Ukraine

"Südfront verloren" – überraschende Ukraine-Prognose

Meter für Meter bricht die Ukraine durch die Verteidigungslinien der Russen. Laut Militär-Ökonom Marcus Keupp geht es für die Invasoren nun um alles.

Roman Palman
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    <strong>25. August 2023:</strong> Ein Video zeigt ukrainische Soldaten des Angriffsbataillons "Skala" bei der Befreiung von Robotyne, Oblast Saporischschja, an der Südfront.
    25. August 2023: Ein Video zeigt ukrainische Soldaten des Angriffsbataillons "Skala" bei der Befreiung von Robotyne, Oblast Saporischschja, an der Südfront.
    Angriffsbataillons "Skala"/Ukrainische Armee via REUTERS

    Der Ukraine scheint es bei ihrer laufenden Gegenoffensive gelungen zu sein, die russischen Verteidigungslinie rund um das Dorf Robotyne in der Oblast Saporischschja komplett zu durchbrechen. Geolokalisierte Videoclips zeigen mittlerweile ukrainische Soldaten und erste Panzerfahrzeuge auf der anderen Seite von Putins Drachenzähnen und einen Vorstoß nahe der Nachbargemeinde Werbowe.

    "Ukrainische Panzerfahrzeuge operieren jenseits der letzten Linie der russischen Verteidigungsanlagen, die von der ukrainischen Armee im Westen des Oblast Saporischschja derzeit durchbrochen wird", meldet auch das Institute for the Study of War (ISW) am 22. September, betont aber, dass ein kompletter Durchbruch noch nicht bestätigt werden kann. Der US-Thinktank begleitet seit Kriegsbeginn mit täglichen Lageeinschätzungen:

    Die aktuelle Lageeinschätzung im Raum Robotyne des ISW am 21. September 2023.
    Die aktuelle Lageeinschätzung im Raum Robotyne des ISW am 21. September 2023.
    Institute for the Study of War

    "Diese Karte gibt eine schöne Idee für die Zukunft", schreibt auch Marcus Keupp zu einer ähnlichen Darstellung auf X, dem ehemaligen Twitter. Der deutsche Militärökonom und Dozent an der ETH Zürich nimmt sich dabei kein Blatt vor den Mund.

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      Ukrainische Soldaten mit einem amerikanischen Bradley-Schützenpanzer in der zurückeroberten Frontstadt Orichiw am 17. September 2023.
      Ukrainische Soldaten mit einem amerikanischen Bradley-Schützenpanzer in der zurückeroberten Frontstadt Orichiw am 17. September 2023.
      Oliver Weiken / dpa / picturedesk.com

      Er erwartet, dass die Ukraine – "sobald die Ukraine die Robotyne-Tasche ausgeweitet und gesichert hat" – Artillerie-Systeme nachziehen wird. "Dann ist Tokmak in Schussweite und die russische Logistik, die sich dorthin bewegt, kann unterbrochen werden", prognostiziert Keupp weiter. Für Wladimir Putins Invasionstruppen wäre das ein Horror-Szenario: "Dann ist die südliche Front verloren."

      Die Bedeutung von Tokmak

      Tokmak ist nicht nur selbst ein bedeutender Verkehrsknotenpunkt der Region – die einzige Ost-West-Schienenverbindung führt hier durch –, sondern noch ein wichtiges Zwischenziel bei der Rückeroberung der südlichen Landesteile. Von dort aus rückt nämlich die gesamte Breite der besetzten Landverbindung zur schon länger russisch-okkupierten Halbinsel Krim samt der Autobahn M14 und Melitopol in Reichweite der HIMARS-Raketenwerfer.

