Politik
Kickl will als Kanzler sofort Bundeshymne ändern
FPÖ-Chef Herbert Kickl will als Kanzler die Bundeshymne abändern. Im großen ORF-Interview konfrontierte ihn Armin Wolf auch mit einem Pinkel-Bild.
Herbert Kickl fordert im laufenden Niederösterreich-Wahlkampf eine "Festung Österreich", doch vergangene Woche wurde seine körpereigene Schutzmauer überrannt und der FPÖ-Chef von der Grippe außer Gefecht gesetzt. Auch seinen großen ORF-Auftritt am 10. Jänner im Rahmen der ZIB2-Reihe der Interviews zum Jahreswechsel musste er gesundheitsbedingt auslassen.
Kanzler Karl Nehammer nutzte derweil die "Gunst der Stunde", um bei seinem Interview nach eigentlich blauem Drehbuch sein davon völlig überraschtes Gegenüber, Moderator Martin Thür, sofort auf persönlicher Ebene zu attackieren und ihm nicht nur schlampige Arbeitsweisen sondern auch tendenziöse Interview-Führung zu unterstellen.
Jetzt, eine bewegte Woche später, konnte auch Herbert Kickl, der zuletzt Kanzler-Ambitionen äußerte, als letzter führender Kopf einer Parlamentsfraktion seinen Auftritt in der ZIB2 nachholen. Er bekam es aber – wie ursprünglich vorgesehen – live im Studio mit Star-Anchor Armin Wolf zu tun:
"Egal was in der Politik passiert, am Ende ist die FPÖ wieder vorne", zitiert der Moderator aus dem "profil" zur aktuellen Umfragen-Erfolge der Freiheitlichen. Kickl will, doch kann er auch Kanzler? Der Rechtsaußen-Spitzenkandidat gilt bei den übrigen Kandidaten als untragbar und von einer Absoluten können die Blauen trotz aller Stärke wohl nur träumen.
"Warum pinkelt hier jemand auf einen Klima-Aktivisten"?
Wolf startet mit sofort mit dem Pinkel-Verkehrszeichen, das blaue Politiker dieser Tage via Facebook und Co verbreitet hatten, in das Interview. Das Bild sei als "Warnung vor den Klima-Terroristen" zu verstehen, erklärt der FP-Parteiobmann. "Aber was hat das mit dem Bild zu tun? Warum pinkelt hier jemand auf einen Klima-Aktivisten", fragte Wolf.
Er sieht ein riesiges Problem: "Hier schaukelt sich eine Situation auf, wo durchaus die Gefahr besteht, dass es zu einem Eskalationsszenario kommt". Deswegen ist für Herbert Kickl das Anpinkeln zur Entschärfung offenbar okay. Wie das funktionieren soll, will er gar nicht erklären.
Die Eskalationen im Rahmen der Corona-Demostrationen, die teilweise nicht angemeldet waren, stundenlang die Wiener Innenstadt blockierten und für ein riesiges Chaos gesorgt haben, schiebt Kickl lieber anderen in die Schuhe. Stattdessen monierte er, dass hier ("Ach Gott, Herr Wolf") "abwertende Bezeichnungen von anderen Seiten gekommen" seien – sagt der Parteichef, der kein Problem hat, Menschen als Terroristen zu bezeichnen und dies mit saloppem Sprachgebrauch verteidigt.
Das Thema gipfelte dann in der kuriosen Situtation, dass Armin Wolf Kickl erklären musste, dass er aus Prinzip nicht bei Demonstrationen mitmarschiere: "Ich bin Journalist, ich berichte und demonstriere nicht."
"Festung Österreich" steht für Geborgenheit
Seinen Slogan "Festung Österreich" positionierte der Oberblaue als Gegenstück zum "Asyl-Magneten Österreich". So beschreibt er die aktuelle Migrationssituation. "Das steht für Sicherheit, für Schutz und für Geborgenheit. Und dafür, dass man die Tore öffnet, wenn man es will und sie auch wieder schließt."
Wie er sich das Bollwerk vorstellt? Mit baulichen Maßnahmen an "entsprechenden Druckpunkten", solle der illegalen Migration entgegengewirkt werden. Als Wolf die Sinnhaftigkeit von solchen Grenzzäunen anzweifelte, schoss Kickl zurück: "Wenn man keinen Zaun hat, dann passts nicht. Wenn man einen Zaun hat, dass passts nicht".
Kickl will Bundeshymne ändern
Zum Ende griff der ORF-Anchorman noch eine Szene vom großen FPÖ-Neujahrstreffen am Samstag auf: Im eingespielten Clip war die blaue Parteispitze – Kickl wachelte an der Seite von NÖ-Spitzenkandidaten Udo Landbauer mit der rot-weiß-roten Fahne Österreichs – beim Singen der Bundeshymne zu sehen und vor allem zu hören. "Heimat bist du großer Söhne", trällerten die Versammelten.
Die 2012 dazugeschriebenen "Töchter" ließ man einfach mal aus, was in der ZIB2 für Aufregung sorgte: "Ich will zum Schluss noch auf die Frage kommen, ob sich Politiker und Politikerinnen an Gesetze halten müssen?" Die neue Zeile sei "keine freundliche Anregung von Gender-Terrorist:innen", sondern ein geltendes Bundesgesetz", konfrontierte Wolf Kickl damit.
Dieser warf umgehnend zurück: "Wissen Sie was, Herr Wolf? Da bringen Sie mich auf eine Idee – ein freiheitlicher Bundeskanzler wird das sofort wieder ändern."
Es sei eine Variante, die "ganz ganz weit verbeitet in der Bevölkerung" sei, rechtfertigt sich Kickl. Darauf hingewiesen, dass dies ungesetzlich sei, entgegnete der ehemalige Innenminister nonchalant: "Es soll nichts schlimmeres sein, als wenn man das macht", und zündete sofort die nächste Nebelgranate indem er sofort auf den Fall Teichtmeister wechselte. Das seien die Dinge, über die die Menschen bewegen würden und "nicht dieser Gender-Unfug, wo es ohnehin höchst an der Zeit ist, den entsprechend zurückreißen."
"Welche Gesetze ignorieren Sie sonst noch, die Ihnen nicht gefallen", biss Wolf zurück. Die Spitze schrammte aber an Kickls blauem Teflon einfach ab: "Da fällt mir sonst nichts ein, aber Sie haben ja recherchiert. Haben Sie noch was auf Lager?"
Zum Abschied fehlten plötzlich die Worte
Zum Abschluss gab es dann noch einen kuriosen Moment. Wie üblich verabschiedete sich Wolf von seinem Gast mit freundlichen Worten: "Herr Kickl, vielen Dank für den Besuch" – und erwischte denselben damit offenbar auf dem falschen Fuß.
Zum ersten Mal bei diesem Auftritt blieb der sonst so wortgewandte FPÖ-Chef stumm, zog nur verwundert die Augenbrauen nach oben, ehe das Kamerabild endgültig umschaltete.