Klimaschutz
UN-Klimakonferenz – das sind die wichtigsten Ergebnisse
Die Erwartungen an den Klimagipfel in Glasgow waren riesig. Herausgekommen ist der größte gemeinsame Nenner. Die wichtigsten Beschlüsse im Überblick.
Hitzewellen. Waldbrände. Überschwemmungen. Stürme. Gletscherschmelze. Meeresspiegelanstieg. Die Warnungen über die schlimmsten Auswirkungen der Erderhitzung sind weltweit mehr als deutlich. Die Erwartungen an den Weltklimagipfel in Glasgow (COP26) waren daher auch riesig.
Im Familienkreis ist es ja schon schwierig genug, den für alle passenden Abendfilm zu finden. Und jetzt stellen Sie sich bitte Tausende Delegierte aus fast 200 Ländern der Welt vor, die über die Rettung der Welt beratschlagen, wo jede Partei ihre eigenen Vorstellungen einbringt. Eine mehr als schwierige Angelegenheit.
Samstag am Abend einigten sich dann – 24 Stunden nach ursprünglichem Zeitplan – die fast 200 Staaten auf das 1,5-Grad-Ziel, auf mehr finanzielle Unterstützung für ärmere Länder sowie auf eine "Aufforderung" zum Kohleausstieg.
Es kostete einige Verhandler viel Schweiß und Überzeugungsgeschick, auch Tränen sind geflossen, damit der größte gemeinsame Nenner unter den fast 200 Ländern gefunden werden kann – das war in den letzten Stunden des Gipfels in Glasgow sichtbar.
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Die wichtigsten Beschlüsse im Überblick
Aufruf zum Abschied von der Kohle. Es ist das erste Mal in der Geschichte von UN-Klimakonferenzen, dass Kohle - einer der größten Verursacher des Klimawandels - überhaupt in einem Vertragstext erwähnt wird. Kritisiert wird, dass in der COP26-Abschlusserklärung der rund 200 Staaten nun nicht mehr vom Ausstieg (phase-out) die Rede ist, sondern nur noch vom Abbau (phase-down). China, Indien und Südafrika haben hier massiv für eine schwächere Formulierung im Vertragstext lobbyiert.
Bekenntnis zum 1,5-Grad-Ziel. In der Abschlusserklärung bekennen sich die Länder gemeinsam zu dem Ziel, die Erderwärmung bei 1,5 Grad im Vergleich zur vorindustriellen Zeit zu stoppen. Die bislang unzulänglichen nationalen Klimaschutzpläne (NDCs) für dieses Jahrzehnt müssen nun früher nachgeschärft werden. Und zwar bis Ende 2022. Das ist drei Jahre früher als bislang vorgesehen.
In der Erklärung wird zudem festgehalten, dass der Ausstoß klimaschädlicher Treibhausgase weltweit noch in diesem Jahrzehnt um 45 Prozent sinken muss, wenn das 1,5-Grad-Limit erreichbar bleiben soll. Größter Kritikpunkt dabei: Dies alles bleibt freiwillig, es gibt keine Pflicht.
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Regelbuch für das Pariser Abkommen ist komplett
Wenn 200 Staaten miteinander verhandeln, dann sind Beschlüsse schwierig, vor allem weil sie einstimmig zu fällen sind. Jetzt ist das so genannte "Paris Rulebook" komplett. Geregelt wurde etwa, dass künftig Klimaschutzziele für fünf Jahre vorgelegt werden und nach einheitlichen Standards berichtet wird.
Bei der Frage, wie künftig Emissionsminderungen zwischen Staaten gehandelt werden können, gab es ebenfalls eine Einigung. Diese Einigung im Emissionshandel wird aber von Umweltschützern heftig kritisiert. So können CO2-Gutschriften aus dem vergangenen Klimaschutzabkommen des Kyoto-Protokolls auch weiterhin unter dem Pariser Klimaschutzabkommen gehandelt werden. Global 2000 zufolge geht man von einer Schwemme von 300 Mio. fragwürdiger CO2-Gutschriften aus.
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"Die Einrichtung von Kohlenstoffmärkten öffnet der Aufweichung der Klimapläne Tür und Tor", sagt Johannes Wahlmüller, Klima-Experte bei Global 2000. "Wir haben von der EU eine klare rote Linie beim Übertrag dieser alten Gutschriften gefordert. Das wäre angesichts der viel zu schwachen Klimaschutzzusagen ohnehin notwendig gewesen. Die EU hat einem faulen Kompromiss zugestimmt, statt eine wichtige rote Linie zu ziehen!"
Mehr Hilfe für arme Länder
Bei der COP26 in Glasgow wurden auch mehr Finanzhilfen für arme Staaten zugesagt, damit diese sich an die vielerorts fatalen Folgen der Klimakrise anpassen können. Zig Millionen Menschen sind schon jetzt häufiger mit Dürren, Hitzewellen, Stürmen und Überschwemmungen konfrontiert, weil sich die Erderhitzung beschleunigt. Konkret sollen diese Finanzhilfen bis 2025 verdoppelt werden, also von aktuell jährlich rund 20 auf dann 40 Milliarden US-Dollar (etwa 35 Milliarden Euro.)
Erstmals wird auch die jahrelange Forderung armer Staaten aufgegriffen, einen Geldtopf für Hilfen bei Schäden und Verlusten ("Loss and Damage") einzurichten. Gemeint sind etwa Zerstörungen oder erzwungene Umsiedlungen nach Dürren, Sturmfluten oder Wirbelstürmen. Die Staaten werden aufgefordert, dafür Geld einzuzahlen. Der Haken dabei: Konkrete Summen dafür wurden nicht genannt. Es soll nur "technische Unterstützung" nach Schadensereignissen bereitstehen, aber nicht der komplette Schaden beglichen werden. Aus Sicht der Entwicklungsländer sind die Ergebnisse absolut unzureichend. Für einige pazifische Inselstaaten geht es ums Überleben.
„Die Umweltministerin der Malediven, Aminath Shauna: "Der Unterschied zwischen 1,5 und zwei Grad ist für uns ein Todesurteil.““
Umweltschützer kritisieren, dass die Hilfe zu langsam komme und dass sie bei Weitem nicht ausreichen würde. "Laut aktuellen Berechnungen werden bis 2030 pro Jahr weltweit zwischen 290 und 580 Milliarden US-Dollar pro Jahr für Verluste und Schäden anfallen – doch das sind nur die berechenbaren Kosten. Hinzu kommen Schäden für die Artenvielfalt, Gesundheit und die letzten verbleibenden Naturflächen, die nicht beziffert werden können", sagt die Klima-Expertin des WWF Österreich, Lisa Plattner.