Gesundheit

"Sport würde mich mit Fieber ins Bett bringen"

Nicht nur nach einer Corona-Infektion kann es zu der schweren Multisystemerkrankung ME/CFS kommen. Ein Betroffener berichtet.

Christine Scharfetter
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Bei der schweren Multisystemerkrankung ME/CFS sind oft schon minimale Alltagshandlungen ein enormer Kraftaufwand und fesselt Erkrankte im schlimmsten Fall wieder tagelang ans Bett.
Bei der schweren Multisystemerkrankung ME/CFS sind oft schon minimale Alltagshandlungen ein enormer Kraftaufwand und fesselt Erkrankte im schlimmsten Fall wieder tagelang ans Bett.
Lea Aring

Erst war das Coronavirus und dann kam Long Covid. Doch was es schon lange vor der Pandemie gab, war ME/CFS. Eine schwere Multisystemerkrankung, die auch als Myalgische Enzephalomyelitis oder eben chronisches Fatigue-Syndrom bekannt ist und der vor zwei Jahren kaum noch jemand Beachtung schenkte.

Das hat sich jetzt endlich geändert. Der Erkrankung wird nicht nur in der Öffentlichkeit mehr Bedeutung zugeschrieben, auch die Forschung wird aufgrund von Long Covid vorangetrieben. Behandlungsansätze mit neuen Arzneien geben ME/CFS-Patienten endlich Hoffnung. Betroffen sind davon rund 25.000 Österreicherinnen und Österreicher, wie Österreichische Gesellschaft für ME/CFS in ihrem "ME/CFS Report Österreich 2021" schätzt.

Mit 20 Jahren am Ende der Kräfte

Einer von ihnen ist Johannes Schweighardt. Der heute 23-Jährige erkrankte vor zweieinhalb Jahren nach einer Infektion mit dem Epstein-Barr-Virus. "Wie bei den meisten Betroffenen begann auch bei mir alles mit einem viralen Infekt. Ich war zwei Wochen krank und mit Fieber im Bett, dann habe ich wieder begonnen, normal meinen Alltag aufzunehmen. Nach mehreren Monaten war ich allerdings immer noch nicht körperlich wieder fit."

Johannes Schweighardt erkrankte mit 20 Jahren an <a href="https://www.heute.at/s/kann-wegen-krankheit-keine-weihnachtskarte-schreiben-100180431">ME/CFS</a>.
Johannes Schweighardt erkrankte mit 20 Jahren an ME/CFS.
Privat

Vor allem nach dem Sport ging es dem Studenten jedes Mal schlecht. Hinzu kamen Schwindelgefühl im Stehen, sehr starke und häufig auftretende Kopfschmerzen sowie Konzentrationsstörungen. "Auch das Sehen hat sich verschlechtert. Die Ärzte konnten jedoch nichts finden. Nach einiger Zeit sind wir dann einfach so verblieben, dass ich mich ausruhe und keinen Sport mache. Dann sollte sich wieder alles normalisieren." Doch dem war nicht so. Ein Jahr später wurde schließlich die Diagnose ME/CFS gestellt.

Kein Job mehr und ein Leben bei den Eltern

Die Symptome seien bis heute relativ unverändert, doch mittlerweile komme er im Alltag besser zurecht. "Das bedeutet, dass ich es oft schaffe, eine körperliche Überlastung zu verhindern, die zu einer massiven Zustandsverschlechterung und am Ende zu einem sogenannten Crash führen würde." Kommt es zu dieser Spitze, bekommen die Betroffenen grippeähnliche Symptome und landen mit Fieber und Gliederschmerzen im Bett, erklärt Schweighardt.

"Ich kann keinen Haushalt mehr führen und bin aus meiner WG zurück zu meinen Eltern gezogen."

Allerdings habe sich sein Alltag grundlegend verändert. "Sport ist gar nicht mehr möglich, ich würde mit Fieber im Bett landen. Weshalb ich auch nicht mehr als Fitnesstrainer arbeiten kann. Ich kann keinen Haushalt mehr führen und bin aus meiner WG zurück zu meinen Eltern gezogen." Seine Ausbildung als Physiotherapeuten musste er ebenfalls aufgeben.

Stattdessen geht er jetzt einem Medizinstudium nach, dessen Vorlesungen er dank Corona aus dem Bett heraus verfolgen kann. "Eine permanente aufrechte Körperhalten ist ein großes Problem. Die Blutversorgung und damit auch die Saustoffversorgung funktioniert im Gehirn nicht so gut wie sie sollte und das wird durch das Sitzen noch verschlimmert. Dadurch entstehen die Konzentrationsstörungen." Sein Ziel: Später anderen Betroffenen helfen und die Forschung vorantreiben.

Keine Behandlungsmöglichkeit

Denn Behandlung gebe es bisher keine. "Es gibt in ganz Österreich noch keine öffentliche Stelle oder Ambulanz. Man kann nirgends hingehen und bekommt auch keine richtige Untersuchung." Oft werde sogar eine psychiatrische Diagnose, wie Depression oder Burnout, gestellt. Tatsächlich seien viele Symptome ähnlich, "der große Unterschied ist jedoch die Belastungsintoleranz."

"Man versucht die Symptome mit Medikamenten, die zwar nicht für ME/CFS zugelassen sind, aber existieren, in den Griff zu bekommen."

Behandlung gebe es entsprechend keine. Es werde jedoch eine symptomorientierte Therapie versucht. "Das heißt, dass man Symptome mit Medikamenten, die zwar nicht für ME/CFS zugelassen sind, aber existieren, versucht, in den Griff zu bekommen." Dabei ginge es vor allem um die Schmerzen und die Stabilisation des Kreislaufs. Immer öfter wären inzwischen auch Infusionen mit Antikörpern ein Thema.

Selbst könne man sich mit einem Energie- und Belastungsmanagment – dem sogenannten Pacing – helfen. Dabei schätze man jeden Tag aufs Neue ein, wie viel möglich ist. Auch die richtige Ernährung spiele eine wichtige Rolle. "Eine echte Therapie gibt es bis jetzt jedoch noch nicht."

Hier finden Betroffene Hilfe:
Österreichischen Gesellschaft für ME/CFS: cfs-hilfe.at

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