Tiefe Stimme, kalter Blick
So erlebte ich den mutmaßlichen Obdachlosen-Killer
Überraschend erscheint der mutmaßliche Serientäter am Wiener Landl, weil er nach den Bluttaten seine Mutter geschlagen haben soll. "Heute" war dabei.
9:45 Uhr, Saal 32, im dritten Stock des Wiener Landls: Flankiert von sechs schwerbewaffneten Beamten schlürft der schlaksige Jugendliche in Badeschlapfen, Hoodie und Jogginghose zum Gerichtssaal – seine Gesichtszüge sind kindlich, doch seine Augen eiskalt. Süffisant lächelt der erst 17-Jährige, der drei wehrlose Opfer in Wien niedergestochen haben soll, als er die Kameras und Reporter um sich wahrnimmt. Ihm scheint die Aufmerksamkeit zu gefallen…
„Der ins Leere abschweifende Blick und die Gelassenheit des Teenies lassen für Sekundenbruchteile in eine völlig kranke Seele blicken.“
Kaum zu glauben, dass dieser unscheinbare Teenager zu diesen abscheulichen Taten fähig ist, denke ich, als ich ihn zum ersten Mal sehe. Doch dann geht er in Handschellen direkt auf mich zu und fixiert mich mit stoischem, entrücktem Blick: Ein Schaudern läuft mir den Rücken hinunter. Die ins Leere abschweifenden, leicht zusammengekniffenen Augen und diese schaurige Gelassenheit lassen für Sekundenbruchteile in eine völlig kranke Seele blicken.
Tiefe Stimme, provokantes Auftreten
Seine Mutter, die zuletzt das Unvorstellbare über ihren Sohn erfahren musste, betritt unter Tränen den Saal. Sie will nicht gegen ihren Sohn aussagen. Und auch der sagt nichts: Gelangweilt gähnt er mehrmals in der Verhandlung, lümmelt mit ausgestreckten Beinen oder zusammengekauert vor der Richterin auf seinem Sessel und brummt auf Anraten seines Anwalts nur mit tiefer Stimme "Keine Aussage".
Obdachlosen-Killer stellte sich
Nach zwei toten Männern und einer schwer verletzten Frau stellte sich am Montag ein erst 17-Jähriger der Wiener Polizei: "Ich bin der Obdachlosen-Killer"
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Als er den Vortrag der Anklägerin einmal unterbrechen will, wird er zurechtgewiesen. "Jetzt rede ich und Sie sind still", zischt die Staatsanwältin. Der 17-Jährige reagiert unbeeindruckt. Die Juristin hatte bis kurz vor der Verhandlung keine Ahnung, wer er war. Doch es passe für sie gut ins Bild, dass der provokante Angeklagte auch der Obdachlosen-Killer sein soll. "Es war ein Gewaltexzess", beschreibt sie den angeklagten Prügel-Angriff vom 18. September, bei dem seine Mutter ins Spital geprügelt und ihr mehrere Rippen gebrochen wurde.
Bist du Gewalt betroffen? Hier findest du Hilfe!
Frauenhelpline (rund um die Uhr, kostenlos): 0800 222 555
Männernotruf (rund um die Uhr, kostenlos): 0800 246 247
Rat auf Draht: 147
Autonome Frauenhäuser: 01/ 544 08 20
Polizei-Notruf: 133
Verteidiger Manfred Arbacher-Stöger beantragt ein Psycho-Gutachten. Der Jugendliche, der sich schuldig bekennt, stand damals unter Drogeneinfluss – Ketamin und Kokain. Er sei nicht zurechnungsfähig gewesen. Das angeforderte Schriftstück wird wohl nicht nur den tätlichen Angriff auf die Mutter zum Thema haben, sondern auch die furchtbaren Bluttaten, die schon davor geschahen.
In sechs bis acht Wochen soll es vorliegen. Die Verhandlung wurde vertagt – doch ein Wiedersehen vor Gericht mit dem mutmaßlichen Obdachlosen-Killer ist fix: Dann aber auch wegen zwei vollendeten und einem versuchten Mord an drei wehrlosen Menschen in Wien. Es gilt die Unschuldsvermutung.