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Wiener schaut "komisch", muss 5.600€ Strafe zahlen
In Wien-Liesing sorgte ein Gerichtsurteil für viel Wirbel: Weil ein Wiener seinen Nachbarn "komisch" ansah, muss er dessen Autoschaden zahlen.
"Heute"-Leser Semir* (Name von der Redaktion geändert) traute seinen Augen nicht, als er im Jänner zum Bezirksgericht Liesing vorgeladen wurde. Der Grund: Der 21-Jährige soll den Wagen seines Nachbars in seiner Gemeindebau-Garage beschädigt haben. Ausschlaggebend für das Gerichtsurteil soll dabei sein "komischer" Blick gewesen sein.
"Kein einziger Beweis gegen mich" – Wiener muss trotzdem blechen
Semir ist Student und arbeitet nebenbei geringfügig, um sich seine täglichen Ausgaben leisten zu können. Die Einnahmen aus seinem Samstagsjob werden jedoch nicht ausreichen, um die Kosten für eine verlorene Gerichtsverhandlung zu decken, denn: Der Wiener wurde beschuldigt, das Nachbarsauto in seiner Tiefgarage zerkratzt zu haben – angeblich ohne handfeste Beweise.
Blechen muss Semir dafür jetzt ordentlich: Der 21-jährige Liesinger wurde zu einer Entschädigung von 3.697,13 Euro verdonnert, Prozesskosten von knapp 1.900 Euro lassen die Kosten-Explosion auf stolze 5.554 Euro anwachsen!
Wiener beschwerte sich über Nachbar – dieser schlug zurück
Doch wie kam es überhaupt zu dieser skurrilen Gerichtsverhandlung? "Mein Nachbar stellte unerlaubt Mopeds auf seinen Pkw-Abstellplatz, diese ragten dann auf meinen Parkplatz. Ich schilderte Wiener Wohnen den Vorfall – ab da begann der Stress!", schilderte Semir im Gespräch mit "Heute".
Ausgerechnet an Semirs Geburtstag soll er den Wagen seines Nachbarn zerkratzt haben: "Ich kann sogar beweisen, dass ich nicht einmal da war!", so der Wiener Student. Als der Nachbar den Schaden an seinem Pkw merkte, kreuzten sich in der Liesinger Parkgarage die Wege. Vor Gericht war dieses Zufalls-Treffen das Zünglein an der Waage, denn: Semir und sein Freund sahen den geschädigten Nachbarn mit "komischem" Blick an.
Leser: "Gericht hat versagt"
Das Bezirksgericht Liesing fand Semirs Verhalten zu "impulsiv" und seine Aussagen zu schwammig formuliert: Des Öfteren habe sich der Angeklagte an den besagten Tag, an dem das Auto seines Nachbarn vermeintlich zerkratzt wurde, nicht erinnern können, heißt es im Bescheid des Gerichtes.
Wie es weitergehen soll, weiß Semir nicht: "Erstens habe ich das Auto des Nachbarn nicht zerkratzt und zweitens arbeite ich geringfügig und kann das nie im Leben sofort zahlen." Über die Vorgangsweise vor Gericht ist der Wiener erschüttert: "Das Gericht hat versagt", so Semirs Fazit. Klar ist: Zahlt der Wiener nicht schleunigst knapp 5.600 Euro, droht die Zwangsvollstreckung.
Geldeintreibung hängt von Nachbar ab
Doch wann wird vollstreckt? Das Bezirksgericht Liesing klärt auf Anfrage von "Heute" auf: "Prinzipiell ist es so, dass der Kläger einen Exekutions-Antrag stellen muss, der dann wiederum ein weiteres Verfahren eröffnet. Der Beklagte kann die Zahlungsaufforderung natürlich auch ignorieren, dann kostet es später mehr", so ein Mediensprecher des Gerichts.
Bei einem Exekutionsverfahren wären neben den knapp 5.600 Euro weitere Gerichts- und Prozesskosten fällig. Ob in der Zwischenzeit Semirs Gehalt oder sogar sein Auto gepfändet wird, bleibt wohl abzuwarten ...