Klimaschutz
Ab wann kippt das Klima?
Klimawissenschaft leicht erklärt: Was sind so genannte Tipping Points?
Werden bestimmte Temperaturen überschritten, können zentrale Elemente unseres Klimasystems aus dem Gleichgewicht geraten. Das Klimaabkommen von Paris sieht vor, die Erderwärmung auf 1,5 Grad zu halten, denn mit zunehmender Erderhitzung steigt die Gefahr, dass wir so genannte Kipppunkte (auf Englisch "tipping points") erreichen. Sie sind die Achillesfersen im Erdsystem.
Kleine Kinder finden früh heraus, was Kipppunkte sind. Mit festem Blick schieben sie Spielzeugautos oder ähnliche Utensilien zum Experimentieren langsam über den Tisch und beobachten fasziniert, was nach Erreichen der Tischkante passiert. Bumm. Glücklicherweise sind dabei keine schwerwiegenden Folgen zu erwarten, denn meist haben die frühkindlichen naturwissenschaftlichen Experimente ein Happy End. Anders verhält es sich mit den Kipppelementen unseres Klimasystems, denn sie können unumkehrbare Auswirkungen auf das Weltklima mit verheerenden Folgen haben. Zu den Kipppunkten gehören unter anderem der Grönländische Eisschild, der Permafrostboden in Sibirien, der Amazonas Regenwald und der Golfstrom.
1,5 Grad Erderwärmung ist mehr als man glaubt - Jedes Zehntelgrad zählt!
Klimaforscher warnen davor, dass eine unkontrollierbare Kettenreaktion ausgelöst werden kann, wenn die ersten Kippelemente fallen. Wie beim Dominoeffekt könnte dann ein umfallender Stein den nächsten umstoßen. Die Gefahr von irreversiblen und unkontrollierbaren Kettenreaktionen besteht bereits bei einem globalen Temperaturanstieg von 1,5 bis zwei Grad.
Seit der vorindustriellen Zeit ist die globale Mitteltemperatur um 1,1 Grad gestiegen. Um das Jahr 2030 wird die Erde 1,5 Grad wärmer sein. Wie es anschließend weitergeht, hängt wesentlich davon ab, welche politische Entscheidungen sowohl auf internationaler als auch auf nationaler Ebene getroffen werden. Wir stehen vor einem Wendepunkt. Die Welt wird in einer emissionsarmen Zukunft ganz anders aussehen als in einer emissionsreichen. Es steht viel auf dem Spiel.
Arktisches und Grönland-Eis nahe am Kipppunkt
Beim Vergleich mit dem menschlichen Körper könnten Organe als Kippelemente beschrieben werden. Diese verändern ihre gewohnte Funktionsweise drastisch oder stellen sie gar ein, sobald bestimmte Voraussetzungen, wie zum Beispiel Sauerstoffzufuhr, nicht mehr in ausreichendem Maße erfüllt sind. Dem Schwellenverhalten im Erdsystem liegen oft selbstverstärkende Prozesse zugrunde, die – einmal angestoßen – auch ohne weiteren externen Einfluss weiterlaufen. Sind die kritischen Punkte einmal überschritten, gibt es kein Zurück mehr, der Prozess wird zum unaufhaltsamen Selbstläufer.
Sehr nahe am Kipppunkt ist das Eis am Nordpol, das arktische Meereis. Besonders kritisch ist die Situation auch in Sibirien, was das Auftauen der Permafrostböden anbelangt. Auch das Grönlandeis ist von seinem Kipppunkt nicht mehr weit entfernt. Um die schlimmsten Auswirkungen der globalen Klimakrise zu verhindern, geht es um jedes Zehntelgrad Temperaturanstieg. Steigt die Temperatur, erhöht sich die Gefahr, dass Kippelemente des Klimasystems destabilisiert werden. Irreversible und unkontrollierbare Effekte können dann die Folge sein. Daher ist es wichtig, die Erderwärmung auf 1,5 Grad zu beschränken. Nur so können wir verhindern, dass aus einer Klimakrise eine Klimakatastrophe wird.