Politik

"Geständnis reicht nicht" – Experte lässt im ORF aufhorchen

Wirtschaftsstrafrechtler Robert Kert (Wirtschaftsuniversität Wien) äußerte sich am Dienstag in der ZIB2 zur Kronzeugenregel und den Chatermittlungen.

André Wilding
Wirtschaftsstrafrechtler Robert Kert in der ZIB2
Wirtschaftsstrafrechtler Robert Kert in der ZIB2
Screenshot/ ORF

Paukenschlag am Dienstag in Österreich! Thomas Schmid, Ex-Generalsekretär im Finanzministerium und Chef der Staatsholding ÖBAG, will Kronzeuge werden. Das hat die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) offiziell bekanntgegeben. Seit Juni hätten insgesamt 15 Vernehmungen stattgefunden.

Die Behörde prüfe nun die Informationen und würde dann allfällige Ermittlungen durchführen, heißt es in dem Schreiben. Der 46-Jährige spielt eine zentrale Rolle in der Affäre rund um Chat-Nachrichten zwischen hochrangigen ÖVP-Mitgliedern, darunter auch Sebastian Kurz"Heute" berichtete.

Schmid belastet Kurz massiv

In den 15 Einvernahmen belastet Thomas Schmid den Ex-Kanzler dabei massiv. "Wir haben Dinge getan, die nicht in Ordnung waren." Ein wesentlicher Baustein am Weg dorthin wäre seine Mutter gewesen: "Sie hat mir gesagt, wir haben dich nicht so erzogen. Wenn du etwas falsch gemacht hast, dann steh dazu und das mit allen Konsequenzen."

Der ehemalige ÖBAG-Chef hat bei der Staatsanwaltschaft einiges Belastendes erwähnt und er will – wie bereits erwähnt – den Kronzeugenstatus. Doch was bedeutet das eigentlich genau und wie geht es jetzt weiter?

Wirtschaftsstrafrechtsprofessor Robert Kert von der Wirtschaftsuniversität Wien war am Dienstagabend zu Gast in der "Zeit im Bild 2" und stand dabei ORF-Moderator Martin Thür zur Kronzeugenregel sowie den Chat-Ermittlungen ausführlich Rede und Antwort.

Der Experte stellte dabei zu Beginn an klar, dass der Zeitpunkt eines möglichen Kronzeugenstatus recht spät sei, da die Ermittlungen bereits seit geraumer Zeit laufen. "Grundsätzlich denkt man sich: 'Der Kronzeuge muss vor Beginn des Ermittlungsverfahrens herantreten", erklärte Kert. In der Praxis funktioniere das aber nicht, denn: "Die Leute reden eben erst, wenn es schon knapper ist!"

"Er muss mehr bieten"

Die Frage sei zudem auch, wie freiwillig an die Staatsanwaltschaft herangetreten worden ist. Das sei die Voraussetzung für einen Kronzeugenstatus und auch die Frage, "wie viel Neues" man noch bieten könne, um den einen solchen Status rechtfertigen zu können. "Was nicht ausreicht, ist das Geständnis", erklärt Kert. Thomas Schmid müsse mehr sagen und mehr Beweismittel bieten. "Das ist erforderlich!"

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    Ex-ÖBAG-Boss Thomas Schmid (hier rechts im Bild mit Haube) kommt mit seinem Anwalt zur Einvernahme.
    Ex-ÖBAG-Boss Thomas Schmid (hier rechts im Bild mit Haube) kommt mit seinem Anwalt zur Einvernahme.
    "Heute"/Helmut Graf

    Es reiche nicht aus, wenn Schmid etwas wiederhole, was bekannt ist. "Er muss mehr bieten!" Schmid sei immerhin ein wesentlicher Teil des Ganzen und das Gesetz verlange hier eine Abwägung zwischen dem Tatbeitrag und dem, "was er offen legt".

