Klimaschutz

Starker Rückgang der Wildbienenvielfalt im Marchfeld

In den vergangenen 100 Jahren hat sich die Zahl der Spezies in einem Naturschutzgebiet in Niederösterreich halbiert, einige Arten sind ausgestorben.

Lydia Matzka-Saboi
Vom Artenschwund ist auch die Malven-Langhornbiene betroffen. Seit mehr als 50 Jahren wurde sie im untersuchten Naturschutzgebiet nicht mehr gesichtet.
Vom Artenschwund ist auch die Malven-Langhornbiene betroffen. Seit mehr als 50 Jahren wurde sie im untersuchten Naturschutzgebiet nicht mehr gesichtet.
© NHM Wien, Sylvia Wanzenböck

So viele Wildbienenarten wie in Österreich gibt es nur in wenigen anderen europäischen Ländern: Hier wurden mehr als 700 Spezies nachgewiesen. Diese Vielfalt ist allerdings bedroht, auch in Naturschutzgebieten, wie eine aktuelle Studie deutlich macht.

Untersucht wurde die Bienen-Diversität im Schutzgebiet Sandberge Oberweiden im östlichen Marchfeld, das zum Bezirk Gänserndorf in Niederösterreich unweit der slowakischen Grenze gehört und seit 1961 unter Schutz steht. Dort hat sich in den vergangenen 100 Jahren die Zahl der Wildbienenarten halbiert, wie ein Forschungsteam im "Journal of Insect Conservation" schreibt.

Die Sandberge Oberweiden liegen inmitten einer intensiv genutzten Landschaft mit ihrer besonderen Flora und Fauna. Durch den sandigen Boden und den Steppencharakter beherbergt das Gebiet eine außerordentlich hohe Zahl an spezialisierten, seltenen Arten. Fachleute des Naturhistorischen Museums Wien (NHM) und der Universität für Bodenkultur (Boku) Wien haben in ihrer Arbeit die Wildbienengemeinschaft dieses Lebensraums erfasst und mit historischen Daten aus über 100 Jahren verglichen.

Weniger Kuckucksbienenarten

Die Forschungsergebnisse zeigen, dass sich die Artenvielfalt im Schutzgebiet Sandberge Oberweiden in den letzten 100 Jahren halbiert hat – 164 von 289 Arten wurden seit über 50 Jahren nicht mehr auf der Fläche gefunden, und viele Arten waren zu diesem Zeitpunkt bereits selten.

Vierzehn Arten, die früher auf der Fläche nachgewiesen werden konnten, gelten mittlerweile in ganz Österreich als ausgestorben. Besonders betroffen sind an Steppen- und Sandgebiete angepasste Arten sowie Arten, die ihre Nester im Boden anlegen. Darüber hinaus konnte auch eine überproportionale Abnahme von Kuckucksbienenarten aufgezeigt werden. Diese legen ihre Eier in die Nester anderer Bienenarten – ihr Rückgang weist also darauf hin, dass auch die Populationen ihrer Wirtsarten nicht stabil sind.

Die Studienergebnisse weisen darauf hin, dass durch Änderungen der Landschaftsnutzung, etwa durch die Anlage von Windschutzgürteln, durch andere Bewirtschaftungsformen oder Überdüngung, Strukturen verschwunden sind, die bodennistende Wildbienenarten für das Anlegen ihrer Nester brauchen: Statt unbewachsener Bodenflächen kommen nun vermehrt Gehölzstrukturen und dichtwachsende Gräser vor. Dies habe auch zu einem geringeren Blütenangebot geführt, wodurch den Wildbienen die Nahrungsgrundlage entzogen wird.

Um die Bedingungen für die Wildbienen im Gebiet wieder zu verbessern, empfehlen die Experten verstärkt historische Praktiken der Landbewirtschaftung einzusetzen, etwa die kurzzeitige intensive Beweidung und eine kleinräumige, gestaffelte Mahd. Dies wäre insbesondere angesichts des Insektensterbens und der allgemeinen Biodiversitätskrise, die auch als sechstes Massensterben der Erdgeschichte bezeichnet wird, wichtig.

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