Niederösterreich

"Zynisch!" – FPÖ-Kritik an Strafe für Abholen von Sohn

In NÖ dürfen Menschen mit Behinderung und Betreuungsplatz nur 82 Nächte zu Hause schlafen, alles darüber hinaus kostet 120€ Strafe. Die FPÖ schäumt.

Isabella Nittner
Christine A. (li.) will ihren Sohn Gerhard (re.) an den Wochenende zu sich nach Hause nehmen, darf das aber nur 82 Nächte pro Jahr.
Christine A. (li.) will ihren Sohn Gerhard (re.) an den Wochenende zu sich nach Hause nehmen, darf das aber nur 82 Nächte pro Jahr.
ORF Screenshot

Der Fall vom 23-jährigen Gerhard aus Niederösterreich schlägt hohe Wellen: Wie berichtet, hat der entwicklungsverzögerte junge Mann aus Gramatneusiedl (Bezirk Bruck/Leitha) einen Vollzeit-Betreuungsplatz in einem Wohnheim in Bad Erlach (Wiener Neustadt-Land) in der Buckligen Welt. Die Kosten dafür trägt das Land Niederösterreich.

"Traut sich keiner was sagen"

82 Nächte pro Jahr dürfen die Bewohner "auswärts" schlafen, sprich in der Regel zu ihren Eltern oder Angehörigen nach Hause fahren. In dieser Zahl inkludiert sind auch Urlaube mit der Familie.

Gerhards Mutter Christine A. ist das zu wenig. Sie holt den 23-Jährigen jedes Wochenende nach Hause, genießt die Zeit mit ihrem Kind in vollsten Zügen. Seit Jahren kämpft sie um eine Aufstockung der Nächte-Anzahl. Denn: Für jede Nacht, die über die 82 erlaubten hinausgeht, sind 120 Euro Strafzahlung fällig. "Es traut sich keiner was sagen, weil jeder Angst hat, dass dann der Platz weg ist", so A. Unterstützung bekommt sie, wie berichtet, von der Volksanwaltschaft.

Bisher rückt das Land NÖ aber nicht von seiner Regelung ab. Der Lebensmittelpunkt des 23-Jährigen solle in dem Wohnheim sein, um die soziale Integration zu fördern. Auch sehe man bei dem 23-Jährigen ein Entwicklungspotenzial, heißt es in einer Stellungnahme gegenüber dem ORF in der Sendung "Bürgeranwalt".

Die Volksanwaltschaft hofft nun auf mehr Flexibilität bei der Umsetzung, man solle die Behindertenrechtskonvention und das Recht auf Selbstbestimmung umsetzen, wird gefordert.

Christian Ragger von der FPÖ kritisiert die Regelung.
Christian Ragger von der FPÖ kritisiert die Regelung.
Parlamentsdirektion/Photo Simonis

"Gefangen und unfrei"

Auch die FPÖ schlägt in die gleiche Kerbe und kritisiert die strenge Richtlinie. "Was bitte soll diese realitätsferne und zynische Regelung, 120 Euro fällig zu stellen, sobald man das eigene Kind für einen Tag mehr nach Hause nimmt, zugleich aber einzig und allein ein bescheidenes Taschengeld von im Schnitt 100 Euro pro Monat für alle persönlichen Ausgaben zur Verfügung stehen? Da sind Menschen im wahrsten Sinne gefangen und unfrei, über das eigene Leben bestimmen zu können", schäumt FPÖ-Behindertensprecher Christian Ragger.

Das Taschengeld, das die FPÖ anspricht, wird auch von der Volksanwaltschaft kritisiert. Denn: Weil es sich hier nicht um ein geregeltes Gehalt bzw. einen Lohn handelt, sind sie sozialversicherungs-technisch nicht abgesichert, auch um die Pension fallen Betroffene um.

"Darauf hat die Volksanwaltschaft schon vor mehr als drei Jahren in einem Sonderbericht an Nationalrat, Bundesrat und Landtage aufmerksam gemacht. Alle haben sich wohlwollend geäußert, aber passiert ist noch immer nichts", so Volksanwalt Bernhard Achitz.

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