Politik
Regierung hält Islam-Studie für 100.000 Euro geheim
Eine Studie um 100.000 Euro ist laut aktueller Auskunft von Bildungsminister Polaschek "aus Versehen" der Öffentlichkeit nie bekanntgegeben worden.
Neos-Abgeordneter Yannick Shetty ist empört: Mittels einer parlamentarischen Anfrage fand er heraus, dass eine Studie des Bildungsministeriums zum "Integrationspotential islamischer Privatschulen in Österreich" nie öffentlich erschienen ist. Kostenpunkt der Integrationsstudie laut Bildungsminister: 99.972 Euro. "Heute" hat sich die Anfrage samt Beantwortung genauer angeschaut.
Nicht nur das: Auch die Ergebnisse wurden scheinbar nicht weiter bearbeitet. "Wegen der Einsetzung einer Beamtenregierung" (gemeint ist die Expertenregierung unter Brigitte Bierlein) und aufgrund der Corona-Pandemie hätten aus der Studie bisher keine Maßnahmen abgeleitet und entwickelt werden können, schreibt Bildungsminister Martin Polaschek (ÖVP) in einer Anfragebeantwortung ans Parlament.
"Studie einfach vergessen"
Shetty, der die Anfrage an Polaschek gestellt hat, ist nun empört. "Wie kann es sein, dass man eine Studie um 100.000 Euro in Auftrag gibt und dann einfach auf sie vergisst? Das ÖVP-geführte Bildungsministerium glänzt nicht nur durch Visionslosigkeit sondern auch durch Chaos – zu Lasten der Steuerzahler", sagt der Neos-Integrationssprecher gegenüber "Heute".
Polaschek will die Studien nun "nochmals im Detail sichten" und die Studie auf ihre Aktualität prüfen. "Ein diesbezüglicher Auftrag meinerseits ist erfolgt", schreibt Polaschek in der Anfragebeantwortung, die "Heute" vorliegt. Dass das nicht schon längst passiert sei, hält Yannick Shetty "nach dem Polaschek-PCR-Test-Millionendesaster für den nächsten Beleg für Steuergeldverbratung im Bildungsministerium".
"Aus Versehen"
Auch eine Studie unter dem Titel "Religiös-Kulturell begründete Herausforderungen in öffentlichen Schulen unter besonderer Berücksichtigung des Islams und pauschalierenden Abwertungen" wurde nicht veröffentlicht und offenbar auch nicht weiter im Ministerium bearbeitet. Polaschek macht jedoch darauf aufmerksam, dass die beiden Studien jeweils unter seinen Amtsvorgängern beauftragt wurden.
Die Neos fragten bereits 2018 diverse vom Bildungsministerium beauftragte Dienstleistungen - wie etwa die Erstellung von Studien - ab. Die unter Ex-Bildungsministerin Sonja Hammerschmid (SPÖ) beauftragte Studie zu den islamischen Privatschulen hat der damalige Bildungsminister Heinz Faßmann (ÖVP) zum Zeitpunkt der Anfragebeantwortung in der Liste nicht genannt. "Aus Versehen", wie sein Nachfolger Polaschek nun sagt.
Keine vollständige Veröffentlichung
Die Frage des Neos-Mandatars, ob die beiden Studien vollumfänglich veröffentlicht werden würden, beantwortete Polaschek nicht. Shetty dazu: "Dabei wäre eine wissenschaftliche Untersuchung der islamischen Privatschulen für die Öffentlichkeit höchst interessant. Warum will Polaschek die Öffentlichkeit im Dunkeln lassen?“
Kein gutes Haar lässt der pinke Integrationssprecher auch den Grünen und fordert Transparenz: "Vom grünen Koalitionspartner hört man dazu freilich nichts. Die Partei, die einst für Transparenz und Kontrolle stand, hat es sich in den Sesseln der Macht bequem gemacht."
Veröffentlichungspflicht
Seit Anfang 2023 müssen Studien, Gutachten und Umfragen von Bund, Ländern und Gemeinden grundsätzlich laut Bundesverfassung samt deren Kosten veröffentlicht werden. Die beiden oben genannten Studien wurden aber beide vor Inkrafttreten der Bestimmung beauftragt und fallen daher nicht unter die Veröffentlichungspflicht.