Ukraine
Russland-Experte: "Wenn man Putin töten wollte..."
Russland-Experte Gerhard Mangott denkt, der Drohnen-Anschlag auf den Kreml geht tatsächlich auf die Kappe der Ukrainer. Doch der Grund überrascht.
Ein Video mit Knalleffekt veröffentlichten die russischen Behörden am Mittwoch. Dieses zeigt einen vermeintlichen Anschlag auf den Kreml, Amtssitz des russischen Präsidenten Wladimir Putin. Darauf zu sehen: Eine Drohne, die unmittelbar an einer Kuppel des Kremls explodiert und in Flammen zu Boden stürzt.
Die Spekulationen starteten sofort. Versuchte die Ukraine tatsächlich, Wladimir Putin zu ermorden? Oder war es eine "False-Flag-Aktion", mit der die Russen ein noch härteres Vorgehen gegen die Ukraine rechtfertigen wollte bzw. dem eigenen Volk die Bedrohungslage zu verdeutlichen?
Machtdemonstration
Die "Kleine Zeitung" hat dazu den Politikwissenschaftler und Russland-Experten Prof. Gerhard Mangott befragt. Er spricht von zwei möglichen Erklärungen. Dass Russland den Anschlag inszeniert hat, hält er für weniger wahrscheinlich als dass die Aktion auf ukrainische Kappe geht – "aber nicht, um Putin zu töten." Immerhin nütze diese Erzählung der Kreml-Propaganda, wo doch Putin nur äußert selten in Moskau, sondern stattdessen in einer seiner Hochsicherheits-Residenzen weilt.
"Wenn man Putin töten wollte, hätte man einen anderen Weg gewählt", ist Mangott überzeugt. "Es war meines Erachtens ein demonstratives Signal der ukrainischen Seite, dass man in der Lage ist, selbst in der russischen Hauptstadt zuzuschlagen", sagt er der "Kleinen Zeitung". Beweise dafür gibt es aber noch keine.
Kein Nuklear-Einsatz
So oder so seien die Geschehnisse für die russische Flugabwehr kein Ausweis von Qualität. Dieses Bild sei schlüssig, denn diese hat bereits mehrere Male empfindlich versagt. Ebenso versagt hat Russland bei den vielen Versuchen in diesem Jahr, eine neue Offensive zu starten. Zudem geht Russland schon jetzt so brutal gegen die Zivilbevölkerung vor, dass es keinen weiteren Vorwand brauche.
Nun streitet aber die Ukraine laut "Kleine Zeitung" eine Beteiligung vehement ab. Wie Mangott ausführt habe das damit zu tun, dass westlichen Waffenlieferanten eigentlich versprochen wurde, mit dem Material keine Angriffe aus russischem Territorium durchzuführen.
Die Sicherheitsbedenken bei der anstehenden, traditionellen Siegesparade am 9. Mai werden dadurch freilich größer. Immerhin: "Ich glaube nicht, dass wir es auf absehbare Zeit – oder überhaupt - mit einem russischen nuklearen Einsatz zu tun haben werden", beruhigt Mangott.