Unruhe am Küniglberg
Gehälter, Nebenjobs – was sich beim ORF jetzt ändert
Von Nebenjobs bis hin zu Social-Media-Aktivitäten: Der ORF-Stiftungsrat bespricht im März neue Verhaltensregeln für die ORF-Mitarbeiter.
Im vergangenen Jahr wurde die ehemalige Direktorin des Schweizer Fernsehens und Generaldirektorin der European Broadcasting Union (EBU), Ingrid Deltenre, von ORF-Generaldirektor Roland Weißmann beauftragt, die ORF-Ethikkommission zu leiten. Ihre Aufgabe: Einen "noch schärferen" Wertekodex zu erarbeiten – eine Reaktion auf zahlreiche Diskussionen über Chats, Transparenz und Nebenjobs sowie Social-Media-Richtlinien für seine rund 4.000 Mitarbeiter.
ORF-Gehälter werden veröffentlicht
Bereits mit Jahresende wurde der Bericht der Ethikkommission abgegeben, auf ihrer Basis formuliert der ORF jetzt Guidelines und Compliance Richtlinien für den öffentlich-rechtlichen Medienkonzern. Anfang März soll der ORF-Stiftungsrat die neuen Verhaltensregeln nun besprechen und – im besten Fall – absegnen.
Ab April schreibt das neue ORF-Gesetz erstmals die Veröffentlichung von ORF-Gehältern und Nebenbeschäftigungen von Bediensteten vor – ab 170.000 Euro brutto pro Jahr muss der ORF diese auch namentlich publizieren. Ein Beschluss, der am Küniglberg für Unruhe sorgte und den ORF-Betriebsrat vor den Obersten Gerichtshof ziehen ließ. Eine Entscheidung steht aber noch aus.
Bereits vor rund einem Jahr hat Weißmann – damals noch ohne Ethikkommission – per interner Mitteilung die Regeln für Nebenbeschäftigungen von ORF-Mitarbeitern verschärft. Als Anlass wird gerne die Moderation von Vera Russwurm beim Wahlkampfauftakt der ÖVP Niederösterreich mit Johanna Mikl-Leitner und ÖVP-Chef Karl Nehammer hergenommen. Kleiner Schönheitsfehler dabei: Russwurm selbst ist nicht beim ORF angestellt, sie ist keine Journalistin im Sinne des ORF-Gesetzes.
Dennoch kein Einzelfall, wie der Einsatz einer ORF-Moderatorin bei einer Veranstaltung in der Wirtschaftskammer oder Einsätze einer Moderatorin des ORF Niederösterreich etwa für Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP) zeigen.
Chat-Affären und Rücktritte
Schwerer dürfte dennoch der Rücktritt von Robert Ziegler als ORF-Landesdirektor in Niederösterreich wiegen. Eine ORF-interne Untersuchungskommission hatte Vorwürfe über Eingriffe in den Redaktionsalltag im Sinne der Landes-ÖVP erhärtet gesehen. Im November 2022 war bereits ORF2-Chefredakteur Matthias Schrom über Chats mit dem damaligen FPÖ-Chef und Vizekanzler Heinz-Christian Strache gestolpert – und zurückgetreten. Seine bisherige Stellvertreterin Eva Karabeg übernahm die Agenden.
"Die Glaubwürdigkeit der ORF-Nachrichten steht trotz dieser Chats weiterhin außer Zweifel", versuchte sich Weißmann damals um Schadensbegrenzung, wissend um die fatale Außenwirkung der Schlagzeilen: "Die ORF-Redakteur/innen arbeiten weisungsfrei und einzig auf Basis von ORF-Gesetz und Redaktionsstatut. Ihre Berichterstattung war, ist und bleibt unbeeinflussbar".