17-Jähriger in Haft
Obdachlosen-Verdächtiger: Einzelgänger, "freundlich"
Der mutmaßliche Obdachlosen-Killer stellte sich am Montag der Polizei. Nachbarn des 17-Jährigen beschreiben ihn als zurückgezogen, aber freundlich.
"Ich bin der Obdachlosen-Killer", erklärte am Montag ein erst 17-jähriger Jugendlicher der Wiener Polizei. Der mutmaßliche Verdächtige soll bei seinem Vater in Mistelbach gewohnt und, stets mit zwei Messern bewaffnet, auf seine nächtlichen, blutigen Streifzüge nach Wien gefahren sein. Per Zufall und situationsbedingt dürfte der Jugendliche seine Opfer ausgewählt haben: Bei den Messer-Angriffen im Sommer 2023 auf schlafende Obdachlose waren ein 56- und ein 55-Jähriger getötet worden. Eine weitere Attacke hatte eine 51-Jährige mit schweren Verletzungen überlebt. Die Polizei fahndete mit einem Bild nach dem Verdächtigen, am Montag allerdings stellte er sich selbst den Beamten.
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Doch wer ist der 17-Jährige, dessen neue Freundin ihn dazu überredet haben dürfte, reinen Tisch zu machen? Nachbarn der Mutter in Wien zeichnen das Bild eines ruhigen und freundlichen Einzelgängers. Eine Beschreibung, die so gar nicht zu zwei mutmaßlichen Morden und einem Mordversuch passen will. Und auch im Zusammenhang mit der Mutter gibt es eine polizeiliche Vorgeschichte. Mitte September 2023 wurde die 56-Jährige nach Polizeiangaben von ihrem eigenen Sohn brutal attackiert, im Zuge der Auseinandersetzung soll der Sohn seine Mutter mehrmals ins Gesicht geschlagen und getreten haben. Die Frau wurde schwer verletzt, der Sohn erhielt ein Annäherungsverbot.
"Nie aufgefallen, dass er böse war"
Anders hatten die Nachbarn den jungen Mann kennengelernt. Einer der Ottakringer Nachbarn sagt zu "Heute": "Er war immer freundlich, da kann man nichts sagen." Auch mit der Mutter habe es ein gutes Auskommen gegeben: "Man trifft sich immer wieder, man tratscht ein bisschen herum. Sie ist eigentlich ganz eine Nette, freundlich, lieb, man kann reden." Nach der mutmaßlichen Attacke auf seine Mutter "war der Sohn weg", das habe er mitbekommen, so der Nachbar, Genaueres wisse man in der Nachbarschaft aber nicht. "Der Bub selber war mir nie aufgefallen, dass er böse war", so der Nachbar, der nach Worten ringt, das Geschehene sei einfach unbeschreiblich.
Man habe ihn einfach nicht oft gesehen – auch nicht heraußen, wenn er daheim war, so der Nachbar. Auch wären nie Freunde auf Besuch gewesen, der junge Mann habe sehr zurückgezogen gelebt. Eine weitere Nachbarin, die auch direkt beim Polizeieinsatz nach dem Angriff auf die Mutter vor Ort war, bestätigt den Eindruck: Die Familie hatte freundlich gewirkt, viel wisse man aber nicht über sie, außer dass der Sohn eine HTL besuchte und seine Mutter manchmal klagte, dass ihr Sohn in der Pubertät typische Probleme mache. Schockierend sei der Angriff auf die Mutter gewesen.
Eine Zeugin habe ihr berichtet, dass in der Nähe ein junger Mann auf eine Frau einprügle, gemeinsam habe man dann die Polizei verständigt. "Er war völlig außer sich", so die Nachbarin zum Angreifer, den sie zuvor auch von einer ganz anderen, emotionalen Sete erlebt hatte. So hatte er sich noch vor dem Corona-Ausbruch ihr anvertraut, dass ihm die Trennung seiner Eltern zu schaffen mache und es ihm nun in Wien "reicht", weswegen er zum Vater zog. Dort habe er es damals allerdings auch nicht länger als 14 Tage ausgehalten und sei wieder zu seiner Mutter zurückgekehrt. "Bei meinem Vater funktioniert es überhaupt nicht", hatte der heute 17-Jährige damals gesagt.
"Reinschauen kann man halt in niemanden"
Seine Mutter habe sich um den jungen Mann "sehr bemüht", aber "reinschauen kann man halt in niemanden". Am Tag des Angriffs auf seine Mutter hatte die Nachbarin den Eindruck gehabt, "dass er etwas genommen hat". Nach bisherigem Wissensstand dürfte der junge Mann seit rund einem Jahr Drogen konsumiert haben – zuerst Party-Drogen, dann harten Stoff wie Kokain und Heroin. "Ich hab gesagt, hör auf, aber er war nicht zu bändigen", so die Nachbarin zum Angriff auf die Mutter. Die Unschuldsvermutung gilt.