Spiele-Test
"Retropolis 2" – endlich ein gutes Adventure in VR
"Retropolis 2: Never Say Goodbye" schafft es endlich, den Reiz klassischer Point-and-Click-Adventures in die Virtuelle Realität zu bringen.
"The Secret of Retropolis" und sein Nachfolger "Retropolis 2: Never Say Goodbye" gibt es schon etwas länger für verschiedenste Plattformen, nun schafft der zweite Teil auch den Sprung auf die PlayStation VR2. Und das ist ein Grund, der Fans alter Adventure-Klassiker jubeln lassen sollte. Wer früher "Monkey Island" oder "Day of the Tentacle" geliebt hat, der darf sich ordentlich auf das Werk des Entwicklers Peanut Button freuen. "Retropolis 2" nimmt sich das klassische Auswahl- und Such-Gameplay der Klassiker und versetzt es in eine Noir-VR-Optik mit viel Stil.
Sich selbst bezeichnet das Abenteuer als "VR-Film-Noir-Adventure". Heißt: Ganz so frei wie in klassischen Adventures ist man nicht, die wichtigsten Elemente sind aber dennoch auch in VR enthalten – und das Game ist dadurch auch für komplette Neulinge zugänglich. Die Steuerung geht sofort ins Blut über, die Spielmechaniken sind nie überfordernd und sogar wenn man die Geschehnisse des ersten Teils nicht kennt, hat man genauso seinen Spaß. Umgekehrt gilt aber: Wem Handlung und Gameplay von Teil 2 gefallen, findet im ersten Teil ähnliches Niveau vor.
Gute Handlung mit Witz, Action und auch Spannung
"Retropolis 2" führt uns erneut in die Stadt der Roboter und versetzt uns wieder in die Blechhaut des Roboter-Detektivs Philip Log. Wer Teil 1 verpasst hat, bekommt zum Start des Games eine kurze Video-Zusammenfassung der Geschehnisse des Vorgängers bis hin zu dem Jahr, das zwischen Teil 1 und Teil 2 vergangen ist. Mit dabei ist auch wieder Femme Fatale Jenny Montage, die Opfer einer mysteriösen Entführung wird und den Detektiv zu Hilfe ruft. Da dieser aber einfach keine Spur zur Gesuchten findet, ertränkt er seine Sorgen immer mehr im Alkohol.
Einen entscheidenden Hinweis kann schließlich ein ehemaliger Polizisten-Kollege dem Detektiv liefern. Doch dieser Hinweis wirft auch noch mehr Fragen und Gefahren auf – denn er führt schnell zu dem phantomhaften "Magician", der eigentlich als Mythos galt. Mehr wollen wir von der Handlung auch gar nicht verraten, außer dass sie je nach Spielweise rund drei bis sechs Stunden hervorragend unterhält. Am Weg zum Ziel klicken sich Spieler nun durch Szenen und Dialoge, lösen ein paar Rätsel und werden mit Witz, Action und Spannung sehr gut unterhalten.
Point-and-Click ganz wie in der guten alten Zeit
Auch wenn sich "Retropolis 2" nun per PSVR2-Headset spielt, herumhechten und wild fuchteln muss man dennoch nicht. Anfänger wird freuen, dass man sich mit der VR-Brille am Kopf ganz entspannt auf einen Stuhl oder die Couch setzen darf und dann mit den Sense-Controllern einfach markiert und antippt, was aktiviert oder ausgewählt werden soll. Im Spiel ist das sogar hervorragend erklärt, wieso wir in der Realität keine Verrenkungen brauchen: Robo-Detektiv Philip Log verfügt über "Extendo-Arme", die ausfahren und Gegenstände in der Ferne greifen.
So darf man sich trotz VR-Technologie ganz auf das klassische Gameplay konzentrieren, konkret die Schauplätze absuchen und eingesammelte Gegenstände miteinander kombinieren, um Voranzukommen. Dieser Mix aus klassisch und modern zeigt sich auch in den Details: Visiert man mit dem Sense-Controller ein Objekt an und aktiviert oder greift es per Trigger-Taste, kommen nicht nur haptisches Vibrationsfeedback und adaptiver Triggertasten-Widerstand zum Einsatz, es gibt auch das aus alten Klassikern beliebte Maus-Klickgeräusch.
Viele tolle Rätsel – und ein paar echt frustrierende
Auch in Sachen Lernkurve ist alles auf Entspannung und Unterhaltung ausgelegt. Die ersten Rätsel sind kinderleicht, erst später werden sie knackiger. So knackig, dass auch Rätsel-Experten ihre Freude mit dem Game haben werden. Die Qualität der Rätsel ist dabei zum größten Teil sehr gut, es gibt nur ein paar Ausreißer in Form von Schalttafel-Puzzles, bei denen jeweils durch Anklicken von Feldern eine einheitliche Farbgebung hergestellt werden soll. Diese Aufgaben sind kompliziert und können für Frust sorgen, wenn man das Konzept nicht versteht.
Dazu kommt, dass "Retropolis 2" als klassisches Adventure keine Lösungen bereitstellt, ja noch nicht einmal kleine Tipps und Hinweise gibt, wenn man gerade an einer Stelle oder bei einem Rätsel festhängt. Das gehört für Fans der klassischen Erfahrung natürlich zum guten Ton, zumindest dezente optionale Hinweise wären aber für Neulinge dennoch fein gewesen. Die Stimmen der Charaktere werden übrigens nur auf Englisch ausgegeben, Untertitel und Menüführung gibt es aber auf Deutsch. Möglich, dass da noch ein Sprach-Update folgen wird.
"Retropolis 2" – endlich ein gutes Adventure in VR
Grafisch darf man sich keinen Hochglanz-VR-Thriller erwarten, gut gefällt der düstere Comic-Look aber dennoch. Die Besonderheit ist, dass laut den Entwicklern alle 3D-Objekte im Spiel in der Virtuellen Realität handgemalt wurden. Statt Objekte einfach per Editor zu bauen und ins Spiel zu packen, seien sie in liebevoller Handarbeit gezeichnet worden – so seien laut den Entwicklern 2,5 Millionen virtuelle Pinselstriche zustande gekommen. Auch preislich muss man für das Game nicht allzu tief in die Tasche greifen, der Titel is für rund 25 Euro zu haben.
"Retropolis 2: Never Say Goodbye" schafft es endlich, den Reiz klassischer Point-and-Click-Adventures in die Virtuelle Realität zu bringen. Es spielt sich wie die guten alten "Monkey Island"-Games und bleibt trotz PSVR2-Technologie für alle Zocker zugänglich, weil die Steuerung simpel ausfällt und die Lernkurve ordentlich ausgefallen ist. Später werden die Rätsel aber extrem knackig, wobei sie zum größten Teil Spaß machen. Wer klassische Adventures liebt und ein PSVR2-Headset daheim hat, kommt um "Retropolis 2" nicht herum.