Unschuldig in Haft

80.000 € in Sackerl geraubt – Syrer falsch beschuldigt

Names (23) soll einem 31-Jährigen 80.000 Euro geraubt haben, wurde vor Gericht freigesprochen. Sein Fall wird in einer TV-Doku aufgerollt.
Wien Heute
21.03.2025, 06:30

108 Tage saß Names (23) unschuldig in U-Haft. Der Syrer wurde beschuldigt, einem 31-Jährigen ein Plastiksackerl mit 80.000 Euro geraubt zu haben. In der vierten und letzten Folge von "Unschuldig in Haft" (22.3., 20.15 Uhr, ATV und Joyn) erzählt der Wahl-Wiener seine Geschichte.

Names flüchtete aufgrund des Krieges in Syrien, kam vor über zehn Jahren nach Österreich: Er ging zur Schule, absolvierte eine Lehre als Karosseriebautechniker, holte seine Eltern nach und baute sich hier ein Leben auf – das von einem Tag auf den anderen fast zerstört wurde.

Täter trug FFP2-Maske

Denn der damals 22-Jährige wurde des schweren Raubes beschuldigt: Ihm wurde vorgeworfen, am 11. April 2023 dem 31-jährigen Omar S. (Name geändert) bei der Straßenbahn-Station Eichenstraße (Margareten) Pfefferspray ins Gesicht gesprüht und ihm ein schwarzes Plastiksackerl mit 80.000 Euro entrissen zu haben.

Omar S. hatte das Geld von seinem Cousin zur sicheren Aufbewahrung übernommen, dieser wollte damit einen Friseursalon kaufen. Der Täter, der eine FFP2-Maske und einen Kapuzenpulli trug, dürfte also offenbar über Insiderwissen verfügt haben. Nach einer Anzeige von Omar S. begann die Polizei zu ermitteln. Skurril: Nach wenigen Tagen hängte ein Unbekannter ein weißes Plastiksackerl mit 73.500 Euro an den Türgriff von Omar S.' Wohnung.

Names in U-Haft genommen

Aufgrund von DNA-Mischspuren an einer Schulterpartie der Jacke von Omar S., die von Names stammten, wurde der Syrer ins Visier genommen. Im September 2023 wurde er verhaftet: "Ich war ganz normal in der Arbeit, da kam plötzlich die Kriminalpolizei zu mir. Die Beamten sagten, dass ich auf die Polizeiinspektion mitkommen muss. Dort erfahre ich, was los ist", erzählt der 23-Jährige.

In der Vernehmung erklärte Names den Beamten, dass er zum Tatzeitpunkt gearbeitet hatte. Doch da er allein gewesen war, konnte niemand das Alibi bestätigen. Der Syrer wurde in U-Haft genommen: "Ich war komplett im Schock. Du schaust nur die vier Wände an und weißt nicht, wie die Lage ist. Es ist schrecklich!"

„Ich habe gefragt: 'Warum wollen Sie unbedingt, dass ich in den Knast gehe? Ich bin kein Krimineller“
Namesin seiner Einvernahme zu den Beamten

Da die DNA-Mischspuren nicht ausreichend waren, wurde Names nach 48 Stunden aus der U-Haft wieder entlassen. Doch die Ermittler ließen nicht locker: Für sie stand fest, dass der 22-Jährige der Täter ist. Aufgrund einer Funkzellenabfrage in der Nähe des Tatorts konnte schließlich festgestellt werden, dass Names' Handy dort etwa 40 Minuten vor dem Überfall eingeloggt gewesen war.

Das reichte den Ermittlern als Beweis: Names wurde im November 2023 erneut festgenommen: "Das war der Schock meines Lebens", berichtet er. Immer wieder beteuerte er vor den Beamten seine Unschuld: "Ich habe gefragt: 'Warum wollen Sie unbedingt, dass ich in den Knast gehe? Ich bin kein Krimineller. Ich arbeite ganz normal, zahle meine Steuern wie alle."

Zeugin und Opfer erkannten ihn nicht wieder

Am 14. Februar 2024 musste sich der 23-Jährige schließlich vor Gericht wegen schweren Raubes verantworten – ihm drohten bis zu 15 Jahre Haft. "Das ist der ungewöhnlichste Raub, der mir jemals untergekommen ist. Ich habe nie verstanden, warum Names überhaupt verdächtigt wurde. Man hat gar nicht in Betracht gezogen, dass es irgendwer anderer sein kann", erklärt sein Anwalt Michael Dohr.

Rechtsanwalt Michael Dohr (hinten) verteidigte Names vor Gericht.
Denise Auer

Mehrere Tatsachen retteten Names schließlich vor einem Schuldspruch: Weder eine Augenzeugin, noch das Opfer selbst erkannten den Syrer vor Gericht wieder. Stattdessen sagte Omar S. im Zeugenstand aus, dass der Täter "großgewachsen, dünn und dunkelhäutig" gewesen sei, und er Names noch nie gesehen hätte.

6.000 Euro Haftenschädigung

Der Syrer wurde freigesprochen – "Heute" berichtete über den Prozess: "Das ist so ein Gefühl, dass du sagst, endlich bin ich draußen", freut sich der Wahl-Wiener. Der 23-Jährige – er erhielt 6.000 Euro Haftentschädigung für die 108 Tage in Haft und 10.000 Euro Anwaltskostenersatz – spürt noch immer die Folgen der U-Haft, hat Schlafstörungen. "Ich will einfach mein Leben weiterleben", wünscht sich der ehemalige, unschuldig Inhaftierte.

{title && {title} } red, {title && {title} } Akt. 21.03.2025, 07:43, 21.03.2025, 06:30
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