Politik
VdB und Rendi-Wagner lassen bei Kickl Korken knallen
Blaues Auge für Mikl-Leitner in NÖ – das Polit-Beben sorgt jedoch auch in der Löwelstraße für Erschütterungen. Ein "Heute"-Kommentar.
Ein Polit-Beben. Die ÖVP muss in ihrem ewigen Machtzentrum Niederösterreich eine herbe Schlappe einstecken. Das Epizentrum des Wahlbebens lag am Sonntag zwar in St. Pölten, die Erschütterungen sind aber bis nach Wien spürbar. Überraschenderweise stärker in der Löwelstraße als am Ballhausplatz.
Mikl übersprang eigene Hürde nicht
Am Ende schaffte es Mikl-Leitner, mit ihrer blau-gelben Materialschlacht eine Mehrheit gegen die Volkspartei abzuwenden. Dass die Bundes-ÖVP – anders als 2018 am Höhepunkt der Ära Kurz – für Johanna Mikl-Leitner einen Klotz am Bein darstellte, war offenkundig. Mit "40 Prozent plus" hatte sich Mikl-Leitner die Latte schon um fast 10 Prozentpunkte tiefer als 2018 gelegt – und die Hürde (knapp) nicht übersprungen. Sie selbst hat bei den ÖVP-Wählern zwar gezogen, die Gemengelage aus Teuerung, Asyl und ORF-Skandal aber völlig unterschätzt. Ein "Stolz auf NÖ"-Wahlkampf wirkte für viele wie ein Hohn.
Udo färbt Land blauer. Auf der anderen Seite die FPÖ. Durch die von den Niederösterreichern Nehammer und Karner wieder groß gemachte Asyl-Debatte segelten die Blauen seit Wochen mit Rückenwind durchs Land; sind nach Sebastian Kurz bei diesem Thema wieder Schmied, nicht mehr Schmiedl. Am Mittwoch knallten dann endgültig die Sektkorken. Von der VdB-Ansage, Herbert Kickl auch im Falle eines FPÖ-Wahlsiegs nicht als Kanzler anzugeloben, profitiert niemand mehr als die FPÖ selbst.
FPÖ muss regieren dürfen!
Die Wortspende brachte dem Bundespräsidenten Applaus von jenen ein, die ihm weitere sechs Jahre in der Hofburg ermöglicht haben. Sie ist aber gefährlich, weil sie bei vielen Menschen das Gefühl verstärkt, dass eine Stimme für die FPÖ weniger wert ist als eine Stimme für andere Parteien. Verfestigt sich der Eindruck, dass es bessere und schlechtere Parteien gibt, wird das zu einer Bedrohung für unsere Demokratie. Wenn VdB der Meinung ist, die FPÖ müsse der Regierung fernbleiben, dann müsste er konsequenterweise auch ihr Verbot fordern. Aber so lange die Kickl-FPÖ eine im Nationalrat vertretene Partei ist, muss es auch die Möglichkeit geben, dass sie regieren kann. Das sollte eine Entscheidung der Wähler sein, nicht des Herrn Präsidenten.
Vor Wochen der Entscheidung steht auch die SPÖ. Trotz günstigster Ausgangssituation setzte es in Niederösterreich sogar ein Minus. Jene Wähler, die ÖVP verliert, gehen 1:1 an die Freiheitlichen. Auch auf Bundesebene trüben sich die Umfragewerte für Pamela Rendi-Wagner immer weiter ein. Jeder öffentliche Auftritt, jedes TV-Interview der Vorsitzenden drückt die Partei weiter nach unten. Schlimmer ist nur noch ihr Generalsekretär Christian Deutsch, der im Fernsehen jeden Esprit, jede Selbstkritik und jede Vision vermissen lässt.
SPÖ muss Vorsitzfrage klären
Wollen die Roten zurück ins Kanzleramt, bleibt jetzt nur eine Möglichkeit: Die erfolgreichen Landeskaiser Michael Ludwig, Peter Kaiser und Hans Peter Doskozil müssen das Heft in die Hand nehmen und die Bundespartei von Grund auf sanieren. Dass es mit Doskozil einen Roten gibt, der der FPÖ als Spitzenkandidat das Wasser abgraben könnte, belegen mittlerweile zahlreiche Umfragen. Und im Rathaus sitzt ein Mann, der gezeigt hat, wie man eine zerstrittene Partei eint.
Ringt sich die SPÖ nicht dazu durch, surft Herbert Kickl auf der blauen Welle bis an den Ballhausplatz. Der Hausherr dort ist seit Sonntag weiter geschwächt.