Am Bahnsteig 11 des Wiener Hauptbahnhofs absolvierte Peter Hanke am Mittwoch seinen ersten großen Medientermin als neuer SPÖ-Minister für Innovation, Mobilität und Infrastruktur. Präsentiert wurde die neue Partnerschaft zwischen ÖBB, Austrian Airlines und dem Luftfahrtbündnis Star Alliance – dank der es künftig möglich ist, mit einem einzigen Ticket beispielsweise von Linz nach Los Angeles zu reisen, mit Zug und Flug.
"Diese Partnerschaft symbolisiert sehr gut mein Verständnis der Ministerrolle als Brückenbauer zwischen den verschiedene Mobilitätsangeboten", erklärte Hanke. Als "Brückenbauer" gilt Hanke, der aus der Wiener Landesregierung – er war Finanzstadtrat – nun auf die Bundesbühne wechselte, auch am Polit-Parkett.
Im Anschluss an den Event am Hauptbahnhof erläuterte Hanke im "Heute"-Interview seine Schwerpunkte im neuen Amt und wie Österreichs Wirtschaft wieder Fahrt aufnehmen soll –"ich sehe mich als Standortminister".
"Heute": Herr Minister Hanke, Sie wurden im Finale der Regierungsverhandlungen seitens der SPÖ sowohl für das Finanz- als auch das Infrastrukturressort genannt. Sind Sie angesichts der schwierigen budgetären Situation froh, nicht Finanzminister geworden zu sein?
Peter Hanke: Es war mir eine Ehre und Freude, für beides genannt zu werden. Ich bin seit Jahrzehnten mit Infrastrukturthemen verbunden, habe dort Kompetenz und Erfahrung gewonnen – deshalb gefällt es mir sehr gut, dass ich weiterhin in diesem Sektor arbeiten darf.
Wie ist die Stimmung in der Koalition?
Aktuell sehr, sehr gut. Es ist schön zu sehen, dass eine Dreierkoalition in der Form wirklich mit dem Push nach vorne arbeitet und sich derzeit alle Partner bemühen, einen Fortschritt für Österreich zu erzielen.
Starten wir mit dem Verkehrsbereich. Wie ÖBB, AUA und Star Alliance jetzt angekündigt haben, kann man künftig mit einem durchgängigen Ticket für Zug und Flug von Linz nach Los Angeles reisen. Aber vom Wiener Stephansplatz in einen Grazer Vorort gibt es kein durchgängiges Ticket. Woran hapert es?
Bei der Digitalisierung und dem Einsatz von KI sind wir noch lange nicht am Ziel. Und natürlich müssen wir die Anbindungsqualitäten im ländlichen Bereich verbessern. All das ist nicht ganz einfach, weil wir knappe Ressourcen haben und eine Budgetsanierung vor uns. Also müssen wir das maßvoll angehen. Es ist kein Sprint von einem Jahr, sondern eine mehrjährige Aufgabe. Aber ich denke, in ein bis zwei Jahren wird man meine Handschrift hier deutlich spüren.
Wird man dann schon, wie im Regierungsprogramm angekündigt, auf einer Plattform über alle Verkehrsbetriebe ein Ticket für ganz Österreich buchen können?
Das sehe ich als realistisches Ziel bis 2029.
„Ich sehe Investitionen als einzige Möglichkeit, um unsere Infrastruktur, unsere Internationalität und damit die Wettbewerbsfähigkeit weiterzubringen“Peter HankeInfrastrukturminister (SPÖ)
Wird es angesichts der strengen Sparvorschriften Abstriche beim 21 Milliarden Euro schweren Rahmenplan 2024-2029 für den ÖBB-Ausbau geben?
Ich sehe Investitionen als die einzige Möglichkeit, um unsere Infrastruktur, unsere Internationalität und damit die Wettbewerbsfähigkeit weiterzubringen. Die geplanten Investitionen bei den ÖBB in Milliardenhöhe sichern über 47.000 Arbeitsplätze allein bei der Bundesbahn und kommen auch den mit den Ausbauprojekten beschäftigten österreichischen Unternehmen zugute. Die geplanten 21 Milliarden Euro bringen einen volkswirtschaftlichen Nutzen von insgesamt 30 Milliarden Euro. Das ist genau der Wirtschaftsimpuls, den wir entwickeln wollen – und das bedeutet, diese Investitionen auch in der Form umzusetzen.
Also ohne Abstriche?
Ja, das ist mein Ziel.
„Wir haben uns in der Regierung geeinigt, dass in diesen schwierigen Zeiten jeder einen Beitrag leisten muss.“Peter HankeInfrastrukturminister (SPÖ)
In Wien war Ihnen wichtig, dass der Preis der Öffi-Jahreskarte bei 365 Euro bleibt. Beim österreichweiten Klimaticket ist eine Preissteigerung gesetzlich eingebaut, die 2025 erstmals schlagend wurde. Das Klimaticket ist sehr beliebt, bringt immer mehr Menschen in die Bahn. Jetzt könnte man das Gesetz natürlich ändern und die Preissteigerung für 2026 aussetzen?
Wir haben uns in der Regierung geeinigt, dass in diesen schwierigen Zeiten jeder einen Beitrag leisten muss. Daher wird die automatische Inflationsanpassung auch 2026 wieder zur Anwendung kommen.
