Politik
"Erschreckend" – Schallenberg lässt im ORF aufhorchen
Wladimir Putin bedroht die Ukraine, die EU will bei einem Einmarsch mit Sanktionen antworten. "Es ist erschreckend", sagt Außenminister Schallenberg.
Der Konflikt zwischen Russland und der Ukraine war Dienstagnacht das bestimmende Thema der ZIB2 mit ORF-Star Armin Wolf. "Es ist erschreckend, dass wir im Jahr 2022 uns wieder mit dem Risiko eines Kriegs in Europa auseinandersetzen müssen", analysiert Außenminister Alexander Schallenberg (ÖVP) als Interviewgast die aktuelle Situation.
Die EU sieht den Einmarsch Russlands in der Ukraine bereits als reale Gefahr: "Wir sind sehr besorgt, aber noch nicht am Ende der Diplomatie. Wir setzen auf Diplomatie und Abschreckung", sagt Schallenberg. Wenn sich Russland nun mit Panzern und Raketen Gehör verschaffen wolle, sei das "in Wirklichkeit sehr traurig, weil es ein Eingestehen des Scheiterns ist".
Schulterschluss und Bumerang
Europa müsse jedoch auf einen Einmarsch antworten. Gemeinsam werde innerhalb der EU nun ein Sanktionenpaket erarbeitet, das Putin mitten ins Herz treffen soll. "Gleichzeitig signalisieren wir, dass es eine deutliche und rasche Antwort des Westens geben wird", so der Minister. Dabei gelte es nun "sicherzustellen, dass Sanktionen nicht zu Bumerang werden".
Entgegen vieler Medienberichte sieht der frühere Interims-Kanzler aber "einen enormen Konsens, einen Gleichklang und einen Schulterschluss" bei den Verhandlungen zwischen den EU-Mitgliedsstaaten.
"Es fließt kein Kubikmeter Gas"
Den Streit um die Gaspipeline "Nord Stream 2" sieht er trotz Österreichs Abhängigkeit von russischem Erdgas gelassen. Er sieht ein Aus dieser wichtigen wirtschaftlichen Verbindung in der Nordsee nicht als Druckmittel gegen die Russen – offenbar ganz im Gegensatz zu Anchorman Armin Wolf, der bei diesem Thema mit Vehemenz nachbohrte.
"Noch einmal, die Pipeline funktioniert nicht. Es fließt kein Kubikmeter Gas", zog Schallenberg einen Strich unter das Thema. Nord Stream 2 habe noch nicht einmal eine Genehmigung für die Inbetriebnahme und es wäre "zu diesem Zeitpunkt erstaunlich", sollte sich dies ändern. "Wir müssen uns von der Fixation auf diese Pipeline lösen. Wenn wir auf militärische Aktionen reagieren wollen, dann ist das keine Drohkulisse."
Mit- statt gegeneinander
Gleichzeitig schärft das Regierungsmitglied nach: "Es kann in Europa keine nachhaltige Stabilität ohne Russland geben", zitiert Schallenberg den deutschen Präsidenten Frank Walter Steinmeier und fügt hinzu: "Und das gilt auch umgekehrt. Es wird für Russland keine nachhaltige Stabilität und Sicherheit gegen, sondern nur mit Europa geben." Das sei eine Realität, die kein Politiker negieren könne.
Der nicht mit Putin tanzt
Dass es gleich mehrere Ex-Bundeskanzler und Minister nach ihrem Polit-Ende in Aufsichtsräte staatsnaher russischer Unternehmen zog, wollte Schallenberg ebenso wenig kommentieren wie die umstrittene Einladung Putins zur Hochzeit seiner Amtsvorgängerin Karin Kneissl.
Auf Nachhaken von Wolf ("Sie müssen doch eine Meinung haben"), sagte Schallenberg dann nur so viel: "Als Mann käme ich nicht in Versuchung, mit Putin zu tanzen und werde es auch nicht tun."
Zum Abschluss konfrontierte der ORF-Star noch mit zwei Aussagen über Putin. Dieser sei nach dem deutschen Alt-Kanzler Gerhard Schröder ein "lupenreiner Demokrat" und laut US-Präsident Joe Biden ein "Killer": "Wer ist denn näher an der Wahrheit?". Da konnte Schallenberg nur schmunzeln: "Ich glaube, die Wahrheit liegt ungefähr in der Mitte."