Experte warnt

Schließungen in Spitälern "nur die Spitze des Eisbergs"

Gesundheitsminister Johannes Rauch will durchgreifen, die Ärztekammer bangt um ihre Kompetenzen und droht mit Streik. Ein Experte ordnet ein.

Schließungen in Spitälern "nur die Spitze des Eisbergs"
IHS-Gesundheitsexperte Thomas Czypionka zu Gast in der ORF-"ZIB2" am Sonntagabend.
Screenshot ORF

Das Präsidium der Wiener Ärztekammer hat beschlossen, fünf Millionen Euro für Kampfmaßnahmen zur nachhaltigen Sicherstellung der Patientenversorgung bereitzustellen. Hintergrund sind die vorliegenden Entwürfe zu den Finanzausgleichsbegleitgesetzen. "Die Politik möchte offenbar auf Kosten der Gesundheit unserer Bevölkerung ein heimliches Sparpaket schnüren. Das zeigt etwa das geplante Verbot für Patienten, das ihnen bekannte Medikament weiterhin zu bekommen, wenn es eine Alternative gibt, die auch nur einen Cent weniger kostet, auch wenn diese Alternative nicht so gut vertragen wird, oder auch der geplante Ausverkauf der medizinischen Versorgung an deutsche und europäische Gesundheitskonzerne", kritisierte Präsident Johannes Steinhart.

Gesundheitsminister Johannes Rauch (Grüne) geriet dabei ins Kreuzfeuer der Kritik, will aber trotz Drohgebärden weiterhin an seinen Plänen für die Strukturreform des Gesundheitssystems festhalten. "Die Ärztekammer hatte zuletzt massive Befürchtungen geäußert und Desinformation verbreitet", schoss Rauch postwendend zurück. "Wir haben uns jedoch geeinigt, dass es bei der Reform um die Patienten gehen muss", so der Minister. Aus diesem Grund werden Ärztekammer und Ministerium nun den "konstruktiven Weg" bestreiten und weitere Gespräche führen. "Niemand will, dass der Streit auf dem Rücken der Patienten ausgetragen wird", stellt der Grünen-Politiker klar. Mit konkreten Ergebnissen der weiteren Verhandlungen ist allerdings vorerst noch nicht zu rechnen.

"Das ist nur die Spitze des Eisbergs"

"Es gibt bisher sehr wenige Reformen, die Realität läuft uns davon", warnte am späten Sonntagabend der Gesundheitsexperte Thomas Czypionka bei Moderator Martin Thür in der ORF-"ZIB2". Deswegen sei es notwendig, "dass wir jetzt größere Würfe machen". Die Situation drohe, schlimm zu werden, geschlossene Spitalsabteilungen seien nur "die Spitze des Eisbergs". Es brauche "jetzt schnelle Reformen", damit man sich auf künftige Krisen vorbereiten könne, so Czypionka. Das Geld sei "das Eine", es gebe aber auch Gesetzesvorhaben, die mit der Gesundheitsreform verhandelt würden, mit denen die Besetzung von Stellen und Termine für Patienten beschleunigt würden.

Es gehe auch darum, auf "multiprofessionelle Versorgung" zu setzen, deswegen würden Patienten oft in die Ambulanz gehen und nicht zu niedergelassenen Ärzten, so Czypionka. Es wäre besser für sie, wenn sie "alles unter einem Dach" hätten, hieß es. "Wenn die Patienten draufkommen, was das für Vorteile bringt", dann würde das auch funktionieren. Sie bekämen eine telefonische Beratung, was ihnen fehlen könnte, statt mit Angst zum Arzt zu gehen und dort warten zu müssen. An der Zielgruppe vorbei sei das nicht, auch wenn einige Patienten der deutschen Sprache oder der Technologie nicht so mächtig seien. Es funktioniere und erhöhe die Qualität der Versorgung, so der Experte.

"Entmachtung ist nicht sehr weitreichend"

Nicht nachvollziehen, könne er, dass es Sorgen der Kammer bei der Wirkstoffverschreibung gebe. Der Arzt könne sich damit auf Behandlung und Therapie konzentrieren, der Apotheker auf "das, was er gelernt hat", nämlich das passende Medikament für den Patienten auszuwählen. Nachvollziehen an der Kritik der Ärztekammer könne er nur, "warum sie diese Kritik übt", er "lese die Reformvorhaben" aber nicht so dramatisch, wie es die Kammer tue. Der "Zug der Zeit" scheine zu sein, dass die Kammer an Einfluss verliere und dass man Reformen nicht so schnell umgesetzt habe, wie man es hätte sollen. Und: Die "Entmachtung" der Ärztekammer sei "nicht sehr weitreichend", so Czypionka.

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    Der Streit zwischen Ärztekammer und Gesundheitsminister Johanes Rauch spitzt sich immer mehr zu.
    Der Streit zwischen Ärztekammer und Gesundheitsminister Johanes Rauch spitzt sich immer mehr zu.
    HELMUT FOHRINGER / APA / picturedesk.com
    rfi, red
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