Wirtschaft

Supermärkte zu teuer? Wilder Streit um 1,49-€-Radler

Ein Tweet über Gösser-Radler, der in Berlin 50 Cent weniger kosten soll als in Leoben, lässt nun den Handelsverband überschäumen.

Handelsverband-Geschäftsführer am Dienstag im Gespräch auf Puls 24.
Handelsverband-Geschäftsführer am Dienstag im Gespräch auf Puls 24.
Screenshot Puls 24

Immer wieder werden die Lebensmittelpreise in Deutschland mit jenen in Österreich vergleichen. Seit jeher haben unsre Nachbarn im Norden niedrigere Preise. Handelsverband-Geschäftsführer Rainer Will war am Dienstag zu Gast im Puls 24-Newsroom und verteidigte seine Branche vor seiner Ansicht nach unfairen Angriffen. Die Vergleiche auf Twitter nennt er "einfach nur politisch motiviert aufgespielt".

Er rät daher davon ab, Preise auf Twitter und auf sozialen Medien im Allgemeinen zu vergleichen. Genau am Dienstag gebe es nämlich österreichweit den auf dem Tweet für 1,49 Euro aufgelisteten Radler für 75 Cent, also die Hälfte. Außerdem sei es bei der Vielzahl selbständiger Nahversorger (1.400) logisch, dass es zu Preisunterschieden käme. Wie das Beispiel, entgegen des Diskurses auf Twitter, zeige, sei das Produkt hierzulande "deutlich günstiger als in Deutschland". 

Handel leidet unter Energiepreisen

Weiters weist er den Vorwurf vehement zurück, dass sich der Lebensmittelhandel in der Krise bereichern würde. Während Nahversorger tief in roten Zahlen stecken würden, befänden sich die Gewinnmargen der Großhändler lediglich bei 0,5 bis 2 Prozent. Doch wie erklärt sich der Handels-Chef die niedrigeren Preise in Deutschland? Dafür gäbe es viele Gründe, keiner davon sei Gier, so Will. 

Während der Handel in Deutschland einen Energiekostenzuschuss erhalten habe, würden Österreichs Lebensmittelhändler auf einer halben Milliarde Mehrkosten sitzen bleiben, die nie entschädigt wurden. Außerdem würden Produkte unabhängig voneinander beschafft, vieles kostet hierzulande einfach mehr, was nicht zuletzt an der deutlich höheren "Kostenkassette" liege. Händler, so Will, verdienen derzeit kaum etwas. 

AK vergleiche Äpfel mit Birnen

Laut der Arbeiterkammer kosten Markenprodukte in Österreich – selbst ohne Mehrwertsteuer – um 15 Prozent mehr als in Deutschland. Auch hierfür hat Will Antworten parat. Einerseits sei der Aktionsanteil hierzulande um 10 Prozent höher, das werde nicht eingerechnet. Außerdem würden des weiteren Kosten wie die Biersteuer anfallen, die in Österreich 14 Cent pro Liter höher angesiedelt ist. 

Außerdem könne Deutschland die niedrigen Preise auf dem Rücken eines Niedriglohnsektors erstellen, den es bei uns so gar nicht gibt. Auch die geographische Lage bringt er ins Spiel. Alles in allem wirft er der Arbeiterkammer vor, Äpfel mit Birnen zu vergleichen und politisch motiviert zu agieren.

 Hier das Interview in voller Länge:

Politik verantwortlich für Dilemma

Apropos Politik: ihr schreibt Will die Verantwortung für das Preisdilemma zu. Während Banken und Energieversorger in Krisenzeiten Milliardengewinne erwirtschaftet hätten, bliebe die Hilfe für den Lebensmittelhandel bis dato aus. Auch von Preisabsprachen will er nichts wisse: Ähneln sich die Preise zwischen Händlern, liege das lediglich am beinharten Wettbewerb, den sie sich liefern würden. 

Er fordert nun endlich Strukturreformen. Die Politik leiste nichts und müsse ihre "Sommerpause beenden". Vor allem der Energiekostenzuschuss, wie ihn Deutschland hat, sei dringend nötig. Sonst drohen womöglich bald Konkurse, wie wir sie bereits aus anderen Branchen kennen. 

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