Politik

Wiener FPÖ steht hinter Martin Graf

Heute Redaktion
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Die blaue Parteispitze ist am Sonntag geschlossen zur Verteidigung des mit Vorwürfen konfrontierten Dritten Nationalratspräsidenten Martin Graf ausgerückt. Allen voran stärkte FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache beim 33. Landesparteitag der Wiener Freiheitlichen seinem Parteifreund den Rücken und gab sich alle Mühe, vorrangig jene Anschuldigung zu entkräften, Graf habe fälschlicherweise als Rechtsanwalt bei zwei Nationalratswahlen kandidiert.

Die Gesinnungsgenossen dankten es ihm: Strache wurde am Nachmittag mit 99,21 Prozent als Wiener Parteichef wiedergewählt.

Strache schoss sich in seiner Verteidigungsoffensive in erster Linie auf die Medien ein. In seiner eineinhalbstündigen Rede geißelte er die "mediale Vorverurteilung" und sprach von einer "Treibjagd, die wir erleben mussten". Der FPÖ-Chef ortete Recherchemängel und appellierte an die "Moral" der Journalisten.

Der blaue Parteiobmann versicherte, Graf habe keinerlei falsche Angaben gemacht und stets korrekt als Beruf "Rechtsanwaltsanwärter" angeführt. Als Beleg präsentierte Strache heute die Kopie eines internen "Kandidatenformulars" für die Nationalratswahl 1994, auf der die Berufsbezeichnung des heutigen Dritten Nationalratspräsidenten Graf korrekt mit "Rechtsanwaltsanwärter" angegeben ist. Die fehlerhafte Bezeichnung "Rechtsanwalt" auf den Kandidatenlisten bei der Nationalratswahl 1994 bzw. 1999 sei demnach bei den Behörden oder woanders passiert, so Strache. Man greife in der FPÖ sofort durch, wenn sich jemand etwas zuschulden kommen lasse - "aber Martin Graf hat, so weit ich es überprüfen konnte, korrekt gehandelt", versicherte Strache.

Graf als Opfer der Medien stilisiert

Er rief auch dazu auf, zu warten, bis in der Frage der Gertrud-Meschar-Stiftung ein Gerichtsurteil vorliege. Und er befand: "Ich denke, dass Martin Graf, wenn er noch einmal in die Situation kommen würde, viele Dinge anders machen würde, um gar nicht erst den politischen Gegnern die Fläche zu geben, um diffamierend vorgehen zu können." Zuvor hatte bereits Generalsekretär Harald Vilimsky für Graf eine Lanze gebrochen und gegen "politisch-journalistische Auftragstäter" gewettert.

Graf selbst äußerte sich mündlich heute nicht zur Causa. Allerdings ließ er bereits vor Beginn des Parteitags ein Schriftstück verteilen. Die Vorwürfe, die gegen ihn im Zusammenhang mit der Gertrud-Meschar-Privatstiftung und den Kandidatenlisten erhoben würden, seien "allesamt falsch", hieß es in dem Folder, dessen Überschrift lautete: "Medienkampagne gegen Martin Graf. Vorwürfe und Fakten." Darin wies er u.a. den Vorwurf zurück, dass die Vorstände der Stiftung "Erbschleicherei" betreiben würden. Graf wurde heute im Übrigen als einfaches Mitglied des Wiener Parteivorstands bestätigt.

"Opfer" FPÖ teilte kräftig aus

Abgesehen von der Causa Graf dominierte bei der Veranstaltung in der Hofburg das Thema Rot-Grün. Sowohl Strache als auch der Chef des blauen Rathausklubs, Johann Gudenus, ließen kein gutes Haar an der Stadtregierung. Strache legte Bürgermeister Michael Häupl (S) gar die Pension nahe und unterstellte der "grünen Rapunzel" - gemeint war Vizebürgermeisterin Maria Vassilakou (G) - angesichts der Ausweitungspläne für das Parkpickerl, einen "Jihad" (Heiligen Krieg, Anm.) gegen Autofahrer zu führen.

Gudenus, der heute in die vierköpfige Riege der Obmann-Stellvertreter aufrückte, holte in seiner Rede ebenfalls zum Rundumschlag gegen die rot-grüne Stadtregierung aus. Wien müsse aus deren "Geiselhaft" befreit werden, umriss er die blaue Mission. Dies werde früher oder später gelingen, sah er seine Partei auf dem Weg zur Nummer eins in der Bundeshauptstadt.

Strache versteckt sich hinter "Verschwörungstheorien"

Kritik an den freiheitlichen Wortspenden kam vor allem von der SPÖ. Bundesgeschäftsführer Günther Kräuter sah ein "abstoßendes Schauspiel" einer "Täter-Opfer-Umkehr". Für Co-Bundesgeschäftsführerin Laura Rudas ist Grafs Rücktritt "überfällig". Der Wiener SPÖ-Landesparteisekretär Christian Deutsch ließ zudem wissen, dass Graf insgesamt fünfmal die Wähler getäuscht habe: Nicht nur bei zwei Nationalratswahlen, sondern auch einer Wiener Landtagswahl (2001) und zwei Donaustädter Bezirksvertretungswahlen (1996 und 2001) habe er sich mit falscher Berufsbezeichnung anführen lassen, behauptete der Rathaus-Rote.

Die ÖVP wiederum vermisste klare Worte seitens Strache. Generalsekretär Hannes Rauch befand, der FPÖ-Chef verstecke sich hinter Verschwörungstheorien, anstatt für Anstand in den eigenen Reihen zu sorgen. Alfred Hoch, Landesgeschäftsführer der Wiener Volkspartei, riet Strache zudem, sich wieder vermehrt Sachthemen zu widmen.