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Heimische Ärzte werden wegen Abtreibungen bedroht
Amnesty hat einen Bericht veröffentlicht, indem dokumentiert wird, wie medizinisches Personal von Abtreibungsgegnern eingeschüchtert wird.
Rund 30 Prozent aller Schwangerschaften werden in Österreich abgebrochen. Grundsätzlich ist die Abtreibung hierzulande verboten. Seit knapp 50 Jahren gilt allerdings die Fristenlösung, die es in den ersten drei Monaten straffrei und mit medizinischer Beratung erlaubt.
Jene Ärztinnen und Ärzte, die Schwangerschaftsabbrüche durchführen, haben offenbar selbst auf dem legalen Weg Probleme: Sie werden bedroht.
Privatadresse veröffentlicht
Das zeigt der neue Bericht von Amnesty International. Dieser dokumentiert nämlich die Anfeindungen im Berufsalltag der Mediziner. Dafür wurden Interviews mit acht Ärzten und Ärztinnen durchgeführt, die in Österreich Abtreibungen durchführen. Alle berichteten von Angriffen wie Drohbriefen oder feindseligen Demonstrationen außerhalb ihres Arbeitsplatzes.
Jene feindseligen Handlungen gehen demnach sowohl von Einzelpersonen als auch von organisierten Gruppen aus, die sich gegen einen freien Zugang zu Schwangerschaftsabbrüchen einsetzen. "Dies schafft ein bedrohliches Umfeld, das viele dazu zwingt, persönliche Kontaktdaten in öffentlichen Auskunftsregistern zu verbergen, öffentliche Veranstaltungen ohne Sicherheitsmaßnahmen zu meiden oder öffentlich zu verbergen, dass sie Schwangerschaftsabbrüche durchführen", heißt es seitens der NGO.
Ein Gynäkologe berichtete etwa, dass er sowohl im privaten als auch im beruflichen Umfeld Maßnahmen ergreifen musste, nachdem Bilder von ihm und seinem Team auf einer Webseite und seine Privatadresse im Internet veröffentlicht wurde. Eine Fachärztin behauptete, dass ein Mann regelmäßig vor ihrem Arbeitsplatz gegen den Zugang zu Schwangerschaftsabbrüchen protestiert, was ihr Sicherheitsempfinden und das ihrer Patientinnen beeinträchtigt.
Eingeschränkter Zugang
Aktuell haben es Frauen, die abtreiben wollen, nicht leicht in Österreich, vor allem am Land. Während in der Hauptstadt mehrere Ärzte und Ambulatorien zur Verfügung stehen, gibt es in Salzburg und Vorarlberg jeweils nur eine offizielle Stelle, und im Burgenland keine.
Die Anfeindungen verschärfen die Lage, da sie auch eine abschreckende Wirkung auf die Verfügbarkeit von Schwangerschaftsabbrüchen haben. Mediziner würden laut Amnesty fürchten, ihre Dienste in dem Bereich anzubieten. "Diese Herausforderungen kommen insbesondere im ländlichen Raum stärker zu tragen, da dort die Anonymität der Ärzt*innen geringer ist", heißt es etwa.
"Wer möchte schon gerne irgendwelche Plastik-Embryonen zugesandt bekommen? Die Mangelversorgung hängt sicher mit der allgemeinen Debatte zusammen", wird Barbara Maier, ehemalige Leiterin der Abteilung für Gynäkologie und Geburtshilfe am Krankenhaus Ottakring und Präsidentin der Österreichischen Gesellschaft für Familienplanung, zitiert.
Entkriminalisierung gefordert
Laut Amnesty ist der Zugang zu sicheren Schwangerschaftsabbrüchen ein Menschenrecht, das in Österreich eingeschränkt werde: "Die derzeitige Rechtslage erkennt den Schwangerschaftsabbruch nicht als Gesundheitsleistung an und fördert damit ein Klima der Stigmatisierung und Unsicherheit." Die NGO fordert die österreichische Regierung auf, den Paragraf § 96 des Strafgesetzbuches zu streichen und somit Abtreibungen zu entkriminalisieren.