Gesundheit

Warum uns zu viel Achtsamkeit nicht gut tut

Achtsam und bewusst zu leben ist grundsätzlich gesund. Doch dein Zuviel kann auch nach hinten losgehen, warnt US-Psychologe Jason Linder.

Sabine Primes
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Meditieren alleine löst nicht alle Probleme.
Meditieren alleine löst nicht alle Probleme.
Getty Images/iStockphoto

In einer jüngst veröffentlichten Studie wurde die "soziale Achtsamkeit" in 31 Ländern untersucht. Österreich belegte Platz zwei hinter Japan, gefolgt von Mexiko und Israel, heißt es im Fachblatt "PNAS". Bei der sozialen Achtsamkeit, "geht es darum, dass man bei einer eigenen Entscheidung immer mit bedenkt, was das für andere Leute bedeuten kann", erklärte die Sozialpsychologin Ursula Athenstaedt von der Universität Graz gegenüber der APA. 

Österreich auf 2. Platz

Die Studenten aus Österreich präsentierten sich demnach besonders bedacht, auch anderen noch alle Optionen offen zu lassen, nachdem sie selbst zu Zug gekommen waren. Auch beim Ausmaß an sozialer Wertorientierungen weist der österreichische Teil der Studie den zweithöchsten Wert aus. Über die 31 Länder hinweg ließ sich ein Zusammenhang zwischen der Wertorientierung und der Achtsamkeit erkennen.

Worauf die frappanten Unterschiede zwischen den Ländern tatsächlich beruhen, lasse sich schwer sagen, aber man könne davon ausgehen, dass die soziale Einstellung in kleinen Gesten zeigt und Auswirkungen auf größere gesellschaftliche Strömungen haben kann. Letztlich gehe es um eine grundlegende Haltung gegenüber dem "guten Auskommen miteinander. Wenn das in stärkerer Weise etabliert ist, ist das sicher günstig für das Zusammenleben", sagt Athenstaedt.

Achtsamkeit ist gut und berechtigt, aber...

Achtsam und bewusst zu leben ist grundsätzlich gesund. Doch der Hype um das vermeintliche Allheilmittel Achtsamkeit birgt auch Gefahren, warnt der Psychologe Jason Linder.

Dabei ist Achtsamkeit an sich überhaupt nicht falsch - im Gegenteil. Tatsächlich täten viele Menschen gut daran, Achtsamkeit zu üben und zu trainieren, sich selbst zu fühlen. Wir leben in einer komplexen, hektischen Welt, in der wir vor allem funktionieren müssen. Achtsamkeit kann uns bis zu einem gewissen Grad davor bewahren, in dieser Hektik unterzugehen. Es ist aber kein Allheilmittel, als das es manchmal angepriesen wird. Für manche Probleme sind Atemübungen und Meditieren keine Lösung. 

Achtsamkeit allein löst die meisten Probleme nicht

Auch wenn wir kein Trauma zu verarbeiten haben und keine psychische Störung diagnostiziert wurde, ist es unwahrscheinlich, dass wir allein durch Achtsamkeit glücklicher und entspannter werden. Indem ich jeden Morgen zehn Minuten meditiere, verhindere ich nicht unbedingt, dass mein Job mich überfordert und mich ins Burnout treibt. Wenn mir immer mehr Aufgaben auferlegt werden und ich nicht nein sagen kann, dann reicht ein Achtsamkeitsritual einfach nicht aus.

Übermäßige Achtsamkeit kann unsere Leichtigkeit nehmen

Wenn wir es mit Achtsamkeit übertreiben, besteht auch die Gefahr, uns das Leben schwerer zu machen als nötig. Natürlich haben unsere Emotionen einen Zweck und erfüllen eine Funktion, daher ist es wichtig, sie zu spüren und darauf zu reagieren. Aber wir müssen nicht bei jedem emotionalen Impuls in einen Achtsamkeits-Wahn verfallen.

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