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        Diese Bilder zeigen das Abfeuern des US-Systems HIMARS durch ukrainisches Militär spätestens ab dem 24. Juni 2022.
        Diese Bilder zeigen das Abfeuern des US-Systems HIMARS durch ukrainisches Militär spätestens ab dem 24. Juni 2022.
        Pavlo Narozhnyy/via REUTERS

        Damit würde eine Versorgung der Besatzungstruppen für die russische Armee ungleich erschwert. Besonders, da die Ukraine bewiesen hat, auch die dann letzte Verkehrsverbindung, die Krim-Brücke, anzugreifen bzw. sabotieren zu können.

        Noch ist das für Kiew aber alles Zukunftsmusik. Jeder Meter vorwärts muss auf dem Schlachtfeld blutig erkämpft werden, denn auch in Moskau weiß man um die Wichtigkeit Tokmaks. "General Armageddon" Sergej Surowikin hatte, als er noch Invasionsführer war, mehrschichtige Verteidigungsanlagen errichten lassen. Dazu gehören auch riesige Minenfelder, die laut BBC von den Russen so vollgepackt wurden, dass sich bis zu fünf Sprengfallen pro Quadratmeter finden.

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          Diese Screenshots aus einem am 16. September 2023 veröffentlichten Video sollen die Befreiung von Andrijiwka nahe Bachmut durch ukrainische Soldaten zeigen.
          Diese Screenshots aus einem am 16. September 2023 veröffentlichten Video sollen die Befreiung von Andrijiwka nahe Bachmut durch ukrainische Soldaten zeigen.
          3. Angriffsbrigade/Ukrainische Armee via REUTERS

          Massive Versorgungsprobleme

          Doch warum müssen die Ukrainer überhaupt so dicht ran? Viele schwere Artillerie-Systeme haben eine deutlich höhere Reichweite als nur 20 Kilometer.

          Es könnte ein Hinweis darauf sein, dass die Wartung nicht mit dem Verschleiß mithalten kann. Jeder Schuss verursacht Abrieb im Inneren des Geschützrohrs, das ganze System wird dadurch ungenauer. Durch eine Verkürzung der Schussdistanz kann dem entgegengewirkt werden. Das könnte erklären, warum die Artillerie näher an die Front rücken muss, als es am Papier nötig erscheint, so Militärökonom Keupp:

          Das gleiche Problem haben scheinbar auch die Russen. Selbst mit ihrer deutlich besseren Produktionskapazitäten dürften sie nicht mit dem Austausch verschlissener Geschützrohre nachkommen, wie ein kürzlich aufgetauchtes Video (siehe X-Beitrag oben) nahelegt. Es zeigt die Zerstörung einer russischen 2S7 "Pion" (dt. "Pfingstrose").

          Eine 2S7 "Pion" der Ukrainer nimmt russische Stellungen an der Front bei Bachmut unter Beschuss. Archivbild, Jänner 2023.
          Eine 2S7 "Pion" der Ukrainer nimmt russische Stellungen an der Front bei Bachmut unter Beschuss. Archivbild, Jänner 2023.
          REUTERS

          Die Kanonenhaubitze mit Kaliber 203mm gilt als derzeit weltweit größtes im Einsatz befindliches Artilleriegeschütz und hat je nach Munitionstyp eine Reichweite zwischen 30 und 47 Kilometern. Die von der Ukraine in die Luft gejagte "Pion" soll sich aber nur 13 Kilometer hinter der Frontlinie befunden haben.

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            <strong>17.11.2024: Heeres-Blamage: Unser Luftraum ist völlig ungeschützt.</strong> Österreich kann seinen eigenen Luftraum nicht mehr verteidigen. Die Eurofighter können nicht abheben, <a data-li-document-ref="120072835" href="https://www.heute.at/s/heeres-blamage-unser-luftraum-ist-voellig-ungeschuetzt-120072835">obwohl die Jets selbst einsatzbereit wären &gt;&gt;</a>
            17.11.2024: Heeres-Blamage: Unser Luftraum ist völlig ungeschützt. Österreich kann seinen eigenen Luftraum nicht mehr verteidigen. Die Eurofighter können nicht abheben, obwohl die Jets selbst einsatzbereit wären >>
            Bundesheer / OTS