Politik

Experte erklärt, wie gefährlich IS & Al-Kaida noch sind

Die Tötung ihres Terrorpatens in Kabul habe viel Staub aufgewirbelt, die Al-Kaida aber nicht geschwächt, sagte Terrorismusforscher Neumann im ORF.

Roman Palman
Terrorismusforscher Peter Neumann zur Tötung des Al-Kaida-Chefs am 2. August 2022 in der ZIB2 mit Armin Wolf.
Terrorismusforscher Peter Neumann zur Tötung des Al-Kaida-Chefs am 2. August 2022 in der ZIB2 mit Armin Wolf.
Screenshot ORF

Der Anführer des Terrornetzwerks Al-Kaida und Nachfolger Osama Bin Ladens, Ayman al-Zawahiri (71), ist durch einen US-Drohnenangriff auf dem Balkon einer Luxuswohnung mitten in der afghanischen Hauptstadt Kabul getötet worden. Dies bestätigte Joe Biden am Montagabend (Ortszeit). Mit dem tödlichen Angriff auf Al-Zawahri sei der Gerechtigkeit Genüge getan worden: "Diesen Terroristenführer gibt es nicht mehr", donnerte der US-Präsident.

Durch den Islamischen Staat (IS) war es in letzter Zeit medial ruhig um die Al-Kaida. Wie groß ist die Gefahr durch bin Ladens Al-Kaida heute noch? In der ZIB2 im ORF war dazu Dienstagnacht der Terrorismusforscher Peter Neumann per Teleschaltung aus Brüssel geladen.

"Al-Kaida ist nach wie vor stark"

"Er war keine reale Bedrohung, als dass er wahrscheinlich nicht mehr an der Planung von Terrorattacken beteiligt war", analysierte der Experte die Tötung des Terror-Paten in Kabul. Allerdings sei es erklärter Teil der amerikanischen Politik, Terroristen bis an ihr Lebensende zu verfolgen. Es sei vielmehr ein symbolisch wirksamer Akt gewesen, wirklichen Schaden habe man dem Terrornetzwerk damit nicht zugefügt.

Neumann erklärte daraufhin, dass die Führung der Al-Kaida in den letzten 20 Jahren stark an Macht verloren hätte, weil sich die gesamte Organisation nun viel dezentraler aufgestellt hätte. "Al-Kaida ist nach wie vor stark, aber es ist stark in regionalen Konflikten und nicht als zentrale Organisation", so der Terrorforscher. Ayman al-Zawahiri habe von Kabul aus "nicht viel zu sagen" gehabt.

Terrorismusforscher Peter Neumann zur Tötung des Al-Kaida-Chefs am 2. August 2022 in der ZIB2 mit Armin Wolf.
Terrorismusforscher Peter Neumann zur Tötung des Al-Kaida-Chefs am 2. August 2022 in der ZIB2 mit Armin Wolf.
Screenshot ORF

"Riesiger Vertrauensbruch"

Dennoch hat die Tötung des gebürtigen Ägypters nun aber auch drastische politische Folgen für Afghanistan. Teil der westlichen Bedingungen für einen Truppenabzug sei das Versprechen gewesen, dass die Taliban keinen islamistischen Terroristen Unterschlupf gewähren würden.

Nun wurde ausgerechnet Osama bin Ladens rechte Hand und Nachfolger samt Familie im politischen Zentrum von Kabul, im Haus eines Assistenten des Innenministers ausgeforscht, wo er sich sogar auf dem Balkon für Passanten sichtbar zeigte. "Die Taliban haben davon gewusst, sie haben dieses Abkommen von Doha gebrochen." Das sei ein "riesiger Vertrauensbruch", der wohl noch Nachwehen haben werde, so der TV-Gast.

Terrorismusforscher Peter Neumann zur Tötung des Al-Kaida-Chefs am 2. August 2022 in der ZIB2 mit Armin Wolf.
Terrorismusforscher Peter Neumann zur Tötung des Al-Kaida-Chefs am 2. August 2022 in der ZIB2 mit Armin Wolf.
Screenshot ORF

Terror-Gefahr so gering wie lange nicht

Ob die extrem lange US-Militärpräsenz in Afghanistan und die Besetzung des Landes wirklich etwas gebracht habe, sei nur sehr schwierig zu sagen. Neumann betont allerdings: Ab 2006, ab der Rückkehr der Taliban, hatten sich US-Regierung und Militär in eine Sackgasse manövriert. "Aber niemand hat sich getraut, etwas zu sagen. Es hat 15 Jahre gedauert, bis der Konsens da war: Wir gehen raus, egal was die Konsequenz sein wird."

Die Bedrohung durch islamistischen Terror schätzt der Experte aber momentan geringer als an irgendeinem Punkt in den letzten 20 Jahren. Der IS wolle zwar weiter den Westen angreifen, sei aber zu schwach dazu. Auch Al-Kaida konzentriere sich auf andere Konflikte, Europa und der Westen wären "aus dem Blickfeld". Nachsatz Neumanns: "Das kann sich aber noch ändern."

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