Hass und Anfeindungen im Netz

Wiener Frauenärztin: "Werde als Henkerin bezeichnet"

Drohbriefe und Hassbotschaften – für Mirijam Hall eine Begleiterscheinung ihres Berufs. Sie ist Gynäkologin in Wien und macht auch Abtreibungen.

Hannah  Maier
Wiener Frauenärztin: "Werde als Henkerin bezeichnet"
Mirijam Hall arbeitet als Gynäkologin in der Klinik Ottakring. Dort werden rund 200 Schwangerschaftsabbrüche im Jahr durchgeführt.
Götz Schrage

Ärztinnen und Ärzte haben wahrlich keinen einfachen Job. Wenn Hass und Anfeindungen dazukommen, hat das aber nicht nur Einfluss auf die Arbeit, sondern auch auf den privaten Alltag. Mirijam Hall weiß, wie sich das anfühlt. Sie ist Assistenzärztin für Gynäkologie und Geburtshilfe in der Klinik Ottakring und führt auch Schwangerschaftsabbrüche durch. Dazu steht sie – und bekommt dafür viel Hass und Anfeindungen.

Hass-Website

"Es gibt eine eigene Website über mich. Dort werde ich als Henkerin der Ungeborenen bezeichnet und meine Arbeit wird mit dem Holocaust verglichen", erzählt die 36-Jährige im Gespräch mit "Heute". Sie würde gegen ein Menschenrecht auf Leben für alle kämpfen und auf das Töten von Kindern wäre sie stolz – so schreiben es Abtreibungsgegner im Netz. Auch Fotos von ihrem Sohn sowie ihre Kontaktdaten wurden online geteilt. Dagegen geht Hall nun gerichtlich vor.

Druck auf Ärzte nimmt zu

Abtreibungsgegner gibt es nicht erst seit gestern. Das Thema begleitet die Ärztin schon seit 20 Jahren. Ursprünglich kommt Hall aus Salzburg. "Ich kann mich erinnern, dass es dort in meiner Schulzeit keine Anlaufstelle für Schwangerschaftsabbrüche gab. Man musste in andere Bundesländer fahren. SPÖ-Landeshauptfrau Gabi Burgstaller hat dann 2005 für Salzburg durchgesetzt, dass Abtreibungen im öffentlichen Spital möglich sind. Doch Ärzte stellten sich dagegen und es gab Proteste. Wiener Ärzte mussten dann herkommen, um Eingriffe durchzuführen", erinnert sich die Ärztin.

Schwangerschaftsabbrüche waren schon immer ein emotional aufgeladenes Thema. Proteste gibt es mitunter auch von religiösen Splittergruppen und Rechten. In den letzten Jahren merkt Hall, dass der Druck merklich zunimmt. "Wenn man in andere Länder wie Ungarn, Polen, Italien oder die USA blickt, merkt man, wie dort anhand des Themas der Abtreibungen Frauenrechte eingeschränkt werden. Mittlerweile fließt auch viel Geld in das Lobbying der Abtreibungsgegner", erzählt die Medizinerin.

"Abtreibungsgegner versuchen, mich zu bekehren"

Und sie haben teilweise Erfolg. "Im Burgenland darf man fast nicht sagen, wenn man medizinische Abbrüche anbietet. Gerade in kleineren Regionen und Versorgungsgebieten trauen sich Ärzte nicht, offen über das Thema zu reden. Ich verstehe die Kollegen. Gerade, wenn man alleine in einer Praxis ist."

Das Tabu muss endlich aufhören. Wir brauchen einen niederschwelligen und wohnortnahen Zugang zu Abbrüchen.
Mirijam Hall
Gynäkologin

Auch Hall geht mittlerweile nicht mehr alleine auf Veranstaltungen oder Events, bei denen es um Schwangerschaftsabbrüche geht. "Dort wird oft versucht, mich zu bekehren. Ich wurde auch schon beschimpft. Viele nennen als Argument das 'Post Abortion Syndrom', welches besagt, dass Frauen nach einer Abtreibung depressiv werden würden. Doch es gibt keine medizinischen Studien, die das belegen. Es ist frei erfunden."

Straffreier Schwangerschaftsabbruch gefordert

"Es muss klar werden, dass eine Frau entscheiden darf, ob sie eine Schwangerschaft austragen möchte oder nicht. Es wird immer nur über die Kinder geredet, aber nie über die Frauen", so die Frauenärztin. Sie selbst ist SPÖ-Bezirksrätin in Wien und sieht vor allem die Politik in der Verantwortung. Wichtigster Punkt: die Streichung des Schwangerschaftsabbruchs (§ 96) aus dem Strafgesetzbuch. "Dann könnte für alle Betroffenen eine wohnortnahe, öffentliche Versorgung geschaffen werde. Auch die Gewissensklausel würde fallen", so Hall.

Aktuell ist es nämlich so, dass potenzielle Mitarbeiter bei Bewerbungsgesprächen nicht gefragt werden, ob sie Abbrüche durchführen, weil Diskriminierungsschutz besteht. Versorgungssicherheit zu schaffen, gestaltet sich somit schwierig. Die Initiative "Aus Prinzip", die sich vor allem für den straffreien Schwangerschaftsabbruch einsetzt, hat Hall vor zwei Jahren mitgegründet. Auch ist sie im Vorstand der Österreichische Gesellschaft für Familienplanung (ÖGF). "Das Tabu muss endlich aufhören und Abbrüche müssen normalisiert werden", fordert die Frauenärztin.

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    Auf den Punkt gebracht

    • Die Wiener Frauenärztin Mirijam Hall wird aufgrund ihrer Tätigkeit, Schwangerschaftsabbrüche durchzuführen, mit Hass und Anfeindungen konfrontiert
    • Sie berichtet von Drohbriefen, Hassbotschaften und sogar einer Website, die sie als "Henkerin" bezeichnet
    • Der Druck auf Ärzte, die Abtreibungen durchführen, nimmt zu, und Hall setzt sich für einen straffreien Schwangerschaftsabbruch und eine öffentliche Versorgung ein
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