Politik
Schallenberg an Taliban: "Vorgehen sofort stoppen"
Die radikal-islamischen Taliban fordert Außenminister Schallenberg dazu auf, "ihr rücksichtsloses Vorgehen sofort zu stoppen."
Die Regierungstruppen kommen in Afghanistan immer mehr in Bedrängnis. Selbst über den größten Teil des verbliebenen Gebiets im Norden und Westen haben sie die Kontrolle an die Taliban verloren. Die Regierung in Kabul kontrolliert neben der Hauptstadt lediglich noch eine Handvoll Gebiete und vielerorts belagerte Städte. Schwer ins Gewicht fällt der Verlust der Stadt Ghasni südlich von Kabul.
Die Provinzhauptstadt ist strategisch wichtig, weil sie an einer zentralen Verbindungsstraße zwischen Kabul und Kandahar liegt, über die die afghanischen Streitkräfte Nachschub erhalten. Jetzt aber sind sie zunehmend von der Verstärkung über den Landweg abgeschnitten. Der Druck auf die ohnehin überlastete Luftwaffe wächst nun umso mehr. Binnen einer weiteren Woche könnte auch Kabul an die Taliban fallen, vermuten Experten.
Als Konsequenz hat die deutsche Regierung beschlossen, das Personal der Botschaft in Kabul in den nächsten Tagen auf das "absolute Minimum" zu reduzieren. Auch Dänemark und Norwegen schließen vorübergehend ihre Botschaften in Kabul. Sämtliche Angestellte der dänischen Botschaft werden evakuiert, darunter auch lokal ansässige afghanische Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.
Österreich sorgt für Schlagzeilen
Für Schlagzeilen sorgt nun aber ausgerechnet Österreich. Die Nachrichtenagentur "Reuters" titelt "Österreich behält harte Linie bei Abschiebungen nach Afghanistan". Dabei bezieht man sich auf ein Statement von Innenminister Karl Nehammer, der gegenüber der "APA" erklärte: "Es ist einfach, einen generellen Abschiebestopp nach Afghanistan zu fordern, aber andererseits die zu erwartenden Fluchtbewegungen zu negieren. Wer Schutz benötigt, muss diesen möglichst nahe am Herkunftsland erhalten."
Im Gegensatz zum Rest der EU erklärten sechs Länder, auch weiter nach Afghanistan abschieben zu wollen. Die Hälfte dieser Staaten (Deutschland, Niederlande und Dänemark) hat seine Meinung aber mittlerweile wieder geändert. "Jeder Staat entscheidet hier für sich", sagt Nehammer dazu. Auch Deutschland habe die Abschiebungen immerhin nur temporär gestoppt.
Zur Lage in Afghanistan
Im Global Peace Index liegt Afghnaistan aktuell auf dem letzten Rang. Jedes Jahr werden Tausende Zivilsten ermordet. Terroranschläge sind an der Tagesordnung. Im Mai zogen sich die internationalen Truppen zurück, seitdem sind die radikal-islamistischen Taliban wieder auf dem Vormarsch, beherrschen mittlerweile den Großteil des Landes. Das österreichische Außenministerium warnt auf seiner Website: "Bestehendes Risiko von gewalttätigen Auseinandersetzungen, Raketeneinschlägen, Minen, Terroranschlägen und kriminellen Übergriffen einschließlich Entführungen, Vergewaltigungen und bewaffneter Raubüberfälle im ganzen Land. Den in Afghanistan lebenden Auslandsösterreichern und Österreichern, die sich aus anderen Gründen in Afghanistan aufhalten, wird dringend angeraten das Land zu verlassen."
Schallenberg bittet zu Tisch
Außenminister Alexander Schallenberg (ÖVP) warnt unterdessen von der internationalen Dimension des Konflikts und würde gerne auf Gespräche setzen. "Konflikt und Instabilität in der Region werden früher oder später auch auf Europa und somit auf Österreich überschwappen. Durch unser Handeln nach außen stärken wir unsere Sicherheit nach innen", sagte er laut "orf.at".
Die Taliban fordert er dazu auf, "ihr rücksichtsloses Vorgehen sofort zu stoppen und an den Verhandlungstisch zurückzukehren". Denn: "Man kann nicht die eine Hand zum Dialog ausstrecken und mit der anderen weiter die Waffe umklammern.“