Ukraine
Verhindert Staudamm-Sprengung jetzt die Gegenoffensive?
In der Ukraine wurde ein wichtiger Staudamm gesprengt, die Auswirkungen könnten fatal sein. Russland wird beschuldigt, der Hintergrund scheint klar.
Die Ukraine hat nach der Sprengung des Kachowka-Staudamms Russland ein klares Motiv zugeschrieben. Russland habe offensichtlich das Ziel, unüberwindbare Hindernisse für die geplante ukrainische Großoffensive zu schaffen, behauptete Präsidentenberater Mychajlo Podoljak am Dienstag auf Twitter. Dies sei der Versuch, das Ende des Krieges hinauszuzögern und stelle ein vorsätzliches Verbrechen dar. Russland müsse international als Terrorstaat eingestuft werden. Moskau wiederum gibt Kiew die Schuld.
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"Auf einem riesigen Territorium wird alles Leben zerstört", schrieb Podoljak. "Viele Ortschaften werden zerstört; der Umwelt wird enormer Schaden zugefügt." Im Fernsehen fügte er hinzu, dass Russland mit dem Anschlag im umkämpften Gebiet Cherson die Initiative im Krieg wieder an sich reißen und die europäischen Staaten einschüchtern wolle. Das Gebiet ist zum größten Teil von russischen Truppen besetzt, sie kontrollieren auch das Kraftwerk und damit den Füllstand im Stausee. Die Gebietshauptstadt Cherson ist hingegen unter ukrainischer Kontrolle.
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Auch Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg äußerte sich bereits zur Zerstörung des Kachowka-Staudammes, diese zeige die Brutalität des Krieges in der Ukraine: "Die heutige Zerstörung des Kachowka-Staudamms gefährdet Tausende Zivilisten und verursacht schwere Umweltschäden", führt er auf Twitter aus. "Das ist eine ungeheuerliche Tat, die einmal mehr die Brutalität des russischen Krieges in der Ukraine zeigt."
Weitflächige Evakuierung
Um elf Uhr wies das ukrainische Innenministerium die Bewohner von Ortschaften entlang der Flüsse Dnipro und Koschewa dazu an, sich in Sicherheit zu bringen. Wie es auf Telegram heißt, würden Polizei und Rettungskräfte bei der Evakuierung der Gebiete helfen. Höher gelegene Gebiete in den gefährdeten Ortschaften werden als Ausweichmöglichkeiten genannt. In bestimmten Gebieten wird der dritte Stock von Gebäuden als Notfall-Rückzugsort empfohlen.
Die Sprengung des Staudamms erfolgte mit Ansage: Bereits seit Monaten werfen die beiden Kriegsparteien einander vor, den Staudamm sprengen zu wollen. Im vergangenen Oktober nannte Wolodimir Selenski eine mögliche Sprengung ein "Desaster großen Ausmaßes".
Strom- und Wasserversorgung in Gefahr
18 Milliarden Kubikmeter Wasser befinden sich in dem Stausee, das meiste davon bewegt sich nun in Richtung Süden. Doch zu dem abfließenden Wasser könnte sich schon bald ein weiteres Problem gesellen: Weil das Wasserkraftwerk Kachowka im Zuge der Sprengung zerstört wurde, könnten Teile der Regionen Cherson und Saporischschja jetzt vom Stromnetzwerk abgeschnitten werden. Zunächst hatte das ukrainische Energieministerium diesbezüglich jedoch entwarnt.
Vielerorts tut sich nun ein Fragezeichen hinsichtlich der Wasserversorgung auf. Der von Russland eingesetzte Gouverneur der Krim hat mögliche Probleme durch einen sinkenden Wasserstand des Nord-Krim-Kanals eingeräumt. Auch die südukrainischen Regionen Dnipropetrowsk, Cherson und Saporischschja werden von dem Stausee aus mit Wasser versorgt. Hier besteht akute Wassermangel-Gefahr, da die Geräte für die Wasseraufnahme nun bald oberhalb des Wasserspiegels liegen dürften.