"Heute"-Kommentar
Trotz Gagenstrip: Das alles verrät uns der ORF nicht
Dass die ORF-Aushängeschilder gutes Geld verdienen – geschenkt! Diskutieren wir lieber über Geldverschwendung in den Ländern und über die Geheimgagen.
ORF – wie wir. Mit diesem Slogan wirbt der öffentlich-rechtliche Sender um sein Publikum. Wie wir? Beim Gehalt muss man sagen: leider nein! Während der durchschnittliche Österreicher rund 33.000 Euro im Jahr kassiert, sind es beim ORF 91.400 – also fast drei Mal so viel.
In Abwandlung eines weiteren ORF-Claims könnte man also festhalten: Es gibt einen Ort, an dem die Gagenwelt noch in Ordnung ist – den Küniglberg. Am Osterwochenende wurden die Gehälter der 62 Top-Verdiener des Hauses publik, öffentlicher Aufschrei inklusive.
Fakt ist: 62 ORF-Mitarbeiter verdienen also mehr als 170.000 Euro jährlich. Drei Küniglberg-Granden werden sogar besser entlohnt als der Bundespräsident. Er fürchte eine "Neid-Debatte", hielt Generaldirektor Roland Weißmann (einer der drei) am Montag fest. Und: Zahlreiche der gelisteten Manager würden Budgets im zwei- bis dreistelligen Millionen-Euro-Bereich verantworten.
Wo Weißmann einen Punkt hat
Jetzt könnte man einwenden: Bundespräsident Alexander Van der Bellen ist sogar der Oberbefehlshaber unseres Bundesheeres und muss sich mit einem geringerem Gehalt begnügen. Aber: Roland Weißmann hat hier einen Punkt.
Gerechtigkeit für Kratky, Weißmann & Co.
Natürlich hört sich so manche Summe astronomisch an, aber man sollte sehr genau aufpassen, dass jetzt nicht wahllos Einzelne durch Sonne, Mond und Sterne geprügelt werden. Robert Kratky etwa ist jene Stimme, die Millionen Österreicher innerhalb von Sekunden wiedererkennen – und mit der sie gerne aufstehen. Er arbeitet bei jenem Sender, der Geld verdient (und nicht kostet) und steht täglich um halb drei Uhr Früh auf.
Journalistisch steht auch Armin Wolf früher als die meisten anderen in diesem Land auf. Klar, er ist der Reibebaum des Senders schlechthin, aber ohne Zweifel ein Spitzen-Interviewer. Im Ausland könnte Wolf ein Vielfaches seiner 253.000 Euro erlösen. Und Roland Weißmann? Der hat dem ORF – speziell im Onlinebereich – ein Gesetz ausverhandelt, das dem Sender mehr Möglichkeiten gibt, als man je zu träumen gewagt hätte (und unter dem private Häuser noch lange schnaufen werden).
Durchklicken: Das sind die Spitzenverdiener im ORF
Was im Dunklen bleibt
Der Gehaltsreport deckt aber selbstverständlich auch Geldverbrennung im großen Stil auf: Kein Mensch benötigt im Umkreis von etwas mehr als 200 Kilometern in Wien, Eisenstadt, St. Pölten und Linz vier Landesstudios mit vier Landesdirektoren, vier Landes-Chefredakteuren und vier Landes-Verwaltungen. Diese Landeskaiser schlagen mit 185.000 bis 250.000 Euro zu Buche. Dafür bekommt man Fake-Doktorandinnen oder Grüßauguste der Landeshauptleute. Der Untersuchungsbericht über die Amtsführung des abgesetzten NÖ-Direktors ist streng unter Verschluss und in keiner Transparenz-Datenbank des Senders downloadbar. Warum wohl?
Was uns der ORF alles nicht sagt
Die immensen Gehälter bei ORF3, für die kein Quotenargument gelten kann, lassen wir einmal dahingestellt – Kultur muss uns ja schließlich etwas wert sein. Aber haben Sie sich auch gewundert, warum wir nichts über die Kosten der ORF-Serienproduktionen (hier treten sicher keine Mutter Theresas auf oder führen um Gotteslohn Regie) bzw. der externen Produktionsfirmen erfahren? Von Armin Assinger über Mirjam Weichselbraun bis hin zu Barbara Karlich, Leona König, Hans Sigl und Vera Russwurm – sie alle sind bestimmt keine Bittsteller am Küniglberg, bleiben aber unter der medialen Tuchent.
Susanne Raabs neue Transparenzregeln sind also so treffsicher wie die Gutscheinpolitik dieser Bundesregierung. Ob sie bedacht hat, dass all das am Ende – aus Wut über die neue Haushaltsabgabe – auf das Konto ihres härtesten politischen Widersachers einzahlen könnte?