Gesundheit

Ärzte-Mangel in Österreich – so viele fehlen wirklich

In fast jedem Bundesland mangelt es derzeit an qualifizierten medizinischen Kassenfachärzten. Warum ist das so? "Heute" hat die aktuellen Zahlen.

Sabine Primes
Sowohl in der Allgemeinmedizin als auch in der Fachmedizin gibt es unbesetzte Kassenstellen.
Sowohl in der Allgemeinmedizin als auch in der Fachmedizin gibt es unbesetzte Kassenstellen.
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Österreichs Medizin hat ein Nachwuchsproblem – oder doch nicht? Erst vor kurzem fand der Aufnahmetest für das Medizinstudium in Wien statt. Ein Anlass, die Personalsituation im österreichischen Gesundheitssystem einmal mehr zu beleuchten. 

Wiens Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ) warnt im "Standard"-Interview vor einem Ärztemangel und einer weiteren Verschlechterung des Gesundheitssystems. Er fordert eine Erhöhung der Studienplätze – um das Doppelte. Ganz anders die Meinung von den Uni-Rektoren. Man würde schon "viel zu viele Ärzte ausbilden", so Ernest Pichlbauer, Assistenzprofessor für evidenzbasierte Medizin, von der Sigmund Freud Universität Wien. 

So viele Kassenfachärzte fehlen in Österreich

Fakt ist jedoch: In Österreich fehlt es an Kassenfachärzten – und zwar in jedem Bundesland, außer Kärnten. Das zeigen aktuelle Zahlen der Österreichischen Ärztekammer. 

In Österreich gesamt gibt es 304 Kassenplätze für Kinder- und Jugendheilkunde, 488 Kassenplätze für Frauenheilkunde und Geburtshilfe, 277 Kassenplätze für Dermatologie, 444 Plätze für Augenheilkunde, 269 Plätze für Hals-Nasen-Ohren (HNO) und 478 Plätze für Orthopädie und orthopädische Chirurgie. Es folgt eine Bundesländerauflistung, wie viele dieser Plätze aktuell nicht besetzt sind.

So viele Kassenfachärzte fehlen in Österreich


Kinderheilkunde - 7 Plätze 
Frauenheilkunde - 6 Plätze
Dermatologie - 2 Plätze
Psychiatrie - 1 Platz

Kinderheilkunde - 10 Plätze
Dermatologie - 9 Plätze
Frauenheilkunde - 3 Plätze
Chirurgie - 2 Plätze
Lungenheilkunde - 2 Plätze
Urologie - 2 Plätze
Hals-Nasen-Ohren (HNO) - 1 Platz
Augenheilkunde - 1 Platz
Wien
Lungenheilkunde - 3 Plätze
Orthopädie - 3 Plätze
Dermatologie - 2 Plätze
Nuklearmedizin - 2 Plätze
Radiologie - 2 Plätze
Chirurgie - 1 Platz
Frauenheilkunde - 1 Platz
Neurologie - 1 Platz
HNO - 0,5 Plätze
Innere Medizin - 0,5 Plätze
Kinderheilkunde - 0,5 Plätze
Psychiatrie  - 0,5 Plätze
Urologie - 0,5 Plätze
Burgenland
Frauenheilkunde - 1 Platz
Dermatologie - 1 Platz
Tirol
Augenheilkunde - 6 Plätze
Frauenheilkunde - 3 Plätze
Kinderheilkunde  - 3 Plätze
Dermatologie - 2 Plätze
Lungenheilkunde - 2 Plätze
Psychiatrie - 2 Plätze
Innere Medizin - 1 Platz
Vorarlberg
Augenheilkunde - 2 Plätze
Frauenheilkunde - 1,5 Plätze
Salzburg
Psychiatrie - 2 Plätze
Kinderheilkunde - 2 Plätze
Steiermark
Frauenheilkunde - 8 Plätze
Kinderheilkunde - 4 Plätze
Kinder - und Jugendpsychiatrie - 4 Plätze
Augenheilkunde - 1 Platz

Kassenverträge müssen attraktiver werden

Eine wesentliche Problematik liegt in der derzeitigen Unattraktivität der Kassenverträge, die viele Mediziner dazu bewegt, sich als Wahlarzt niederzulassen. Laut dem Vizepräsidenten der Ärztekammer, Dr. Stefan Konrad, herrscht kein Ärztemangel, sondern ein Verteilungsproblem. "Wir haben die Ärzte nicht dort, wo wir sie brauchen!". Tatsächlich gehen nur rund 15 Prozent der Absolventen eines Medizinstudium-Jahrganges in die Kassenmedizin. Der Rest geht entweder nach Ende der Ausbildung ins Ausland, wird Wahlarzt oder gänzlich Privatarzt, geht in die Forschung oder übt einen ganz anderen Beruf aus. Auf der anderen Seite wächst die Bevölkerung jedes Jahr – müssen die Kassenplätze mitwachsen?

Kritisiert werden unter anderem die viel zu niedrigen Honorare, weil nicht ordentlich an die Inflation angepasst. Zuletzt sorgte die Honorierung der Mutter-Kind-Pass-Untersuchungen für Wirbel. Der Tarif dafür wurde seit 1994 nicht mehr angepasst, sondern lediglich von Schilling in Euro umgerechnet. Dabei ist diese Untersuchung eine der wichtigsten Leistungen bei Kinderärzten und Gynäkologen.

Zu wenig Zeit für den Patienten

Infolge der zu niedrigen Honorare, müssen Ärzte täglich möglichst viele Patienten "abarbeiten", um am Ende des Monats davon leben zu können und den Betrieb der Ordination und alle Gehälter bezahlen zu können. Was darunter leidet, ist die Zeit, die der Arzt (nicht mehr) für den Patienten hat, denn Zeit ist Geld. Daher liegt nach der Facharztausbildung oft der Weg in die Wahlarztpraxis nahe, da dort Honorare und Zeiteinteilung selbst bestimmt werden können. Das ebnet einmal mehr den Weg in die 2-Klassen-Medizin. Die Politik ist jetzt gefragt, die Rahmenbedingungen an die heutigen gesellschaftlichen Bedürfnisse anzupassen. 

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