samt den mit der Besorgung von Geschäften der Bundesverwaltung und der Landesverwaltung betrauten Organeumfasst, wobei Gemeinden und Gemeindeverbände bis zu einer Grenze von 5.000 Einwohnerinnen und Einwohnern davon ausgenommen sind, diese aber selbstverständlich solche Informationen freiwillig veröffentlichen können.
► Darüber hinaus gilt sie auch für Nationalrat und Bundesrat mitsamt des Rechnungshofes und der Volksanwaltschaft, sowie für die Organe der ordentlichen Gerichtsbarkeit, dieVerwaltungsgerichte, denVerwaltungsgerichtshofundden Verfassungsgerichtshof.
► Informationen müssen von jenen Stellen veröffentlichtwerden,welche diese auch erstellt haben.
► Von der proaktiven Informationspflicht umfasst sind Informationen, welche ab Inkrafttreten des Gesetzes entstehen.
► Die im Zuge der Reform des Parteiengesetzesgeschaffene Norm des Art.20Abs.5 B-VG wird durch die neue Regelungdes Informationsregisters ersetzt.
► Ausgenommen von der proaktiven Veröffentlichungspflichtsind Informationen, soweit und solange sie beispielsweise im Interesse der nationalen Sicherheit, der umfassenden Landesverteidigung oder der öffentlichen Ordnung und Sicherheit der Geheimhaltung unterliegen.
Unterstützungsleistungen
► Informationspflichtige Stellen haben im Rahmender Legisvakanz nach der Beschlussfassung des Gesetzes bis zu dessen Inkrafttreten insgesamt 1,5 Jahre Zeit, um sich auf die effektive Umsetzung vorzubereiten.
► Das Bundeskanzleramt wird umfassende Informationsmaterialien für informationspflichtige Stellen zur Verfügung stellen.
► Die Datenschutzbehörde wird darüber hinaus Leitfäden zur Verfügung stellen und Fortbildungen beispielsweise für Datenschutzbeauftrage veranstalten.
Grünen-Chef Werner Kogler spricht von einem "monumentalen Kulturwandel in der Republik". Die "Ausrede 'Amtsgeheimnis'" werde fallen, so der Vizekanzler. Verfassungsministerin Karoline Edtstadler spricht von einem "ausbalancierten Entwurf". Dieser garantiere "Transparenz mit Augenmaß". Offenheit und Transparenz seien ein Gebot der Stunde, erklärte sie.