Politik
"Sie wollten Kreuze verbrennen": ÖVP-Wutbrief an Babler
"Ihre Politik macht Menschen zu Bittstellern": Heftiger Konter von ÖVP-Abgeordneter Gudrun Kugler nach dem Brief von Andreas Babler an ÖVPler.
Ziemlich beste Brieffreunde: Wie von "Heute" berichtet, richtet sich SPÖ-Vorsitzender Andreas Babler am Sonntag in einem offenen Brief an die verbliebenen Christlich-Sozialen in der ÖVP. Karl Nehammers Burger-Affäre habe für ihn das Fass zum Überlaufen gebracht, so Babler, der an den moralischen Wertekompass der schwarzen Wählerschaft appellierte. "Sie haben in der Vergangenheit viel ertragen müssen. Ihre Partei hat in schwarz-blauen Koalitionen auf das vergessen, was ich als Sozialdemokrat Solidarität nenne und Sie christliche Nächstenliebe." Die ÖVP habe es verlernt, jemandem, der stürzt, die helfende Hand zu reichen, statt auf ihn herabzuschauen.
Nun bekam der Traiskirchner Bürgermeister eine Antwort von ÖVP-Mandatarin Gudrun Kugler. Die streng gläubige Abgeordnete spart nicht mit Kritik am SPÖ-Chef, wirft ihm vor, dass er "vor wenigen Jahren noch selbst Kreuze verbrennen wollte". Hintergrund ist ein längere Zeit zurückliegender Bericht in einer Kommunalzeitung, wo sich Babler entsprechend geäußert hatte. Kugler wirft dem Roten nun vor, "Menschen zu Bittstellern" zu machen. "Heute" hat das ganze Schreiben:
Das Wut-Video des Kanzlers
Der Brief im Wortlaut:
Sehr geehrter Herr Parteichef Babler!
Die Lackschicht Ihrer freundlichen Einladung an die "Christlich-Sozialen Verbliebenen" ist dünn. Denn man muss nicht lange nachgrübeln um zu erkennen, dass Sie Kirchen nur von außen kennen. Kein Wunder, wollten Sie ja noch vor wenigen Jahren selbst Kreuze verbrennen.
In meinen "zahlreichen Gesprächen" konnte ich mich nämlich vergewissern, dass der Christlich-Soziale ein kritischer Geist ist, der sich zuallererst für den Wahrheitsgehalt einer Aussage interessiert. Was Sie in Ihrem Brief über das Video von Bundeskanzler Nehammer sagen, ist schlichtweg falsch. Durch zahlreiche Maßnahmen – insbesondere für Kinder! – hat die Bundesregierung gezeigt, dass sie niemanden zurücklässt. Kein Wunder, dass die Schrift in Ihrem Brief dabei rot wird!
Des Weiteren hätten Sie einen Blick in den Katechismus werfen können, um einige Missverständnisse kurz und schmerzlos aufzuklären. Hoffentlich haben Sie Ihre Ausgabe desselben nicht auch verbrannt. Ich borge Ihnen gerne meine – wenn ich sie bitte auch wieder zurückbekomme! - und markiere Ihnen gerne die Absätze 2427 und 2431. Dort heißt es nämlich: "Die menschliche Arbeit ist das unmittelbare Werk der nach dem Bilde Gottes geschaffenen Menschen… Die Arbeit ist somit eine Pflicht." Und "Hauptaufgabe des Staates ist es", die "Sicherheit zu garantieren, so dass der, der arbeitet und produziert, die Früchte seiner Arbeit genießen kann und sich angespornt fühlt, seine Arbeit effizient und redlich zu vollbringen ... Aber die erste Verantwortung auf diesem Gebiet liegt nicht beim Staat, sondern bei den Einzelnen und bei den verschiedenen Gruppen und Vereinigungen, in denen sich die Gesellschaft artikuliert."
Den Rahmen für die Arbeit, den der Katechismus fordert, nennen wir Christlich-Soziale "ökosoziale Marktwirtschaft". Das ist eben keine zentralistische Planwirtschaft, sondern lässt die Menschen frei, ihre Talente und Ideen zu verwirklichen. Zugleich bedeutet das, Rahmenbedingungen zum Schutz von Menschen – ja, insbesondere den Armen! - und Umwelt zu schaffen.
Herr SPÖ-Parteiobmann, Sie setzen Ihre Vorstellung von "Solidarität", in der der Staat hohe Steuern eintreibt und diese nach Gutdünken verteilt, mit "christlicher Nächstenliebe" gleich. Und dabei übersehen Sie, dass wir bereits 30% der Wirtschaftsleistung für Soziales ausgeben. Ihre Politik macht die Menschen zu "Bittstellern"! Nicht die von uns hochgehaltene Eigenverantwortung, wie Sie behaupten. Die Umsetzung Ihrer Vorstellungen würde die Menschen in staatlicher Abhängigkeit halten und den Mittelstand ruinieren. Den einen zentralen Begriff der katholischen Soziallehre verwenden Sie falsch. Den anderen auf allen Ebenen – von Brüssel bis Traiskirchen – so wesentlichen Grundsatz, nämlich die Subsidiarität verbannen Sie aus Ihren Überlegungen.
Wir Christlich-Sozialen unterstützen das staatliche soziale Auffangnetz, für jene Menschen, die selbst nicht zurechtkommen. Und gleichzeitig geben wir unsere Verpflichtung, den Armen zu helfen, nicht einfach an staatliche Autoritäten ab, sondern helfen darüber hinaus in zahlreichen Engagements.
Wir begrüßen es, dass die Bundesregierung die Spendenabsetzbarkeit an Hilfsorganisationen ausgeweitet hat. Denn persönliche Nächstenliebe organisiert in unserem Verständnis nicht der Staat. Denn Eigenverantwortung ist "Mitwirkung an Gottes Werk" und Arbeit – wenn sie auch manchmal mühsam ist – Teilhabe, Entfaltung und Freude.
Darum muss ich Sie enttäuschen. Wir werden nicht "ein Stück des Weges mit Ihnen gehen" – denn eingepackt in schöne Worte finden wir bei Ihnen nur Unwahrheiten und eine Verdrehung dessen, was uns heilig ist.
Ihre Abg. z. NR Gudrun Kugler