Klimaschutz

Klima-Experte rüttelt mit Schock-Ansage im ORF wach

Der UN-Klimagipfel war ein Versagen auf (fast) ganzer Linie. Der Welt laufe die Zeit davon, warnt jetzt Klimaexperte Karl Steininger im ORF.

Roman Palman
Klimaökonom Karl Steininger in der ZIB2 am 20. November 2022 mit Marie-Claire Zimmermann.
Klimaökonom Karl Steininger in der ZIB2 am 20. November 2022 mit Marie-Claire Zimmermann.
Screenshot ORF

Sämtliche Erwartungen an die UNO-Klimakonferenz gingen im Roten Meer baden: das Ergebnis der zweiwöchigen COP27-Debatten im ägyptischen Scharm el-Scheich ist eine Schande für den internationalen Klimaschutz und alle 195 teilnehmenden Staaten.

Herzstück der händeringend irgendwie abgeschlossenen Resolution ist ein Finanztopf für die Folgen von Klimaschäden in ärmeren Ländern. Zumindest auf einen schrittweisen Kohle-Ausstieg konnte man sich verständigen, doch ein längst überfälliges Bekenntnis zum Abschied von Öl und Gas findet mit keinem Wort Erwähnung in der Abschlusserklärung.

 "Die erzielte Einigung bei der COP27 ist ernüchternd. [...] Die Welt ist nicht auf dem richtigen Kurs. Ich habe den Eindruck, vielen ist nicht klar, dass unsere Existenz auf dem Spiel steht", reagierte Bundespräsident Alexander Van der Bellen fassungslos auf die sogenannten Ergebnisse.

Auch Klimaschutzministerin Leonore Gewessler (Grüne), die persönlich Österreich in Ägypten vertreten hatte, musste am Ende feststellen: "Das Ergebnis ist enttäuschend. Bei der Emissionsreduktion sind wir keinen wesentlichen Schritt vorangekommen. Zu vielen Ländern fehlt noch der Mut für mehr Entschlossenheit und Tempo beim Klimaschutz".

Klima-Experte mit düsterer Prognose im ORF

Doch woran liegt es, dass nicht einmal die niedrig gesteckten Ziele erfüllt werden konnten, enttäuscht auf ganzer Linie. Dazu sprach Klimaökonom Karl Steininger vom Wegener Center der Universität Graz am Sonntag in der ZIB2-Interview mit ORF-Moderatorin Marie-Claire Zimmermann.

Klimaökonom Karl Steininger in der ZIB2 am 20. November 2022 mit Marie-Claire Zimmermann.
Klimaökonom Karl Steininger in der ZIB2 am 20. November 2022 mit Marie-Claire Zimmermann.
Screenshot ORF

Es sei "ganz klar ein wichtiges Signal", aus Solidarität Länder zu unterstützen, die in Folge des Klimawandels heftige Schäden auf eigenem Staatsgebiet erleiden würden. Dennoch, so zeigt sich auch Steiniger enttäuscht, das Hauptziel, nämlich ein Ausstieg aus klimaschädigenden Handlungen, sei wieder einmal verfehlt worden. "Wenn wir nur die Symptome bekämpfen, aber nicht die Ursache, habe ich nichts gewonnen".

"Freikaufen alleine hilft niemandem"

Am Beispiel eines Hausbaus erklärt er: In Paris habe man damals ein gutes Fundament gelegt, doch man habe es bislang verabsäumt Wände und Dach zu errichten, obwohl das drohende Gewitter immer näher komme.

Bei dem nun initiierten Klimafonds müssten auf Einzahlerseite unbedingt nicht nur die Industrieländer, sondern auch Schwellenländer wie China aufgenommen werden. Letzteres sei bereits die zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt und auch der größte Emittent klimaschädlicher Treibhausgase.

Klimaökonom Karl Steininger in der ZIB2 am 20. November 2022 mit Marie-Claire Zimmermann.
Klimaökonom Karl Steininger in der ZIB2 am 20. November 2022 mit Marie-Claire Zimmermann.
Screenshot ORF

Der Klimaexperte äußert im ORF die Hoffnung, dass die Dotierung des neuen Fonds nicht nur groß genug werde, um wirklich einen Unterschied zu machen, sondern, dass auch "neues Geld" hineinfließt und nicht nur bisherige Entwicklungshilfen dorthin umgeleitet werden. 

"Das Freikaufen alleine hilft keinem der Länder, nicht mal China", konstatiert Steininger. Vom Klimawandel seien alle betroffen, auch Industrie- und Schwellenländer.

"Wir haben es in der Hand"

Dennoch, das ist alles noch zu wenig. Auch der Grazer Forscher stellt im Interview klar: die Zeit läuft uns davon.

Die bisherigen Versprechen der Länder, wenn sie denn eingehalten werden, würden zu einer Erderwärmung um 2,5 Grad führen. Allein das würde den verfügbaren Lebensraum auf der Erde drastisch reduzieren, für unsere Kinder müssten wir endlich den Hebel herumreißen, so Steininger:

"Wir haben es in der Hand, dauerhaft auf 1,5 Grad herunterzukommen. Ich schätze es aber so ein, dass wir es nicht ohne Überschießen, also zwischenzeitlich höhere Temperaturen, schaffen." Doch auch das sei "viel viel besser" als alles andere.

Gewaltiger Unterschied

COP27 habe es nicht geschafft von der Ebene der Ziele, auf die Ebene von tatsächlichen und verpflichtenden Handlungen zu verlegen. Jetzt müsse endlich gehandelt werden, denn der Unterschied zwischen 1,5 und 2,5 Grad sei massiv: "In einer Welt haben wir noch Korallenriffe und See-Eis in der Arktis", so der Experte.

Auch schreckliche Hitzewellen würden sich massiv ausweiten. Bei dem 1,5 Grad Ziel beträfen diese rund 15 Prozent der Weltbevölkerung, bei 2,5 Grad schon 40 Prozent. Auch bei ihm in der Steiermark könne man es in der Landwirtschaft sehen: "Der Mais steht noch auf den Feldern weil er vertrocknet ist. Er ist nicht geerntet worden."

"Wir haben die Zeit wirklich nicht."

"Wir haben die Zeit wirklich nicht. Wir müssen ganz schnell mit den Emissionen herunterkommen", so Steininger in aller Deutlichkeit. Es brauche jetzt dringend mehr Druck auf Staaten und Bürger: "Wir brauchen die Strukturen, dass die klimafreundliche Lebensweise zur einfachsten wird". 

Nach diesen horriblen Aussichten wünschte der Klimaökonom den Zuschauern zum Abschied noch "eine gute Woche mit vielen klimaneutralen Aktivitäten".

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