Skandal aufgedeckt

So krank ist der Lachs auf unseren Tellern

Ein neuer foodwatch-Report enthüllt, wie es um Lachse aus norwegischer Aquakultur steht, die in unseren Supermärkten verkauft werden.

Heute Life
So krank ist der Lachs auf unseren Tellern
Die Realität der Lachszucht ist alles andere als tiergerecht.
Getty Images

Lachs ist gerade zu Weihnachten ein beliebtes Festmahl. Beim Kauf suggerieren insbesondere das ASC-Label und das gelbe GGN-Siegel, dass das Tier aus einer nachhaltigen und verantwortungsvollen Fischzucht stammt. Doch die Realität hinter den in der Werbung verbreiteten idyllischen Bildern sieht oft anders aus: Krankheiten, Parasiten und sehr hohe Sterblichkeitsraten. Das legt ein neuer Bericht der Verbraucherschutzorganisation foodwatch jetzt offen.

Norwegen ist der größte Lachsproduzent weltweit. Laut Report stirbt in der dortigen Lachsindustrie jeder vierte junge Lachs und jeder sechste größere Lachs bei der Aufzucht – meist aufgrund von Infektionskrankheiten. 2023 sollen in Norwegen und Schottland sowohl zahlenmäßig als auch prozentual die höchsten je registrierten Sterblichkeitsraten erreicht worden sein.

Das Fisch-Gütesiegel ASC steht für Aquaculture Stewardship Council. Es kennzeichnet Fische und Meeresfrüchte aus kontrollierten, zertifizierten Fischzuchtbetrieben.
Das GGN-Label zeichnet nachhaltige Aquakulturen aus. Das Siegel zielt vor allem darauf ab, Transparenz zu gewährleisten: Mithilfe eines Codes soll sich die Herkunft eines Fisches nachvollziehen lassen.

Krank, verletzt und blind

Der neue Report legt die skandalösen Zustände jetzt offen. Nach monatelanger Recherche in wissenschaftliche Studien, Medienberichte und Daten der norwegischen Lebensmittelüberwachung, konnten die Umstände jetzt aufgedeckt werden.

Lachse, blind und halb aufgefressen von Parasiten, schwimmen durch trübes Meerwasser. Manchen fehlen ganze Flossen, am Rücken liegt an offenen Stellen das Skelett frei. Dieses Horror-Szenario ist bitterer Alltag auf Fischfarmen vor der Küste Norwegens. Dieser kranke Fisch landet als Filet, geräuchert oder mariniert auf unseren Tellern, denn rund 84 % des Lachses in den österreichischen Supermärkten stammt aus norwegischer Aquakultur. Und nicht nur das: Auf dem Fangboot einer Aquafarm, die ASC zertifiziert war (!), fanden Kontrolleure der norwegischen Lebensmittelbehörde Tonnen kranker, sterbender oder bereits verendeter Fische, die weiterverarbeitet und verkauft werden sollten. foodwatch versuchte, die Herkunft von zehn ASC-zertifizierten Lachsprodukten aus deutschen Supermärkten zurückzuverfolgen, doch der ASC-Code gibt nur Auskunft über den Lieferanten, nicht den konkreten Zuchtbetrieb. Von den befragten Lieferanten gaben nur zwei die Fischfarmen preis, während drei die Auskunft verweigerten und drei weitere gar nicht erst reagierten. Dieses Ergebnis zeigt eine erhebliche Intransparenz, die den ASC-Marketingversprechen widerspricht.

Nötige Forderungen zur Verbesserung der Lage

foodwatch stellt in seinem Bericht außerdem vier Forderungen, die die Lage der Tiere verbessern sollen:

1. Der Lebensmitteleinzelhandel muss sicherstellen, nur Lachs aus Zuchtbetrieben zu verkaufen, die nachweislich gute Tiergesundheitsdaten und niedrige Mortalitätsraten vorweisen. Bis die massiven Probleme in der norwegischen Lachsindustrie nicht gelöst sind, sollte kein Lachs mehr aus Norwegen verkauft werden.

2. Es brauche klare Zielvorgaben für Tiergesundheit und deren Überwachung.

3. Produzenten, die gegen die bestehenden Standards und im Sinne der Tiergesundheit verstoßen, sollen belangt werden können.

4. Erhöhung der Transparenz und Rückverfolgbarkeit: Einführung strengerer Kennzeichnungs- und Rückverfolgbarkeitsstandards, damit Verbraucher:innen genau wissen, wo und unter welchen Bedingungen ihr Lachs produziert wurde. Und Veröffentlichung regelmäßiger Berichte über die Gesundheitszustände in den Aquakulturen und die Maßnahmen zur Krankheitsbekämpfung.

Mittelfristig sollte geprüft werden, ob Lachs überhaupt für die Aquakultur geeignet ist und welche Alternativen es geben könnte. Lachse sind Raubfische, die in der Natur weite Strecken schwimmen. Sie sind im Grunde nicht für die Zucht in engen Netzen/Käfigen geeignet. Die Tierschutzorganisation fairfish vergleicht dies mit Wölfen im Schweinestall – es widerspricht der artgerechten Haltung. Die hohe Besatzdichte in den Käfigen wird oft nicht berücksichtigt, was die gravierenden Probleme in der Aquakultur mitverursacht.

Derzeit im Fokus der Userinnen und User von Heute.at im Ressort "Life" ist die aktuell meistgelesene Story "". Ist dir etwas aufgefallen oder hast du einen Input für uns, dann schreib uns ein Mail.

Auf den Punkt gebracht

  • Ein neuer foodwatch-Report deckt die erschreckenden Zustände in der norwegischen Lachsindustrie auf, die Krankheiten, Parasiten und hohe Sterblichkeitsraten bei den Fischen offenbart.
  • Trotz vermeintlich nachhaltiger Labels wie ASC und GGN zeigt der Bericht, dass viele Lachse krank, verletzt und unter schlechten Bedingungen aufgezogen werden, was zu erheblichen Intransparenzen und Missständen in der Branche führt.
red
Akt.