Der Klimabonus wurde komplett gestrichen. Es wurde aber eine "sozial treffsichere Kompensation" dafür angekündigt. Wie soll die aussehen?
Das wird in den nächsten Monaten entwickelt.
Und kommt dann wahrscheinlich 2026?
Jedenfalls mit einer vernünftigen Vorlaufphase.
Der Bahn-Boom mit dem Rekord von 511 Millionen ÖBB-Fahrgästen 2024 führt dazu, dass die Züge oft total überfüllt sind. Gleichzeitig häufen sich Beschwerden über defekte Heizungen und Toiletten, über Verspätungen. Es gibt Engpässe in den Reparaturwerkstätten, bei der Auslieferung neuen Zugmaterials. Was können Sie da tun?
Ich werde darauf drängen, dass die Unternehmensstrukturen innerhalb der ÖBB enger kooperieren, ihre Planungen abstimmen – damit der Service-Output besser wird. Das werde ich in den nächsten zwei Monaten mit dem ÖBB-Topmanagement besprechen. Es gibt zudem einen großen Fachkräftebedarf, auch hier gilt es, etwas zu tun. Und was die teils überfüllten Züge auf manchen Verbindungen wie der Weststrecke betrifft: Natürlich sind wir auf das derzeit vorhandene Netz angewiesen. Wir können ja nicht zaubern. Es gilt, eine mehrjährige Planung seriös in Umsetzung zu bringen. Aber in meiner dritten Arbeitswoche kann ich die klare Punktation der nächsten vier Jahre noch nicht vorlegen.
Kommen wir von der Schiene auf die Straße. Ihre grüne Vorgängerin Leonore Gewessler hat den Bau des Lobau-Tunnels abgesagt – mit Ihnen wird das umstrittene Projekt jetzt umgesetzt?
Ich möchte zu diesem Thema eine vernünftige, nicht polarisierende und nicht emotionale Diskussion voranbringen. Wir wissen, dass wir im Nordosten Wiens tausende Wohnungen als Erweiterungsgebiet vor uns haben. Und wir wissen auch, dass leistbarer Wohnraum mit der Erschließung Hand in Hand geht. Deshalb ist Straßeninfrastruktur prinzipiell ein wichtiges Thema – für den Wirtschaftsstandort, für die wachsende Stadt. Ich sehe mich als Standortminister. Es ist mir wichtig, dass man mich auch so wahrnimmt. Mit der Kompetenz rund um Innovation, Mobilität und Infrastruktur fühle ich mich als Backbone für den Wirtschaftsstandort Österreich.
„Ich stehe dem Lobautunnel prinzipiell positiv gegenüber – aber ich lasse mir das Thema jetzt noch von den Expertinnen und Experten im Ministerium aufbereiten und alle Fakten vorlegen“Peter HankeInfrastrukturminister
Auf den Punkt gebracht: Der Lobautunnel wird gebraucht und gebaut?
Ich stehe dem prinzipiell positiv gegenüber – aber ich lasse mir das Thema jetzt noch von den Expertinnen und Experten im Ministerium aufbereiten und alle Fakten vorlegen. Das ist eine seriöse Vorgangsweise, und es steht mir als Bundesminister zu, mir hier ein eigenes Bild zu machen. Die Entscheidung, ob der Lobautunnel im Straßenbaugesetz bleibt oder nicht, fällt danach.
Sie sind auch der Minister für Innovation. Im Regierungsprogramm steht, dass die Forschungsquote in Österreich in den nächsten Jahren von 3,4 auf 4 Prozent erhöht werden soll. Wie soll das gehen, wenn überall Förderungen gekürzt werden? Oder bleiben Förderungen für Unternehmen, die in Forschung investieren, bestehen?
Innovation hat für mich einen sehr großen Stellenwert. Ich habe Wert darauf gelegt, dass mit der Änderung des Bundesministeriengesetzes beim Namen meines Ressorts Innovation an erster Stelle steht: Wir werden mit Inkrafttreten des Gesetzes am 1. April das "Ministerium für Innovation, Mobilität und Infrastruktur" sein. Die Innovation an erster Stelle meine ich hinsichtlich meiner Zuständigkeit, aber auch für den Wirtschaftsstandort. Ein Euro, der an öffentlichen Ausgaben für Forschung & Entwicklung eingesetzt wird, steigert das BIP um sechs Euro. Nicht im ersten Jahr, aber mittelfristig. Die angewandte Forschung weiter massiv zu unterstützen, ist ein klares Ziel von mir. Denn sie ist für mich die absolute Triebfeder für den Wirtschaftsstandort.
„Habe ein gutes Einverständnis mit ÖVP-Wirtschaftsminister Hattmannsdorfer.“Peter HankeInfrastrukturminister (SPÖ)
Wie verstehen Sie sich mit ÖVP-Wirtschaftsminister Hattmannsdorfer?
Wir verstehen uns sehr gut. Ich denke, es ist gut, wenn wir eine Achse bilden für Themen wie beispielsweise die angewandte Forschung. Da geht es unter anderem natürlich um die Frage, wie wir mit der Industrie umgehen. Das kann man nur gemeinsam erarbeiten. Deshalb halte ich es für vernünftig, wenn wir uns hier gemeinsam auf den Weg machen für den Standort Österreich.