Gesundheit
Was Corona im Gehirn anrichtet
Der SARS-CoV-2-Erreger dringt bei einer Infektion auch ins Gehirn vor. Nun gibt es neue Erkenntnisse, was es dort bewirkt.
"Brain Fog" ("Hirnnebel") ist eines vieler Symptome des so genannten "Long Covid-Syndroms". Es beschreibt die Unfähigkeit, klar denken zu können. Der Hirnnebel ist jedoch kein exklusives Long Covid-Symptom, sondern tritt auch bei anderen Erkrankungen auf, etwa Krebs, Multiple Sklerose oder chronischer Müdigkeit.
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Aber der Corona-Erreger kann weit mehr anrichten, als verschwommenes Denken. Das Long Covid-Syndrom umfasst Beschwerden wie Kopfschmerzen, Angstzuständen, Depressionen, Halluzinationen und lebhaften Träumen bis hin zu den bekannten Geruchs- und Geschmacksanomalien. Eine Studie ergab, dass es bei mehr als 80 Prozent der untersuchten Corona-Patienten zu neurologischen Komplikationen kam. Alles Beschwerden, die im Gehirn verursacht werden. Wie das Virus die Blut-Hirn-Schranke überwindet und anschließend Nervenzellen infiziert, ist Gegenstand eifriger Forschung.
Die Blut-Hirn-Schranke ist die Grenze zwischen Blut und Zentralnervensystem. Durch die Zellen, die der Gefäßwand außen anliegen, können nur bestimmte Stoffe ins Gehirn übertreten. Dadurch wird das Gehirn vor schädlichen Stoffen, Krankheitserregern und Giften geschützt. Allerdings schaffen es manche Erreger, wie das Coronavirus oder auch Coxsackie-, Polio-, Varizellen-, Epstein-Barr- und Adenoviren in Gehirnzellen einzudringen.
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Welcher Hirnbereich ist vom Virus betroffen?
Auf der 50. Jahrestagung der Society for Neuroscience (SFN) Anfang November 2021, wurden noch nicht veröffentlichte Forschungsergebnisse vorgestellt. Es behandelte unter anderem die Frage, wohin das Virus geht, wenn es in das Gehirn eindringt. In einer Studie dazu wurden Rhesusaffen – darunter eine Untergruppe mit Diabetes – mit SARS-CoV-2 infiziert.
Nach einer Woche fanden die Forscher Spuren des Virus, bei den diabetischen Tieren in mehreren Regionen der Großhirnrinde. Das Team entdeckte auch, dass Entzündungen im olfaktorischen Cortex (Riechhirn) gleichzeitig mit dem Absterben von Neuronen (Nervenzellen) auftraten. "Der direkte Eintritt [des Virus] in das olfaktorische System, Infektionen von Nervenzellen und der Transport in mehrere Gehirnregionen sind wahrscheinlich die Ursache für neurologische Komplikationen bei COVID-19", sagt Studienleiter John Morrison. Ein Bereich, in dem das Virus in den diabetischen Affen vorhanden war, war der entorhinale Cortex, der von Morrison die "am stärksten für die Alzheimer-Krankheit anfälligste Hirnregion" bezeichnet. Sobald das Virus also da ist, kann es zu leichten kognitiven Beeinträchtigungen und Demenz führen.
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Auswirkungen auf die Hirnfunktion
Eine weitere Untersuchungslinie befasst sich mit den Auswirkungen von COVID auf die Gehirnfunktion. EEG-Messungen (Elektroenzephalographie) zeigten, dass selbst leichte COVID-Fälle zu einer veränderten Gehirnaktivität führen können. Die Forscher untersuchten 42 Personen, die positiv getestet und dann zu Hause unter Quarantäne gestellt wurden, und verglichen sie mit 14 anderen, die grippeähnliche Symptome aufwiesen, deren COVID-Testergebnisse jedoch negativ waren.
Rund vier Monate nach der Erkrankung war die durchschnittliche Stärke der Hirnströme in der Covid-19-Gruppe niedriger als bei den Kontrollteilnehmern. Weitere acht Monate später war der Effekt teilweise wieder verschwunden, doch die Gruppe der Covid-19-Patienten als Ganzes hatte auch dann noch niedrigere Werte als die Kontrollgruppe. Womöglich wirke sich die Kombination aus einer Coronavirus-Infektion und sozialer Distanzierung langfristig aus, vermutet die Gruppe.
Neue Erkenntnisse, aber noch viele Fragen
Die Erkenntnisse zeigen aber auch viele Fragen auf, die noch zu beantworten sind, etwa wie lange die neurologischen und psychiatrischen Symptome von COVID andauern und ob die verursachten Schäden zu einem höheren Risiko für Demenz und andere Komplikationen führen können. Die Pandemie wirft die Aussicht auf eine wachsende Zusammenarbeit zwischen Virologen und Neurowissenschaftlern auf. Es erinnert daran, dass das Gehirn trotz der Blut-Hirn-Schranke keineswegs undurchdringlich ist.