    Sabine Beinschab hat den Kronzeugenstatus bereits, ist das ein Problem? "So genau weiß man das nicht, das Gesetz schließt es aber nicht aus", erklärt der Experte in der ZIB2. Es gehe nun darum, dass Thomas Schmid Dinge offen legt, "die bisher nicht bekannt waren." Das sei die entscheidende Voraussetzung.

    Staatsanwaltschaft prüft Aussagen

    Aus der Sicht von Kert sei Schmid aber in einer schlechteren Position als Beinschab, denn sie habe ihre Aussagen bereits früher gemacht. "Er ist der Zweite und muss nun mehr bieten, als Beinschab geboten hat." Ein gewisses Risiko sei Schmid also mit der Kronzeugenregelung durchaus eingegangen.

    Die Staatsanwaltschaft müsse nun genau untersuchen, was die Aussagen von Thomas Schmid wert sind und ob diese auch auf der Wahrheit beruhen. Die Staatsanwaltschaft müsse also weiter ermitteln und ihn auch weiter einbeziehen. Die Aussagen müssten aber überprüft werden, ob diese auch den Tatsachen entsprechen.

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      Thomas Schmid belastet Sebastian Kurz in 15 Einvernahmen massiv.
      Thomas Schmid belastet Sebastian Kurz in 15 Einvernahmen massiv.
      Screenshot/ HEUTE

      Doch wie schwer wiegen die Aussagen eigentlich von Schmid? "Ich kann nicht die Beweise würden! Es war aber immer schwer zu sagen, wer von was gewusst hat. Insofern denke ich mir, ist es schon wichtig für das Verfahren, wenn einer der führenden Leute in dieser Sache auspackt." 

      "Problem in der ÖVP"

      Für den Politik-Experten Peter Filzmaier steht aber ohnehin fest: "Wie immer die Sache rechtlich ausgeht, politisch hat die ÖVP ein weiteres großes Problem!" Denn: "Politisch handelt es sich um höchstrangige ÖVP-Politiker und da geht es um das absolute Spitzenpersonal."

      Für alle genannten Personen gilt die Unschuldsvermutung.

      Das ist die Causa Thomas Schmid
      Thomas Schmid galt als einer der engsten Verbündeten von Ex-Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP). Seit 2015 war er Generalsekretär im Finanzministerium, wo er bereits seit 2013 als Kabinettschef tätig war. Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) wirft dem Manager u.a. vor, dass er einen mit Steuergeld finanzierten illegalen Inserate- und Umfragendeal mit der Mediengruppe "Österreich" abgeschlossen habe. Durch fingierte und frisierte Umfragen soll der damalige Außenminister Sebastian Kurz in der Öffentlichkeit besonders gut und die damalige ÖVP-Spitze – Vizekanzler Reinhold Mitterlehner – besonders schlecht dargestellt worden sein. Als oberstes Ziel dürfte der politische Erfolg von Sebastian Kurz ausgegeben worden sein.
      Im April 2019 wurde Schmid dann zum Alleinvorstand der neuen Staatsholding Öbag bestellt. Nur wenige Wochen später wurde dann das Ibiza-Video, welches das Polit-Aus für den damaligen Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ) und das Ende der türkis-blauen Koalition bedeutete, veröffentlicht. Schmid löschte sein Handy – Ermittler fanden allerdings Monate später ein Backup.
      2021 wurden dann die kompromittierenden Chats öffentlich. In letzter Konsequenz bedeuteten sie das Aus für Sebastian Kurz. Schmid gilt als Beschuldigter in der ÖVP-Korruptionsaffäre. Ihm selbst wird Untreue und Bestechlichkeit zur Last gelegt – es gilt wie für alle Beteiligten die Unschuldsvermutung. Den anderen 45 Beschuldigten, es handelt sich um natürliche Personen und Verbände, werden zudem falsche Beweisaussage, Missbrauch der Amtsgewalt, Bestechlichkeit, Bestechung und die Verletzung der Amtsgeheimnisse vorgeworfen.

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