Politik
"Es wird unerträglich" – Experte macht Schock-Ansage
Im April sollen viele Mieten in Österreich um gleich satte 8,6 Prozent steigen! Zwei Experten sprachen am Dienstagabend in der "ZIB 2" nun Klartext.
Die nächste Belastung steht kurz vor der Tür: Wohnen wird nämlich schon wieder teurer! Die Arbeiterkammer Wien hat berechnet: Ab 1. April 2023 werden die Richtwertmieten um stolze 8,6 Prozent steigen – für Mieter sind das durchschnittliche Mehrkosten von rund 490 Euro im Jahr. "Jeder muss Wohnen, daher ist im besten Sozialstaat der Welt Wohnen leistbar für alle", stellte Thomas Ritt, Leiter der AK Abteilung Kommunal & Wohnen, vor wenigen Tagen klar.
Die Richtwertmieten werden im April um saftige rund 8,6 Prozent ansteigen – betroffen sind rund 776.000 Mieter in Österreich. "Sie haben durch diese Teuerung Mehrkosten von rund 162 Millionen Euro", so Ritt. Für einen Mieter im privaten Altbau sind das österreichweit durchschnittliche Mehrkosten von knapp 490 Euro im Jahr (bei einer durchschnittlichen Wohnungsgröße von 65 Quadratmetern).
"Es wird immer enger"
Eine Familie in einer 90 Quadratmeter Wohnung wird in Wien rund 620 Euro und in Vorarlberg rund 960 Euro jährlich mehr an Miete zahlen (kommen zum Richtwert noch Zuschläge hinzu, wird es noch teurer). "Bei vielen wird es immer enger mit den ganzen Teuerungen – und jetzt schon wieder eine saftige Mieterhöhung. Vor allem Junge können da kaum mehr mit. Im besten Sozialstaat der Welt ist Wohnen leistbar für alle", so Ritt.
Das Thema Mieten und Preiserhöhungen beim Wohnen sorgt in Österreich jedenfalls für viel Gesprächsstoff und natürlich auch für Schlagzeilen. Und genau darüber diskutierten am Dienstagabend Thomas Ritt – Mietexperte der Arbeiterkammer – und Martin Prunbauer – Präsident des Österreichischen Haus- und Grundbesitzerbunds – bei ORF-Moderator Armin Wolf in der "Zeit im Bild 2".
Angesprochen darauf, warum die Mieten um fast neun Prozent – also wie die allgemeine Inflation – steigen sollen, antwortete Prunbauer: "Wir haben auf der einen Seite den Baukostenindex, den man heranziehen könnte. Das ist in den letzten Jahren von Mieterseite immer abgelehnt worden, weil der ein vielfaches an Höhe gebracht hätte als der Verbraucherpreisindex."
"Mieten stark gestiegen"
Und weiter: "Wesentlich für mich ist aber, dass der Verbraucherpreisindex auch für andere gilt. Wenn ich jetzt investieren will oder investieren muss, dann muss ich auch den entsprechenden Wert der Miete zumindest erhalten. Das ist aber ohnehin nur ein Teil von dem, was die Instandhaltung der Wohnung kostet. Diese Erhöhung liegt nämlich deutlich darüber." Man müsse daher aufpassen, in welchem Bereich man sich hier bewegt.
Darauf entgegnete Thomas Ritt: "Die Mieten sind in den letzten zehn Jahren doppelt so stark gestiegen, wie die Inflationsrate. Da war nichts zum Vorteil der Mieter. Die Einnahmen der Vermieter sind seit 2008 um 123 Prozent gestiegen. Wir sehen hier enorme Sondergewinne und jetzt noch zehn Prozent drauf!" Und: "Es wird für viele unerträglich", stellte Ritt daher klar.
"Kann mir Miete nicht mehr leisten"
Der Experte nannte daraufhin ein Beispiel: "Ein Herr, 1030 Wien, sagte, seine Miete wurde schon zwei Mal erhöht und jetzt noch einmal 790 auf 950 Euro und erklärt: 'Ich kann mir die Miete nicht mehr leisten!'" Für die Menschen seien die Erhöhungen unerträglich und es brauche nun eine politische Handlung.
Martin Prunberger ließ sich das nicht gefallen und konterte: "Ich könnte Ihnen genauso Beispiele von Hauseigentümern zeigen, die auch nicht genügend Geld haben, das Haus zu erhalten. Ich muss aber schon den Wert erhalten haben!" Zwischen den beiden Experten entbrannte daraufhin eine hitzige Debatte, bei der man nicht wirklich auf einen Nenner zu kommen schien.
Streit-Gespräch im ORF
Knapp 13 Minuten lang dauerte das Gespräch von Armin Wolf mit den beiden Experten, die sich in der Sendung eine heftige Diskussion lieferten – das gesamte Streit-Gespräch gibt es im Video oben. Für Thomas Ritt steht jedenfalls fest: "Die Lage ist ernst!"
"Doch was wären ihre konkreten Vorschläge, was man machen sollten, bevor im April die Mieterhöhungen greifen?", wollte Wolf von Ritt wissen. Darauf antwortete der Mietexperte: "Die Regierung hat uns einen großen "Mietrecht-Konvent" versprochen, der ist leider nicht da! Man muss die Mieten kurzfristig auf zwei Prozent deckeln oder auch die befristeten Mietverträge abschaffen und etwas gegen Spekulation tun und Airbnb eindämmen!"
Info
Gewöhnlich werden die Richtwertmieten alle zwei Jahre per 1. April an die Inflation angepasst. 2021 hat die Regierung aufgrund des Drängens von AK und Mietervereinigung die Anpassung ausgesetzt, um Mieter:innen in der Corona-Pandemie zu entlasten und auf 2022 verschoben. Die Mieten stiegen im Vorjahr um fast sechs Prozent. Nun steht die nächste Mietteuerung an (ab April für neue, ab Mai für laufende Verträge).
Die Erhöhung der Richtwerte veröffentlicht das Justizministerium im März. Wer einen Mietvertrag etwa in einem privaten Altbau – errichtet vor 1945 – nach dem 1. März 1994 unterschrieben hat, unterliegt dem Richtwertsystem. Die Erhöhung betrifft also alle in den vergangenen 27 Jahren abgeschlossenen Verträge, da sie (oft) entsprechende Anpassungsklauseln im Vertrag haben sowie Neuverträge. Die Richtwerte sind je nach Bundesland unterschiedlich hoch.