Insolvenz von Kult-Marke

"Alle bei KTM zittern" – heute knapp 300 Kündigungen

Die weltweit beliebte Motorradmarke in finanzieller Not: Nach der ersten Kündigungswelle im Vorjahr geht es jetzt beinhart weiter.

Michael Pollak
"Alle bei KTM zittern" – heute knapp 300 Kündigungen
"Einfach frustriert!": Alex W. ist einer von Hunderten, die ihren Job verloren haben (Symbolfoto).
MANFRED FESL / APA / picturedesk.com, iStock

Die Deadline endet am Freitag, 17. Jänner: Spätestens an diesem Stichtag erfahren weitere 288 Mitarbeiter des schwer gebeutelten Motorrad-Produzenten KTM und diverser Tochterfirmen (KTM F&E, KTM Components) von ihrer Kündigung. 250 KTM-ler ereilte dieses schlimme Schicksal bereits knapp vor Weihnachten.

Die Stimmung der verbliebenen Mitarbeiter ist seit Wochen am Boden. "Jetzt zittern alle im Betrieb um ihren Job", sagte vor wenigen Tagen Dragan M. (Name geändert) zu „Heute". Er ist einer der Arbeiter, der bereits am Montag seine Kündigung unterschreiben musste.

Sorge, ob Wohnung noch leistbar bleibt

Dragan M. und seine Frau sind ratlos, wie es weiter gehen wird: "Die Pension wird jetzt geringer ausfallen." Das Ehepaar weiß nicht einmal, ob sie ihre geringen Fixkosten decken werden können: "Wir wohnen in einer Gemeindewohnung, ich weiß nicht, ob wir uns diese weiter leisten können - auch diese Wohnung wird immer teurer."

"Es ist eine richtig traurige Geschichte"

Dragans Frau ist verzweifelt: "Das kam für uns völlig überraschend, mein Mann kann jede Maschine der Produktion bedienen, er war immer fleißig. Wie viele andere war auch er kaum krank, er gab alles für die Firma – es ist eine richtig traurige Geschichte."

Für die verbleibenden Monate in der Firma – offizieller Termin ist Mai – bekommt Dragan auch noch 20 % weniger Lohn.

Kündigung ein Jahr vor der Pension

Das besonders schlimme daran: Der Familienvater wollte im kommenden Jahr sowieso in Pension gehen, das war bereits organisiert. Jetzt wird er mit 61 Jahren noch arbeitslos – hoch stehen die Chancen auf eine neue Anstellung wohl nicht.

Ex-Kollege Robert A. erhielt seinen "Blauen Brief" bereits im Vorjahr. "Mir war nicht klar, ob ich schreien oder weinen soll. Ich war einfach frustriert", sagt der Mann, der knapp 20 Jahre lang bei KTM Bikes zusammengebaut hat.

Ich leide seither an Schlafstörungen und Konzentrationsnachlass
Robert A.
Ex-KTM-Mitarbeiter

"Mehr als die Hälfte meines Lebens arbeite ich für KTM. Ich war ein stolzer Mitarbeiter, bin krank zur Arbeit gekommen, bin kaum in den Pflegeurlaub gegangen, obwohl meine Frau diese Pflege gebraucht hätte", sagt der Familienvater zu "Heute". Weiter: "Ich leide seither an Schlafstörungen und Konzentrationsnachlass. Sie wollen uns unsere letzte Würde nehmen – als ob wir die Schuldigen an diesem Insolvenzverfahren sind."

Für die nötigsten Ausgaben müssen wichtige Ersparnisse geopfert werden: „Ich habe zwei Töchter, beide gehen noch in die Schule. Das angesparte Geld für deren Bildung muss ich nun als Überbrückung für die nächsten Monate nutzen." Robert A. verbirgt seine Gefühle vor den Kindern, versucht stark zu sein: "Sie sollen nicht merken, wie schlecht es mir dabei geht."

Erzähle uns deine Story!
Wurde dir eine Beihilfe gestrichen? Kannst du dir das Leben kaum mehr leisten? Ist dir gerade etwas besonders Trauriges, Witziges oder Erstaunliches geschehen? Bewegt dich ein anderes Thema? Bist du der Meinung, dass deine Geschichte erzählt werden sollte? Dann melde dich bei uns unter [email protected]. Denn deine Story ist uns wichtig!
Mail an uns

Eine Stellungnahme von KTM zu den Kündigungen und den dabei resultierenden Härtefällen versuchten wir wiederholt einzuholen – wir bekommen seit Wochen keine Antwort.

Immerhin gibt es eine gute Nachricht. Vielen Mitarbeitern ist der Konzern die Löhne für Dezember und Jänner sowie das Weihnachtsgeld schuldig. Diese Woche startete die Auszahlung.

Derzeit im Fokus der Userinnen und User von Heute.at im Ressort "Österreich" ist die aktuell meistgelesene Story "". Ist dir etwas aufgefallen oder hast du einen Input für uns, dann schreib uns ein Mail.

Auf den Punkt gebracht

  • Die Motorradmarke KTM befindet sich in finanzieller Not und hat bereits zahlreiche Mitarbeiter entlassen, was zu großer Unsicherheit und Verzweiflung unter den verbleibenden Angestellten führt.
  • Viele Betroffene, wie Dragan A. und Robert A., stehen vor existenziellen Problemen und sehen sich gezwungen, ihre Ersparnisse aufzubrauchen, während der Konzern bisher keine Stellungnahme zu den Kündigungen abgegeben hat.
POM
Akt.