Politik
"Von Kinderarmut kann keine Rede sein"
Die Reform der Mindestsicherung brachte Türkis-Blau auch viel Kritik ein. Sozialministerin Hartinger-Klein ist vom Projekt aber restlos überzeugt.
Die türkis-blaue Bundesregierung treibt die Reform der Mindestsicherung weiter voran. Künftig soll die Hilfsleistung österreichweit auf 863 Euro monatlich harmonisiert werden, außerdem soll es zu empfindlichen Kürzungen bei nicht ausreichenden Deutschkenntnissen kommen ("Heute" berichtete).
Regierung verteidigt umstrittenes Reformprojekt
Trotz der angedachten Kürzungen bemüht sich vor allem die FPÖ seit Wochen darum, die geplante Reform als eine Abkehr von der "sozialen Kälte der SPÖ" darzustellen. Aber auch Kanzler Kurz selbst sah sich schon bei mehreren Gelegenheiten dazu veranlasst, die Reformpläne der Bundesregierung gegen teilweise heftige Kritik zu verteidigen. Während für den Koalitionspartner Fairness-Gedanken im Vordergrund zu stehen scheinen, war es Kurz aber vor allem wichtig zu betonen, dass es ihm und der VP primär um das "Abstellen von falschen Anreizen" gehen würde.
Hartinger sieht keine Gefahr für Kinderarmut
Am Montag legte die Sozialministerin in einer eigens einberufenen Pressekonferenz dann noch einmal nach. Die vielfach geäußerte Befürchtung, dass durch die Kürzung der Mindestsicherung Kinder künftig verstärkt von Armut betroffen sein könnten, wollte die Ministerin so nicht gelten lassen.
Es sei schlicht falsch zu behaupten, dass es künftig ab dem dritten Kind nur mehr 43 Euro Aufschlag zu Beihilfe geben soll, erklärte die Ministerin. Denn: Laut der Sozialministerin müsse man stets die Gesamtsumme beachten. Hartinger-Klein plädiert daher dafür, dass die Familienbeihilfe ebenso zur Mindestsicherung bei Kindern aufgerechnet werden müsse, wie auch andere Teilzahlungen. So gesehen liege der Betrag für jedes Kind dann aber bei 330 Euro im Monat - von Kinderarmut könne daher nicht gesprochen werden, betonten sowohl die Sozialministerin wie auch der ebenfalls anwesende FPÖ-Klubobmann Johann Gudenus.
Wie geht es mit der Notstandshilfe weiter?
Völlig offen ist aber nach wie vor, wie die Notstandshilfe in Zukunft geregelt werden soll. Hartinger-Klein bemühte sich aber am Montag erneut darum zu bekräftigen, dass die Notstandshilfe "als Versicherungsleistung" auch weiterhin existieren solle. Zwischenzeitlich war ja auch über die Abschaffung der Hilfsleistung nachgedacht worden.
Hartinger-Klein erbittet in diesem Punkt noch etwas Geduld. Momentan sei man im Sozialministerium noch damit beschäftigt die entsprechenden Daten mithilfe von Algorithmen zu analysieren. Vorerst müsse man aber die Ergebnisse dieser detaillierten Untersuchung noch abwarten, so die Ministerin.
Neos haben Gegenmodell zur Mindestsicherung-Neu
Wenig begeistert von der angedachten Reform der Bundesregierung ist man bei den Neos. Deshalb präsentierten heute Neos-Parteichefin Beate Meinl-Reisinger und Sozialsprecher Gerald Loacker das "liberale Bürgergeld" als Alternative zur Mindestsicherungsreform.
Das "liberale Bürgergeld"der Neos soll als negative Einkommenssteuer konzipiert werden und soll sich der Höhe nach nach den aktuellen Beträgen der Mindestsicherung richten. Anspruch auf das "liberale Bürgergeld" hätten demnach alle Personen die nichts, oder nur sehr wenig verdienen würden. Außerdem sind im Bürgergeld nach Neos Vorstellung im Gegensatz zur aktuell geplanten Reform der Mindestsicherung deutlich höhere Zuverdienstgrenzen vorgesehen –davon erhofft man sich bei den Neos deutlich bessere Anreize um selbst wieder arbeiten zu gehen.
Die Details zur Mindestsicherung-Neu
Im Folgenden finden Sie einige der wichtigsten Neuerungen der neu ausgestalteten Mindestsicherung.
Einzelperson Maximal 863,04 Euro/Monat, zwölfmal im Jahr.
Paare Für eine weitere im Haushalt lebende erwachsene Person gibt es künftig nur noch 345,20 Euro zusätzlich (bisher: 431,5 €).
Familien Für Kinder gibt es künftig gestaffelte Beiträge – für das erste 215, das zweite 129, ab dem dritten 43 Euro. Hier will man verhindern, dass Mehrkindfamilien ein so hohes Haushaltseinkommen haben, dass kein Anreiz für Eltern besteht, sich Jobs zu suchen.
Alleinerziehende Bonus pro Kind (gestaffelt von 100 bis 25 €).
Asylwerber Bei schlechten Deutsch- oder Englischkenntnissen, mangelnder Integration oder bei Fehlen eines Pflichtschulabschlusses wird die Leistung um 300 € auf 563 € gekürzt. Den Differenzbetrag erhalten sie in Form
von Sprach- und Job-Kursen.
Drittstaatenangehörige Angehörige von Nicht-EU-Ländern haben erst nach fünf Jahren Anspruch auf Mindestsicherung. Ausnahme: Asylberechtigte (nicht -werber!) – diese sind Inländern gleichgestellt.
Menschen mit Behinderung sollen Zuschläge erhalten, um das Armutsrisiko zu senken. Und: Wer Mindestsicherung beziehen will, muss sein Vermögen bis auf 5.200 Euro (bisher: 4.188) aufbrauchen. (red)