Politik

Kurz: "Können nicht alle in Österreich aufnehmen"

Kanzler Kurz reagiert in einer öffentlichen Video-Ansprache auf die humanitäre Katastrophe im abgebrannten, griechischen Flüchtlingslager Moria.

Roman Palman
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Kurz zu Flüchtlingsdrama in Moria
Kurz zu Flüchtlingsdrama in Moria
Screenshot Facebook/Sebastian Kurz, picturedesk.com/AFP/Louisa Gouliamaki

"Die Bilder aus Moria lassen niemanden kalt – es kann aber auch nicht sein, dass wir zulassen, dass sich 2015 wiederholt" – Mit diesen Worten macht Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) in einem am Samstag veröffentlichten Video-Statement seine Position, und damit jene der Regierung, zur Aufnahme neuer Flüchtlinge in Österreich klar:

Die Bilder aus dem griechischen Flüchtlingslager (siehe Diashow unten) würden in ihm eine "unglaubliche Betroffenheit auslösen", erklärt Kurz weiter. Besonders deshalb, weil er im Laufe seiner Regierungstätigkeit, erst als Außenminister, jetzt als Kanzler, bei seinen Reisen im Ausland ähnliche Zustände sehen habe müssen.

Kurz erinnert an einen Besuch in einem irakischen Flüchtlingscamp, in dem er mit Menschen gesprochen habe, "die vom IS grausam verfolgt" worden waren. Doch das sei nicht die einzige Situation gewesen, in der er solches Leid habe erleben müssen: 

"Bei Besuchen in Armenien oder am Balkan, in Roma-Siedlungen dort, ist uns bewusst geworden, welche unglaubliche Armut es eigentlich in unser unmittelbaren Nachbarschaft gibt", schildert der Kanzler weiter. "Das alles sind Erlebnisse wo es eine einzige Emotion gibt, die man empfindet; nämlich den Wunsch zu helfen".

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    Flüchtlinge evakuiert: Im Flüchtlingslager Moria auf Lesbos sind mehrere Brände ausgebrochen.
    Flüchtlinge evakuiert: Im Flüchtlingslager Moria auf Lesbos sind mehrere Brände ausgebrochen.
    picturedesk.com

    Hilfe vor Ort

    Aber: "Von Moria angefangen" gebe es auf der Welt hunderte Millionen von Menschen in solcher Not, beginnt Kurz den politischen Teil seiner Ansprache: "Es wird einem bewusst, dass man, wenn man helfen möchte, nicht alle in Österreich aufnehmen kann." Stattdessen müsse vor Ort geholfen werden, bekräftigt Kurz.

    Einer Aufnahme auch nur von einem kleinen Teil der Flüchtlinge – wie es etwa die Stadt Wien und auch der eigene Koalitionspartner, die Grünen (Sigi Maurer: "Beißen bei ÖVP auf Granit"), gefordert hatten – stellt er sich entgegen.

    "Wenn ich das höre, dann habe ich ein Stück weit den Eindruck, dass viele gar nicht wissen, was genau eigentlich Österreich leistet. Dass viele gar nicht wissen, ob wir pro Jahr zehn, hundert oder noch mehr Kinder aufnehmen – abseits der Kamera und der medialen Berichterstattung", teilt Kurz in Richtung der Kritiker aus. 

    "Nicht der richtige Weg"

    Diese Wissenslücke wolle er hiermit füllen: Alleine in diesem Jahr habe Österreich 3.700 Kinder, im Schnitt also jede Woche rund 100 Kinder, per positivem Asylbescheid aufgenommen und in unserem Land Sicherheit geboten. "Österreich hat in den letzten fünf Jahren, seit Beginn der Flüchtlingskrise, 200.000 Menschen aufgenommen. Wir sind damit das drittstärkst betroffene Land in ganz Europa", erklärt der Kanzler. Schon jetzt stehe man vor "großen Herausforderungen in der Integration." 

    "Wir haben 30.000 arbeitslose Asylberechtigte in unserem Land und in den Wiener Pflichtschulen haben über 50 Prozent der Kinder nicht Deutsch als Muttersprache", so Kurz. Diese Zahlen würden zeigen, dass eine weitere Aufnahme von Flüchtlingen "nicht der richtige Weg sein kann."

    Der Regierungschef erinnert an die Balkanroute: "Am Anfang [kamen] Tausende, dann Zehntausende und am Ende über eine Million. Das Ergebnis war: eine Polarisation der Politik in Europa, eine massive Überforderung der Europäischen Union – und das Schlimmste: es sind immer mehr Menschen nach Europa aufgebrochen, weil sie gedacht haben, die Grenzen sind offen." 

    "Menschenunwürdiges System"

    "Jetzt haben einige Migranten das Flüchtlingslager Moria angezündet und zerstört, um Druck zu machen, dass sie weiter von Lesbos auf das europäische Festland kommen", so Kurz zu der Feuerkatastrophe. "Wenn wir diesem Druck jetzt nachgeben, dann riskieren wir, die selben Fehler zu machen wie im Jahr 2015." Anbetracht des dadurch florierenden Schlepper-Geschäfts und Tausender Toten im Mittelmeer könne Kurz "dieses menschenunwürdige System aus 2015" nicht mit seinem Gewissen vereinbaren.

    "Was wir tun wollen und werden, ist vor Ort zu helfen", legt der Kanzler Österreichs Kurs fest. Er wolle dazu ein umfassendes Paket schnüren, um unter anderem die Versorgung und Unterbringung der Flüchtlinge sicherzustellen. Die Mittel sollen aber auch notleidenden Menschen in Gebieten, "die derzeit nicht im Scheinwerferlicht stehen", zu Gute kommen. "Dazu sind wir auch schon in Gesprächen mit unserem Koalitionspartner." Auf europäischer Ebene wolle er sich für einen "ganzheitlichen Ansatz" einsetzen.

    "Was es nicht braucht, ist Symbolpolitik, sondern echte, nachhaltige, finanzielle Unterstützung für die betroffenen Gebiete eine wirtschaftliche Perspektive für den afrikanischen Kontinent und auch einen effektiven Schutz unserer Außengrenzen."

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      Am Freitag kam es in Wien zu einer Solidaritätsbekundung für die Migranten in Moria.
      Am Freitag kam es in Wien zu einer Solidaritätsbekundung für die Migranten in Moria.
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