Gesundheit
Covid-19-Impfung soll Menstruation verschlimmern
Früher, stärker, länger: Immer mehr Frauen berichten nach der Corona-Impfung von einem veränderten Zyklus. Jetzt nehmen sich Forschende dem Thema an.
Ein schwerer Arm und grippeähnliche Symptome – das sind die Nebenwirkungen, die nach einer Impfung gegen Covid-19 am häufigsten auftreten. Sie sind lästig, aber nicht weiter schlimm: Sie zeigen, dass das Immunsystem arbeitet. Zudem klingen sie meist schon nach kurzer Zeit von alleine wieder ab. Darauf hoffen viele Frauen auch bei einem bislang weniger bekannten Symptom. Es scheint, als könnten die Corona-Impfstoffe auf mRNA-Basis auch den Menstruationszyklus beeinflussen.
Vor allem auf Twitter häufen sich entsprechende Hinweise. Den Stein ins Rollen brachte Kate Clancy. Die medizinische Anthropologin von der University of Illinois teilte dort ihre eigenen Erfahrungen: "Anderthalb Wochen nach der ersten Moderna-Dosis habe ich meine Periode einen Tag oder so früher bekommen und sprudele, als wäre ich wieder in meinen Zwanzigern." Nun frage sie sich, ob andere Menstruantinnen auch Veränderungen bemerkt haben.
Viele Rückmeldungen
Lange musste Clancy nicht auf Antworten warten. "Jetzt wo du es sagst: Ich war nach der ersten Dosis eine Woche zu früh dran und sie war etwas schwerer als sonst", berichtet Twitter-Nutzerin Shannon Servoss. Bei Becky Smith war es dagegen genau umgekehrt: "Bei mir kam sie nach der ersten Dosis von Pfizer/Biontech fünf Tage zu spät und fiel leichter als normal aus." Eine andere Userin schreibt, sie habe das Moderna-Vakzin am letzten Tag ihrer Periode bekommen und "neun (!!!!) Tage später bekam ich eine weitere – es war ein Albtraum." Nutzerin Sara Monahan menstruierte nach dem Piks 15 Tage.
Angesichts der zahlreichen Rückmeldungen hat Clancy nun angekündigt, die Zyklus- und Blutungsveränderungen weiter zu untersuchen. Denn wissenschaftlich betrachtet wurde das Phänomen bislang noch nicht. Die Gründe dafür sind noch unklar.
Stress könnte eine Erklärung sein
Laut Daniel Surbek, Co-Klinikdirektor und Chefarzt Geburtshilfe und feto-maternale Medizin am Universitätsspital Bern, könnte etwa Stress eine Rolle spielen: "Der Menstruationszyklus ist ein komplexer physiologischer Vorgang, der primär hormonell gesteuert ist." Durch körperlichen oder psychischen Stress, wie er rund um die Impfung vorkommt, könnte es zu einer Hormonveränderung kommen, die eine veränderte Menstruation zur Folge hat.
Auch das Immunsystem selbst könnte laut Surbek ausschlaggebend sein. Durch die Impfung wird es aktiviert und die Gebärmutterschleimhaut ist Teil davon: Sie besteht zum großen Teil aus Immunzellen, die es beim Aufbau, Erhalt und Abbau der Gebärmutterschleimhaut braucht.
„"Nach einer Impfung zirkulieren viele chemische Signale im Körper, die das Potenzial haben, Immunzellen zu beeinflussen."“
"Nach einer Impfung zirkulieren viele chemische Signale im Körper, die das Potenzial haben, Immunzellen zu beeinflussen. Dies könnte dazu führen, dass sich die Gebärmutterschleimhaut ablöst und es zu Schmierblutungen oder einer früheren Periode kommt", erklärt Victoria Male, Reproduktionsimmunologin am Imperial College London, zu BBC.com.
Was bedeutet das für Impfungen in der Schwangerschaft?
Während die Gründe für die Veränderungen noch nicht gänzlich geklärt sind, ist eins laut Reproduktionsimmunologin Victoria Male jedoch sicher: Die Beobachtungen bedeuten nicht, dass die Covid-19-Impfungen eine Gefahr für Schwangere darstellen würde: «Während der Schwangerschaft halten verschiedene Prozesse die Gebärmutterschleimhaut aufrecht.» Es gebe keinerlei Hinweise darauf, dass eine Impfung während der Schwangerschaft ein Risiko darstellt.
Störung nur vorübergehend
Einen weiteren Erklärungsansatz hat Alexandra Alvergne von der britischen Oxford University. Ihr zufolge wisse man, dass Entzündungen den Zeitpunkt des Eisprungs beeinflussen. "Dies kann der Fall sein, wenn Menschen krank sind und Fieber haben", so die Reproduktionsmedizinerin. "Aber auch Impfstoffe lösen Entzündungsreaktionen im Körper aus." Frühere Studien deuteten zudem darauf hin, dass Menschen mit Entzündungen schmerzhaftere Periode haben.
Alle Theorien könnten auch erklären, warum viele Frauen auch nach einer Covid-19-Erkrankung von unregelmäßigen Zyklen, ungewöhnlicher Blutgerinnung und stärkeren Schmerzen berichten. Von 177 Frauen, die im Rahmen einer im Fachjournal "Reproductive BioMedicine Online" veröffentlichten Studie ihre Periode dokumentierten, meldeten 25 Prozent Menstruationsvolumenänderungen, 20 Prozent hatten eine leichtere als übliche Periode und 19 Prozent hatten einen längeren Zyklus als üblich.
Grund zur Sorge, dass die Mens dauerhaft anders bleibe, besteht gemäß den Fachleuten nicht. So würden etwa Grippe- und HPV-Impfungen die Menstruation auch nur vorübergehend beeinträchtigen. Dass es auch beim Covid-19-Vakzin so sein dürfte, deutet auch Anthropologin Clancy an: Ihre Periode sei nach der zweiten Corona-Impfung "nicht annähernd so schlimm wie nach der ersten Dosis" gewesen. Nach dieser Erfahrung rechne sie damit, dass beim nächsten Mal wieder alles beim Alten sei.