Ukraine

Ukrainische Mordkommandos nehmen Russen ins Visier

In den letzten Wochen häufen sich Attentate gegen russische Generäle und Kollaborateure. Das ist Teil der ukrainischen Strategie "1000 Bienenstiche".

20 Minuten
1/8
Gehe zur Galerie
    Mitte Juli mit sieben Schüssen in seiner Heimatstadt Krasnodar beim Joggen getötet. Er soll das U-Boot "Krasnodar" befehligt haben, von dem zivile Ziele in ukrainischen Städten angegriffen wurden. Die Ukrainer bezeichneten seine Tötung als Rache für diese Verbrechen.
    Mitte Juli mit sieben Schüssen in seiner Heimatstadt Krasnodar beim Joggen getötet. Er soll das U-Boot "Krasnodar" befehligt haben, von dem zivile Ziele in ukrainischen Städten angegriffen wurden. Die Ukrainer bezeichneten seine Tötung als Rache für diese Verbrechen.
    myrotvorets.center

    Die ukrainische Strategie der "1000 Bienenstiche" gegen den russischen Angreifer umfasst nicht nur Angriffe gegen Russlands Logistik. Auch Tötungen durch den ukrainischen Geheimdienst gehören dazu.

    Derzeit mehren sich Attentate gegen russische Generäle, Beamte, Kollaborateure und Kriegspropagandisten in den russisch besetzten Gebieten, aber auch in Russland selbst. "Sie wurden erschossen, in die Luft gesprengt, erhängt und gelegentlich sogar mit präpariertem Schnaps vergiftet", schreibt "The Economist".

    AKTUELL: BOMBE IN HANDY

    Aktuelles Beispiel: der russische Generalmajor Juri Afanassiewski, auch von der Schweiz mit persönlichen Sanktionen belegt. Er und sein Sohn wurden am Dienstag in Luhansk durch einen in einem Mobiltelefon eingebauten Sprengsatz verletzt.

    Moskau meldete daraufhin die Festnahme einer Frau "wegen des versuchten Mords am ehemaligen Vorsitzenden des Zollkomitees der Volksrepublik Luhansk". Demnach schwebten beide Männer nicht in Lebensgefahr.

    Ukrainische Medien berichten unter Berufung auf eine Quelle im ukrainischen Geheimdienst SBU, Afanassiewski sei "Opfer einer Explosion in seinem eigenen Haus" geworden. Er befinde sich in ernstem Zustand auf der Intensivstation.

    LEGITIMATION

    Afanassiewski ist ein naheliegendes Ziel für die Ukrainer: Er lenkt die politischen Geschicke in der russisch besetzten, ostukrainischen Region stark mit und arbeitet für den russischen Föderalen Sicherheitsdienst. Er soll Leonid Pasechenik, den selbst ernannten Chef der "Volksrepublik Luhansk", ebenso finanzieren wie bewaffnete Söldner für den Krieg gegen die Ukraine.

    Die Ukraine hält sich zwar über ihre Beteiligung an Attentaten bedeckt, macht aber klar, wen sie ins Visier nimmt: "Jeder, der die Ukraine verrät, auf Ukrainer schießt oder Raketen auf Ukrainer abfeuert, sollte wissen, dass er beobachtet wird und vor Gericht gestellt wird", sagt Andriy Cherniak vom militärischen Nachrichtendienst der Ukraine HUR.

    Einige publik gewordene Fälle, hinter denen die ukrainischen Geheimdienste vermutet werden, seht ihr in der Bildstrecke.

    DIE ATTENTAT-ABTEILUNG

    Der ukrainische Geheimdienst führt seit mindestens 2015 Attentate gegen prorussische Separatisten und Kollaborateure durch. Nach der russischen Einnahme der Krim und des östlichen Donbass 2014 schuf der Inlandsgeheimdienst SBU die "fünfte Direktion für Spionageabwehr", eine Abteilung, die zunächst als Sabotage-Truppe agierte und sich dann auf Attentate spezialisierte.

    Valentin Naliwajtschenko, damaliger Leiter des SBU, legitimiert dies mit dem Umstand, dass "die Politik der Inhaftierung von Kollaborateuren" nicht effektiv war: Die Gefängnisse seien überfüllt gewesen, Haftstrafen hätten die Kollaborateure nicht abgeschreckt.

    "Wir kamen widerwillig zu dem Schluss, dass wir Menschen eliminieren mussten", so Naliwajtschenko zum "Economist". Ein ehemaliger Offizier der Abteilung beschreibt es ähnlich. "Wir mussten den Krieg zu ihnen bringen."

    Eine spezielle Bedeutung hat in Kriegszeiten auch der militärische Nachrichtendienst der Ukraine HUR mit seinen zahlreichen unterirdischen Netzwerken. Ein weiterer wichtiger Akteur sind auch die Special Operations Forces (SSO) in der besetzten Ukraine mit der Koordination der ukrainischen Partisanen, der "Rukh Opory" (Widerstandsbewegung).

    DER PRÄSIDENT

    Es wird davon ausgegangen, dass der ukrainische Präsident die umstrittensten Operationen genehmigt. Einer hochrangigen Regierungsquelle zufolge hat Wolodimir Selenski klare Anweisung erteilt, dass Kollateralschäden unter der Zivilbevölkerung vermieden werden müssten.

    "Der Präsident teilt den Leuten diese Anweisung förmlich und gelegentlich auch durch Anschreien mit", zitiert der "Economist" die Quelle. Die Ukraine müsse ihre Ziele sorgfältig auswählen, dies sei vielleicht "nicht immer" der Fall gewesen.

    IRONIE DER GESCHICHTE

    Es mag eine Ironie der Geschichte sein, dass das Handwerk der ukrainischen Attentats-Agenten seinen Ursprung nicht nur in der sowjetischen Geheimpolizei hat, sondern dass deren Gründer Pawel Sudoplatow in Melitopol in der heute besetzten Südukraine geboren wurde.

    In den 1930ern infiltrierte Sudoplatow ukrainische nationalistische Gruppen und sprengte einen ihrer Anführer höchstpersönlich mit einer in Schokolade gepackten Bombe in die Luft. Sudoplatow war auch der Drahtzieher hinter der Ermordung von Leo Trotzki im Jahr 1940.

    1/52
    Gehe zur Galerie
      <strong>23.11.2024: Verschwunden! Rätsel um Goldschatz aus Wiener Villa</strong>. In einer alten Villa in Wien-Penzing sollen 30 Kilo Gold gefunden worden sein. <a data-li-document-ref="120073714" href="https://www.heute.at/s/verschwunden-raetsel-um-goldschatz-aus-wiener-villa-120073714">Plötzlich will niemand mehr wissen, wo das Edelmetall ist.</a>
      23.11.2024: Verschwunden! Rätsel um Goldschatz aus Wiener Villa. In einer alten Villa in Wien-Penzing sollen 30 Kilo Gold gefunden worden sein. Plötzlich will niemand mehr wissen, wo das Edelmetall ist.
      Leserreporter